Flashback 25th Anniversary - Test: Mager-Emulation gefällig?
Und wir dachten, die Virtual Console wäre überteuert…
Das kann nur ein Witz sein. 20 Euro für ein 25 Jahre altes Spiel - in digitaler Form wohlgemerkt, als Box sind es stolze 40 - mit "Verbesserungen", die zu genau einer Sache einladen: sie möglichst schnell abzuschalten.
Bevor wir über die reden, hier Flashback im Schnelldurchgang: Es ist ein im 2D-Artwork für seine Zeit - 1992 - nett gezeichnetes, in seinen Animationen überzeugendes, cyberpunkig angehauchtes Action-Abenteuer, das ein paar Puzzles mit einer trägen, aber präzisen Prince-of-Persia-Steuerung kombiniert. Der obligatorische "Twist" einer Amnesie verdeckt einen eher banalen Plot, der für seine Zeit durchaus im Rahmen des gerade noch Überdurchschnittlichen war. Es ist ein Dauergast in "Die besten Amiga-Spiele" Listenartikeln, bei dem es nicht schwerfällt, zu verstehen, wenn jemand, der damals noch nicht dabei war, den Reiz nicht nachvollziehen kann. Etwas sperrig, mitunter etwas unfair, hübsch, aber nicht bahnbrechend stylisch. Ein kleiner Klassiker, wenn man denn so möchte.
Der Alterungsprozess ist dabei schon ein Problem. Nicht mal im Pixel-Look, der ist teilweise grobschlächtiger wieder in. Es ist mehr die Bockigkeit der Steuerung, die Sprünge gerade mit den kleinen Sticks der Switch arten schnell zum Horror aus. Das war damals auf den Konsolen nicht viel besser, der beste Weg, diese Art Spiel zu lenken, war - zumindest meiner Ansicht nach - eh das Keyboard. Da diese Edition aber nichts Relevantes anfasst, springt es sich mehr schlecht als recht durch teilweise ganz schön heftige Passagen, die wenig Raum für Fehler lassen. Wenn überhaupt. Das war damals allgemein akzeptierter und Teil des Programms, heute weiß man, dass 25 Jahre Evolution auch der Steuerung von 2D-Spielen guttaten.
Die auf die Switch umgesetzte Version behebt dieses Problem auf die einfachste Art. Statt am Herzen zu operieren, wird die PC-Version emuliert und es gibt die in Emulatoren übliche Rückspulfunktion als großes Feature. Auf "Leicht" dürft ihr beliebig zurückspulen, auf "Normal" innerhalb eines Levels bis zu zwei Minuten und auf "Schwer" dann gar nicht mehr. Das macht nervige Stellen zwar nicht unterhaltsamer, aber es senkt den Frustfaktor deutlich. Immerhin das. Wer darauf verzichten will, kann zum Start auch den 1993-Modus starten, dann wird nicht mehr zurückgespult.
Das Einzige, was dann über die üblichen Features einer Emulation hinausgeht, ist ein optionaler, leicht verbesserter Sound. Im relativen Sinne, es wirkt etwas polierter, aber weniger charakteristisch als die Original-Sounds. Die Arrangements der Musik sind okay, aber auch nicht mehr. Das, was man halt machen muss, damit man es gerade noch "enhanced" nennen darf. Die "Verbesserungen" der Grafik sind dagegen ein Scherz. Nicht ein Pixel wurde neu gezeichnet, das ist keine HD-Version oder etwas in der Richtung. Stattdessen habt ihr die Wahl zwischen einer sauberen - und gerade auf dem kleinen Screen wirklich ansehnlichen - Darstellung der Pixel des Super Nintendos oder einer graduellen Verschlimmerung per Optionen. Wie wäre ein wenig Bloom für unnatürliche Farben? Oder doch lieber Anti-Aliasing und eine Abart des Bi-Linearen Filterings, um die hübschen Pixel so wirken zu lassen, als wäre der Screen dick mit Vaseline eingerieben? Oder doch lieber alles zusammen? Kein Problem, es gibt sogar einen "CRT-Effekt", womit leider keine Scanlines gemeint sind, sondern ein Vignette-Effekt an den Rändern. Zugegeben, ich mag den "Stör"-Effekt, der einen RF-Anschluss simulieren soll. Aber mal ehrlich, wer bitte hat selbst damals das Super Nintendo per RF angeschlossen? Selbst da hatten wir schon SCART. Trotzdem, witziger Effekt, aber ich hätte Scanlines bevorzugt.
