NBA 2K19 - Test: Der Weg zurück ist kurz, aber gut
2K macht einen kleinen Schritt auf die Spieler zu.
Jetzt hat doch tatsächlich NBA 2K-Produzent Rob Jones Mikrotransaktionen als 'bedauerliche Realität' bezeichnet. Hatte da jemand ein Einsehen, nachdem man jahrelang 2Ks zwanghafte Verknappung der Spielerentwicklungspunkte in Form von VC zumindest im Multiplayer-Teil des Spiels durchaus als Pay-to-win bezeichnen konnte?
Nun ... fast. NBA 2K ist noch nicht da, wo es optimalerweise wäre. Schon letztes Jahr war ja eine leichte Besserung zu verzeichnen, aber tatsächlich fällt der Grind in 2K19 noch einmal spürbar zahmer und weit weniger künstlich gestreckt aus. Wie immer startet man in der Karriere als absolute Krampe des Courts und soll sich mit einer Skill-Wertung von 60 Punkten in einem Feld deutlich besser Spieler durchsetzen (oder schlimmer noch, der Karriere-Story abkaufen, dass man das Mega-Talent schlechthin sei). Aber dieses Jahr sprudeln die VC deutlich freigiebiger und man steigert die Schlüsselwerte seines Spielers, die zu guten Leistungen und wiederum höheren Punkte-Ausschüttungen führen, dieses Jahr sehr viel flinker.
Sobald man im Rahmen der Geschichte seinen NBA-Vertrag in der Tasche hat, verdient man sogar 1000 VC pro Spiel als Grundgehalt und ist im Grunde nach jedem Spiel einmal im Attributsmenü, um einen oder zwei Werte zu steigern. Spielt man online gegen andere, bieten wechselnde Ziele zudem einen angemessenen Anreiz, sich täglich 2.500 VC dazuzuverdienen. Ich will's nicht großzügig nennen, aber man kommt früher zu einem wettbewerbstauglichen Spieler, zumindest, wenn man vorwiegend solo und in der Karriere unterwegs ist. Der Multiplayer-Anteil setzt einem nämlich immer noch unzählige Spieler mit verdächtig hohen Werten vor die Nase. Ein Matchmaking, das bevorzugt Spieler gleicher Qualität in eure Instanz wirft, steht also weiter auf meinem Wunschzettel.
Aber ja, hiermit kann man mittlerweile arbeiten, auch wenn allein diese Wortwahl - "arbeiten" - impliziert, dass 2K deutlich besser dran wäre, seine Mikrotransaktionen stärker auf kosmetische Items zu beschränken. Nun denn, wir sehen, was nächstes Jahr passiert. Diese Lösung ist gerade so akzeptabel und zieht die Motivation weniger weit runter als in anderen Jahren, aber komplett glücklich bin ich damit immer noch nicht. Fans der komplexen MyGM- und MyLeague-Modi - wovon es nicht wenige gibt - stört das glücklicherweise weniger, da ein derartiges Leistungsgefälle zwischen Spielercharakter und Rest der Mannschaft schlicht nicht existiert.
Zum Spiel selbst: Hey, wisst ihr noch, wie schlimm die von Spike Lee inszenierte Karriere in 2K16 war? Ich habe keine Ahnung wie sie das geschafft haben, aber die Story, dieses Jahr unter dem Titel "Der Weg zurück", ist zwar kurz, aber richtig, richtig gut. Die Rückkehr eines ungedrafteten und sich in Shanghai verdingenden Talents in die USA und schließlich die NBA ist fast komplett frei von fremdschämigen Moralpredigten, unlustigen Sidekicks und 2K hat sich sogar verkniffen, die Charaktere in jeder zweiten Zwischensequenz NBA 2K spielen zu lassen. Drama und leichte zwischenmenschliche Momente halten sich die Waage, die Geschichte zieht seine Rivalitäten nur bis knapp an den Rand des Unglaubwürdigen und man hat fast durchweg das Gefühl, dass hier echte, gut gespielte Figuren miteinander interagieren.
Selbst Schnitt und Regie versprühen ein gewisses Flair, das man sonst eher Action-Adventures zutrauen würde. Es ist kein Uncharted - vor allem sieht es nicht aus wie eines, wann immer eine Szene nicht auf dem Hartholz einer Basketballarena spielt -, aber ich habe einige dieser Figuren ins Herz geschlossen und bin fast ein bisschen traurig, dass diese Geschichte so früh (ich habe etwa sechs Stunden gebraucht) zu einem Abschluss kommt, um mich in den normalen Karrierebetrieb ohne größere Story-Einsprengsel zu entlassen. Ich bin nicht sicher, dass 2Ks Modell eines Karrieremodus eine Fortsetzung hergibt - irgendwie muss es ja immer wieder von vorne losgehen. Aber ich würde mich über ein Wiedersehen mit diesen Leuten freuen. Das hatte ich nicht erwartet.
Spielerisch sind die Verbesserungen auf den ersten Blick, außer einem reduzierten Tempo, nicht so leicht auszumachen, tun sich mit längerem Spielen dann umso deutlicher hervor. Das große Poster-Feature von 2K19 findet sich im Takeover-Modus, der gewissermaßen das alte Formsystem in ein "On-fire"-artiges umwandelt. Gute Aktionen füllen die "Entfesselt"-Anzeige am oberen Rand. Ist die voll, drückt ihr R3 und je nach gewählter Spielweise eures Athleten werden andere Attribute gesteigert. Mein "Shot Creator", ein hochgewachsener Small Forward, bekommt neben allgemein zwingenderem Auftreten, das sich auch in verbisseneren Animationen niederschlägt, zum Beispiel Boni auf schwerer auszuführende Jumpshots, Fadeways und Versuche aus der Drehung etwa. Verteidigungsexperten auf den Positionen vier und fünf machen den Korb dagegen umso besser dicht. Ein nettes System, das einem Match auf seiner Meta-Ebene noch eine zusätzliche Facette beschert.
