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Mechanische Tastatur Logitech G413 - Test

Eine Mechanische ohne Cherrys, bei der die Schalter trotzdem der Star der Show sind? Geht das?

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Optisch Geschmackssache, aber eine präzise, tippfreundliche und gut verarbeitete Mechanische USB-Tastatur zum attraktiven Preis.

Gehen wir direkt in medias res: Mein Erstkontakt mit Logitechs neuer Fullsize-USB-Tastatur G413 fiel zwiespältig aus. Optisch ist's wie immer Geschmackssache, aber in der getesteten "Carbon"-Variante sind schwarze Tasten und martialisch rote Beleuchtung über dunkelgrau gebürstetem Alu sowie ein dickes Textilkabel, das rechts oben ein bisschen polternd aus dem Gehäuse sprießt, kein gewinnender Look - der Hersteller tritt in meinen Augen den Beweis an, dass wertig wirkende Einzelkomponenten nicht zwangsläufig in jeder Kombination hübsch aussehen. Aber gut, in der silbernen Variante mit weißem Licht sieht's schon etwas besser aus. Wichtiger ist, dass sie jenseits aller Geschmacksfragen einen soliden, gar nicht klapprigen oder knarzenden ersten Auftritt hinlegen. Den Einbrechertest, wenn man sie als Waffe schwingen müsste, würde sie wohl bestehen.

Am besten, ihr werft selbst einen Blick auf die Bilder und entscheidet, ob sie mehr nach eurem Geschmack ist als nach meinem. Ich hasse ihren Look nicht, sie beleidigt nicht meine Augen, aber ein Schmuckstück auf dem Schreibtisch, wie daskeyboards es regelmäßig sind oder die Lioncast LK20 in ihrer abgeschauten Filco-Nüchternheit - das ist die wie von Ingenieuren gestaltete, funktionale G413 nicht. Sie blieb auf halbem Wege irgendwo zwischen "Cool" und "Dezent" hängen. Gibt Schlimmeres, deshalb will ich nicht weiter drauf herumreiten. Im Betrieb setzte es gleich die nächste hochgezogene Augenbraue. Ein deutliches Federgeräusch bei schwungvolleren Tastenanschlägen, gut, dafür ist die eigentliche Geräuschentwicklung der angenehm fest sitzenden Tastenkappen selbst bei komplettem Durchschlag überraschend überschau- oder besser überhörbar, deutlich leiser als zum Beispiel die sehr teuren Asus ROG Claymore. Vielleicht höre ich das Nachschwingen der Federn nur deshalb.

So richtig ein 'Gesicht' hat sie nicht. Aber wertig ist sie.

Was aber noch mehr auffiel: Ist man Cherry-MX-Switches gewohnt, geht einem ein bisschen das satte Quetschgefühl ab, das die Schalter des deutschen Traditionshauses auszeichnet. Zunächst fühlte sich das schlicht seltsam an, ist dieses einem Pianisten gleiche, beherzte Finger-in-den-Tasten-Vergraben doch einer der Gründe, warum ich mechanische Tastaturen überhaupt so schätze. Die Erklärung liefert das Datenblatt: Die selbstentworfenen Romer-G-Switches überdachten das Konzept ein wenig. Man schaute sich den fühlbaren Druckpunkt der braunen Cherrys ab und paarte sie mit dem leichteren Auslösegewicht der zuletzt von mir favorisierten roten, verkürzte aber den Weg bis zum Betätigen um einen halben Millimeter und damit um ein Viertel gegenüber der Konkurrenz. Logitech verspricht sich davon kürzere Reaktionszeiten für Spieler, was sich auf Packungen immer toll liest. In der Praxis beobachtete ich aber einen interessanten Nebeneffekt, den ich jetzt fast nicht mehr missen möchte: Während ich mit meinen Gaming-Tastaturen nie so recht Artikel schreiben mochte, ist mir das Tippen mit der G413 eine wahre Freude.

Tatsächlich ist das leichtgängigere, kürzere Betätigen der G413-Tasten wohl näher an meiner wundervollen Thinkpad-Tastatur. Die Finger fliegen leichter über die Klaviatur, versinken nicht so tief in ihr und finden daher schneller und präziser ihr Ziel. Mit dem Resultat, dass mir beim Tippen mit der Logitech deutlich weniger Fehler unterlaufen, als ich es gewohnt bin. In Sachen Gaming-Performance konnte ich keine Performance-Unterschiede zum Cherry-Platzhirsch feststellen und erwarte auch nicht wirklich welche, auch wenn die Packung sich Mühe gibt, die zu suggerieren. Aber in der Hitze des Gefechts drückt man die Taster ohnehin stets komplett durch. Sicher ist sicher.

In Silber schon viel besser. Die Ausleuchtung der Tastenkappen ist übrigens weitestgehend gelungen und nur bei Sondertasten mit längeren Bezeichnungen nicht komplett gleichmäßig.