Und ja, das ist alles, was ihr für 20 Euro bekommt. Ein 25 Jahre altes Modul-Spiel mit ein paar Funktionen, die jeder Emulator seit 15 Jahren an Bord hat. Sicher, es ist eine Debatte wert, warum alte Spiele automatisch "billig" sein müssen, aber ich denke, dass hier der Punkt eher eine Frage der Relation ist. Auch auf der Switch bekomme ich für um die 20 Euro eine Tonne an aktuellen, großartigen Indies, die oft weit besser sind als Flashback heute. Flashback hat damals sein Geld als Vollpreistitel verdient. Das heute ist eine Bonus-Runde und ihr Ticketpreis ist zu hoch angesetzt.
Es ist nicht so, dass die jüngere Generation jetzt dasaß und hoffte, dass eines Tages irgendwo endlich einmal Flashback erscheint. Das hier ist das gnadenlose Nostalgie-Abkassieren bei uns alten Säcken. Das funktioniert im Musikgeschäft super, wenn Konzerte ewig vergangener Musiker Fantasiepreise abrufen, alte Alben in absurden und absurd teuren Collector's Editionen erscheinen und alles noch mal vorgekramt wird, was die Jugenderinnerungen ein wenig kitzelt. Was mich zu der Box-Version von Flashback bringt, die ich mir selbst ja auch gönnte. Das sind dann 40 Euro, in der Pappe steckt eine sinnlose und ziemlich hässliche Metall-Box, die eher lose einem SNES-Modul nachempfunden wurde. Das Spiel dann noch mal in einer üblichen Box und immerhin wirklich auf Modul, auch wenn es gleich erst mal ein Update laden muss. Den Soundtrack gibt es leider nur digital, aber es liegt auch noch eine metallene, kleine Sammlerkarte mit einer Nummer dabei. Der Himmel weiß, warum, denn die "Limitierung" liegt bei 40.000. Das ist eine recht stolze Zahl und ich bezweifle, dass die direkt ausverkauft sein werden. Oder überhaupt jemals.
Wisst ihr was jetzt der Witz ist? Ich bin mit dieser Box ganz zufrieden. Sie hat nämlich zumindest ein wenig diese Nostalgie-Nerven getroffen, so wie auch das Spiel das schaffte. Ich bin kein Feind dieser Praxis, uns mitunter nach dem Ewiggestrigen lechzenden Gutverdienern solchen Krams anzudrehen. Genug dezenter Nerd-Krams in dieser Richtung, der mit genau diesem Plan vor Augen veröffentlicht wurde, steht hier rum, um das zu bezeugen. Aber ich werde nicht dafür bezahlt, um euch von meiner Nostalgie vorzuschwärmen oder veraltete Software im Jahr 2018 schönzureden und euch was vom Krieg zu erzählen und wie früher alles besser war. Ja, Flashback war damals besser, als es das heute ist. Aber auch nur, weil das Medium es gewagt hat, sich ein Vierteljahrhundert weiterzudrehen.
Flashback war zu seiner Zeit ein atmosphärischer Geheimtipp, ein Genre-Grenzgänger, dem man seine Macken leicht verzeihen konnte, einfach schon, weil es eben so anders war, als so vieles andere im Jahr 1993. Heute jedoch, für 20 Euro, mit diesen bestenfalls halbherzigen Verbesserungen und der optionalen Verschlimmerung der Grafik, das ist einfach nur ein schlechter Scherz und Ausdruck der kompletten Hybris seitens des Publishers, was dieses Spiel für einen Stellenwert hat. Ja, ich mag Flashback immer noch. Ja, ich denke, dass der eine oder andere, der es damals nicht spielte, damit schon noch etwas Spaß haben kann. Ja, ich mag meine überteuerte Box-Version. Und ja, dies ist einer der raren Momente, wo ich meine Einschätzung, ob man dieses Spiel kaufen sollte, knallhart am geforderten Preis festmache. Sorry, das hier ist kein Super Castlevania IV oder Super Metroid, nicht mal ein Blackthorne, bei denen man so einen Preis noch zähneknirschend akzeptieren könnte. Das hier ist ein "weil es geht"-Preis. Nur, dass es eben gar nicht geht.
Entwickler/Publisher: Microids - Erscheint für: Switch - Preis: ca. 20 Euro (digital), ca. 40 Euro (Box) - Erscheint am: erhältlich - Sprache: Deutsch, Englisch - Mikrotransaktionen: nein