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Battle Chasers: Nightwar - Test

Wie hab' ich dieses Kampfsystem vermisst ...

Eurogamer.de - Empfehlenswert Badge
Klassisches, rundenbasiertes Rollenspiel mit zahlreichen Final-Fantasy-Anleihen, toller 2D-Comicgrafik und spannenden Kämpfen.

Es mag ja am zunehmenden Alter liegen, aber schon seit längerer Zeit sehne ich mich nach einem Spiel, das wieder mal so ein richtig schönes, rundenbasiertes und klassisches Kampfsystem im Stil eines Final Fantasy 1 bis 3 hat. Nicht viel Schnickschnack, für Leute, die sich gerne auch mal auf der Couch zurücklehnen, anstatt den alten Rücken ständig vor Anspannung in eine ungesunde, nach vorne gelehnte Position zu bringen. Glücklicherweise gibt es jetzt Hoffnung für mich, denn mit Battle Chasers: Nightwar zeigt sich, wie gut die alten Rundentaktikkämpfe klassischer japanischer Rollenspiele auch heute noch mit moderner, zeitgemäßer Comic-Grafik funktionieren können.

Zugegeben hat mir das Spiel dabei zwar schon zu Beginn mit seiner Grafik imponiert. Die stammt von Joe Madureira, der für Spiele wie Darksiders verantwortlich zeichnet und zudem Vater der Comic-Reihe mit dem Namen Battle Chasers ist, die wiederum die Grundlage für dieses über Kickstarter finanzierte Spiel bildet. Aber die Geschichte des Spiels schien zu Beginn das einzulösen, was der Name verspricht: Nichtssagende, generische Japano-Blödelei, alles schon tausendfach gesehen. In der Anfangssequenz wird eure Heldengruppe auf ihrem Luftschiff von Piraten attackiert, die so in der Überzahl sind, dass ihr keine Chance zu haben scheint. Also gehen einige über Bord, werden aber durch ein magisches Portal sicher auf die Erde gebracht. Dennoch landen nicht alle am gleichen Fleck, weshalb es zunächst an euch ist, euch als Protagonistin Gully auf die Suche nach euren Verbündeten zu machen - und nach eurem Vater, einem legendären Helden namens Aramus.

Bosse wie dieser liefern euch durchaus herausfordernde Kämpfe.

Obwohl diese Geschichte mich wie gesagt zunächst einigermaßen kalt gelassen hat, haben mich die Figuren doch recht schnell in ihren Bann gezogen, allen voran der riesige Kriegsgolem Calibretto, der entgegen seines brachial wirkenden Äußeren mit diversen Heilfähigkeiten daherkommt und darüber hinaus in der deutschen Synchronisation von Michael Pan gesprochen wurde, seines Zeichens Stimme von Commander Data in Star Trek: The Next Generation. Das aber nur am Rande - auch die anderen Figuren haben recht einzigartige Fähigkeiten, der alte Magier Knolan beispielsweise kommt zwar recht verschroben daher, greift im Kampf aber zu überaus nützlichen Elementarattacken wie zum Beispiel Feuertornados. Zusätzlich hat jede Figur spezielle Dungeon-Fähigkeiten: Calibretto heilt auch zwischen den Kämpfen, die ein bisschen arg knapp bekleidete Red Monika kann dagegen Gegner so verwirren, dass ihr zu Beginn eines Kampfes einen kleinen Bonus bekommt.

Durch die Welt steuert ihr eure Heldengruppe einerseits auf einer Weltkarte. Auf der könnt ihr durchaus auch auf Monster treffen, der Kern des Spiels findet aber in den Dungeons statt. Die sind gewissermaßen semi-zufallsgeneriert. Einige Schalterrätsel werdet ihr so bei jedem Spieldurchgang immer wieder aufs Neue finden, die Anordnung der Räume unterscheidet sich aber - und alles zusammen ist voller Fallen und Gegner. Ihr steht euren Feinden dabei jeweils direkt gegenüber und könnt nacheinander Aktionen ausführen. Etwas gewöhnungsbedürftig empfand ich zumindest zu Beginn noch die Tatsache, dass ihr einfache Attacken zwar sofort ausführt, Spezialfähigkeiten oder starke Zauber aber eine Weile dauern bis sie ausgeführt werden. Erfolgreich im Kampf zu sein bedeutet somit vorausschauendes Handeln.

Auf dieser Weltkarte bewegt ihr euch von Ort zu Ort - unterbrochen durch Kämpfe und hin und wieder eine kleine Schatztruhe.

Einen fast schon vor die Hunde gegangenen Charakter in der letzten Sekunde zu heilen, ist oft nicht möglich - stattdessen solltet ihr jemanden, der schon die Hälfte seiner Lebenspunkte eingebüßt hat, besser einfach sicherheitshalber mal ein bisschen aufpäppeln. Natürlich verbrauchen Spezialfähigkeiten zusätzlich Mana, das ihr wiederum nur regenerieren könnt, wenn ihr im Level aufsteigt, einen Trank zu euch nehmt oder euch im Dorf ins Bett legt.