Hilfreich sind beim Spielen auf jeden Fall die mitgelieferten asymmetrischen Tastenkappen, die man mit dem ebenfalls beiliegenden Kappenheber gegen die normalen austauschen darf, wenn man WASD, QER und die Tasten 1 bis 5 gerne mit den Fingern ertasten können will. Eine netter Zug und ein schöner Trend, dass immer mehr Hersteller das machen. Abschließend zur Performance: Ich bin nicht sicher, ob meine Worte jetzt irgendwen zur Abkehr von den unverwüstlichen, zuverlässigen und präzisen Cherrys bewegen werden. Wer dort restlos glücklich ist, wird das auch bleiben. Aber Logitech liefert zumindest eine eigenständige, sinnige Alternative, statt schlicht nur zu kopieren, was seit Jahrzehnten von der Cherrystraße in Auerbach ausgehend weltweit Maßstäbe setzt. Ich bin jedenfalls angetan von diesem Entwurf, aber ums Ausprobieren führt für Interessierte in diesem Fall wohl kein Weg vorbei.

Weitere wichtige Beobachtungen: Wer bewusst shoppt, bekommt die in Dunkelgrau und Silber erhältliche G413 schon für um die 95 Euro, was in diesem Segment - mechanisch, Full-Size, Hintergrundbeleuchtung - vielleicht nicht unbedingt Diebstahl, aber doch günstig ist. Gerade wenn sich das Produkt vom Anfassen her so nah am Premium-Segment bewegt wie dieses. Die Ausstattung ist dem Preis angemessen, mit den Bonus-Kappen und dem dezent durchgeschliffenen USB-Port an der Rückseite rechts sowie zwei schmalen Kabeltunneln, sollte man zum Beispiel ein Headset oder eine Maus an der Tastatur anschließen und dessen Strippe unter der Tastatur nach vorne legen wollen (Das Kabel darf allerdings nur in etwa iPhone-Ladekabeldicke haben).

N-Key-Rollover gibt's nicht. 26 gleichzeitig gedrückte Tasten, bevor die G413 nicht mehr weiß, wo vorne und hinten ist, reichen ehrlich gesagt aber auch.

Zudem ist die G413 eine der wenigen Gaming-Tastaturen, bei denen mich die aufstellbaren Standfüße komplett überzeugten. Sie klappen satt auf und zu und zeigen, anders als bei vielen Wettbewerbern, ausgeklappt nach elf (links) beziehungsweise 13 Uhr (rechts), statt quer angeordnet zu sein. Wo viele andere Keyboards "weiche Knie" bekommen und diese Ständer einklappen, wenn man sie auf dem Schreibtisch rauf und runter schiebt, um vor sich zum Beispiel die Arbeitsfläche etwas freizumachen, ist das hier ausgeschlossen.


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Die Software selbst ist nicht zwangsläufig nötig, erleichtert aber nach etwas Einfuchsen das Legen von Makros und spielspezifischer Sonderfunktionen auf die F-Tasten, wenn man denn möchte. In Sachen Beleuchtung gibt's bei einer Einfarbigen zwar nicht so viel zu konfigurieren, aber auch die Helligkeit und einen pulsierenden Lichteffekt gibt es immerhin. Nicht essenziell, aber nett ist die Heatmap-Funktion, die eure Tastenschläge während eines Spiels aufzeichnet, wenn ihr wollt. Dürfte zwar nur für Hochleistungsspieler mehr als eine interessante Kuriosität sein, aber wer schon immer mal wissen wollte, wie oft er eigentlich in einer durchschnittlichen Partie Battlegrounds die Sprungtaste drückt oder nachlädt, der spielt ein wenig hiermit herum.

Die alternativen WASD-Kappen sind eine gute Orientierungshilfe, die optisch nicht zu sehr auffällt.

Am Ende wurden die G413 und ich also doch noch Freunde. Tatsächlich wird sie noch eine ganze Weile Gast auf meinem Schreibtisch sein. Es kommt selten vor, dass ich nach dem Test einer Tastatur nicht direkt zu meiner standardmäßigen Tenkeyless zurückkehre. Logitechs Schaltereigenkreation hat mit der hohen Tippfreundlichkeit und ihrem schnellen Anschlag definitiv Eindruck bei mir hinterlassen, auch wenn das Gerät an sich trotz der guten Materialien seltsam nichtssagend aussieht. Doch das soll nicht in die Einschätzung einfließen. Logitech hat hier definitiv eine vergleichsweise günstige, leistungsstarke und ordentlich ausgestattete Tastatur im Angebot, deren eigenständig entworfene Schalter ihr größter Pluspunkt sind. Ich glaube nicht, dass ich das schon mal über eine Tastatur ohne Cherry-Switches gesagt habe.


Hersteller: Logitech - Anschluss: USB - Preis: ca. 95 Euro - Erscheint am: Erhältlich

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Alexander Bohn-Elias Avatar
Alexander Bohn-Elias: Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

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