Der eigentliche Fluss ist aber das, was sich aufgrund vieler kleinerer Tweaks am Ende noch stärker vom Vorgänger absetzt. Vor allem die bessere Kollisionserkennung fällt ins Auge. Letztes Jahr clippten mehr Körperteile ineinander, was wohl auf das neue Animationssystem zurückzuführen war. Alle Bewegungsabläufe sind seit 2K18 in kürzere Einzelabschnitte unterteilt, was es erlaubt, einzelne Animationen an diversen Stellen zu unterbrechen oder in andere überzuleiten. Das sorgte für flexiblere Bewegungsabläufe, aber auch dafür, dass das Spiel nicht immer treffend den Weg eines Körperteils vorhersagen konnte, weshalb man hier und da einen Arm aus einem Brustkorb herausragen sah. In anderen Spielen ist das Gang und Gäbe, NBA 2K kannte dieses Phänomen allerdings schon länger nicht mehr. Gut, jetzt ist das Problem weitestgehend gebannt. Es passiert immer noch hier und da, aber bedeutend seltener.
In der Defensive stechen zwei Änderungen hervor: Zum einen sind Steals einfacher. In 2K19 bekommt man zuverlässiger eine Hand an einen Ball, der so aussieht, als könne man ihn wegschlagen, wo man letztes Jahr schon mal das Gefühl bekommen konnte, der Spieler greife durch das Leder hindurch. Wir werden sehen, ob es sich insgesamt als zu einfach erweist und ein Patch nötig ist. Die Steals, die mir gelangen, fühlten sich aber verdient an. Überhaupt scheint die Defensive gestärkt - und hier kommen wir zum zweiten Punkt -, denn Dribbler haben mit Sizeup-Moves und schnellen Antritten am Gegner vorbei viel seltener Erfolg.
In 2K18 konnte man das Gefühl bekommen, das Spiel wollte mit seinen neuen, kürzer gestückelten Animationen angeben, was vor allem im Eins-gegen-eins mit ein paar schönen Ankle Breakern effektiv gelang. Dieses Jahr ist es aber schwieriger, während Leute, die besonnen auch mal ein paar Plays machen wollen, "Mit-dem-Kopf-durch-die-Wand"-Spielern nicht mehr so ausgeliefert sind. Gleichzeitig ist es in der Verteidigung etwas einnehmender, eine Hand vor einen Schuss zu bekommen, weil die Spieler die Arme nicht mehr automatisch hochreißen.
Im Angriff ist die Schussanzeige bei Korblegern zurück (die im Übrigen diesmal zum Glück häufiger reingehen), was angesichts der vielen möglichen Bewegungsabläufe eine Wohltat ist. Man muss nicht mehr selbst abschätzen, wann der optimale Zeitpunkt zum Loslassen des Balles ist. Außerdem darf man die Schussanzeige alternativ unter dem Spieler platzieren oder gar beide gleichzeitig nutzen. Überhaupt habe ich das Gefühl, freie Schüsse führen diesmal deutlich häufiger zu Punkten, weshalb ich noch beflissener daran arbeite, auch die ausgerufenen Plays durchzuziehen. 2K19 bietet insgesamt also einen natürlicheren Spielfluss, der simplen Dribble-Tricks und Durchrenn-Taktiken entgegenwirkt.
Bei der KI gibt es Licht und Schatten. Allgemein verstehen die Gegner einiges von Basketball. Sie analysieren treffend meine Lieblingstaktik und zogen meinem Anfangs sehr erfolgreichen Pick and Roll vom High Post nach drei, vier Spielen auch den letzten Zahn, bis ich mein Spiel ein wenig breiter aufstellte. In ihren dümmeren Momenten verbaselt sie aber immer und immer wieder mal die letzten 14 oder mehr Sekunden eines Viertels auf der Stelle dribbelnd, um dann kurz vor Schluss einen lahmen Wurfversuch zu erzwingen. Aus dem normalen Spiel heraus stellen sie hinten wie vorne aber eine gute Herausforderung dar.
NBA 2K bleibt auch in der 2019er Ausgabe eine messerscharf die eigenen Schwächen analysierende Basketball-Simulation, die auf dem Court ungeschlagen bleibt. Selbst bei den Mikrotransaktionen beginnt man offenbar, ein wenig einzulenken, wobei 2K den Spielern mit einem grundlegender überarbeiteten Spielökonomie gerne noch ein mehr entgegenkommen dürfte. Gerade jetzt, wo EA mit NBA Live wieder einigermaßen auf die Füße fand, sollte man sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen.
Abgesehen davon hat mich wirklich auf dem falschen Fuß erwischt, mit welcher Verbissenheit ich meinem Talent von den Shanghai Bears zurück in die NBA verhalf - und wie sehr die auf dem Papier eher kleinen Änderungen das Spielerlebnis insgesamt abrundeten. Sehr solides Jahres-Update.
Entwickler/Publisher: Visual Concepts/2K - Erscheint für: PS4, Xbox One, PC, Switch - Preis: ab 60 Euro - Erscheint am: erhältlich - Sprache: Deutsche Texte - Mikrotransaktionen: Ja, Kosmetisches und Spielerprogression - Getestete Version: PS4
PC-Spiele testen wir auf Lenovo Legion PCs und Laptops, die uns von Lenovo zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt wurden. Hier erfahrt ihr mehr über Gaming-Laptops 2018 im Allgemeinen und hier geht es zur Website von Lenovo Legion Gaming.