Zu Beginn habt ihr nur drei Spielfiguren zur Verfügung, das ändert sich aber im Verlauf des Spiels. Bevor ihr dann einen Dungeon betretet, wäre es also gut, wenn ihr euch durch den Kopf gehen lassen würdet, welche Figuren am besten zueinander passen. Deren Abgrenzung ist dabei nicht ganz so einfach wie in vielen anderen Spielen, ihr könnt sie also nicht ganz eindeutig in typische MMO-Klassen wie Damage Dealer, Tank oder Healer einteilen. Es gibt durchaus mächtige Kämpfer, die auch akzeptable Heilsprüche auf Lager haben und umgekehrt, solche Mischklassen sind bei stets nur drei aktiven Party-Mitgliedern aber auch wünschenswert. Interessant sind zudem die temporären Kraftreserven namens Overcharge. Die erhaltet ihr durch normale Attacken und sie werden für den Rest des Kampfes zu eurem Manavorrat hinzugefügt. Stellt ihr euch also geschickt an, schafft ihr es auf diese Weise, einen großen Teil Mana zu sparen. Eine interessante Mechanik.

Die Dungeons sind äußerst detailverliebt gestaltet - überall gibt es etwas zu entdecken.

Und natürlich gibt es auch in Battle Chasers: Nightwar nach jedem Kampf Erfahrungspunkte und ein bisschen Loot. Eure Figuren könnt ihr dabei in zwei relativ simplen Pfaden pro Charakter weiterentwickeln, wirkliche Spieltiefe gibt es hauptsächlich durch das relativ umfangreiche Crafting-System. Ihr tut also gut daran, Gegner nicht zu umgehen, sondern auch zu erbeuten, was sie zu bieten haben, denn im Verlauf des Spiels zieht der Schwierigkeitsgrad deutlich an. Im Prinzip könnt ihr euch zwar auch frische Ausrüstung kaufen, die ist aber viel zu teuer um sich darauf ausschließlich zu verlassen.

Crafting-Material ist also verflucht wichtig, was die Entwickler dadurch unterstreichen, dass ihr jeden Dungeon in verschiedenen Schwierigkeitsgraden spielen könnt. Die höheren spucken dabei natürlich deutlich hochwertigeres Loot aus. Zusätzliche Gegenstände schenkt euch das Spiel, wenn ihr eine einzelne Monsterart oft genug besiegt. Battle Chasers: Nightwar fordert also durchaus eine gewisse Leidenschaft zum Grinden von euch, macht das durch seine teilweise zufallsgenerierten Dungeons aber zumindest abwechslungsreich. Es funktioniert überraschend gut - die Dungeons wurden mir auch bei wiederholtem Spiel nicht langweilig. Und das heißt was, denn insgesamt warten bei Battle Chasers: Nightwar rund 30 Stunden Spielzeit auf euch.

Zeichentrick-Sequenzen wie diese sind teilweise überraschend lang und tragen dazu bei, das Spielgeschehen aufzulockern.

Am Ende liegen die guten Unterhaltungswerte aber auch in der gelungenen Präsentation begründet. Nicht nur die Spielumgebung sieht großartig atmosphärisch aus, enthält tolle Licht- und Schatteneffekte. Auch die Zwischensequenzen wirken bisweilen wie aus einem Zeichentrickfilm entsprungen und werden zusätzlich untermalt durch einen hervorragenden Soundtrack und wirklich toll gecastete Sprecher, die auch jenseits des deutschen Commander Data allesamt mit viel Herz bei der Sache waren.

Battle Chasers: Nightwar ist vor allem für all jene ein tolles Rollenspiel, die sich nach der Simplizität ehemaliger Final-Fantasy-Kampfsysteme sehnen, es aber gleichzeitig zu schätzen wissen, wenn diese im späteren Spielverlauf einen gewissen Tiefgang bieten. Das Spiel erschlägt euch nicht mit einer superkomplexen Welt, wie das vielleicht ein Divinity: Original Sin 2 macht. Es ist leicht zugänglich, zieht dann im Spielverlauf aber deutlich an. Grafik, Soundtrack und Sprecher sind toll, auch das wiederholte Spielen der Dungeons bleibt motivierend. Man sollte für diese Art Spiel schon einen Faible haben - ist das aber der Fall, ist Battle Chasers: Nightwar aber definitiv kein "Kann-man-machen", sondern ein deutliches "Muss-man-spielen".

Entwickler/Publisher: Airship Syndicate/THQ Nordic - Erscheint für: PC, PS4, Xbox One, Switch - Preis: 29,99 Euro - Erscheint am: Erhältlich - Getestete Version: PS4 - Sprache: Deutsch - Mikrotransaktionen: Nein

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