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Devil May Cry 5 - Test: Wollt ihr Kombos lernen?

Dann gibt es jetzt den perfekten Grund, das zu tun!

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Viel Abwechslung im ausgefeilten, motivierenden Kampfsystem, der Rest ist ein lustiges Klassentreffen in dämonischen Schlauchleveln.

Dass ich in einem Spiel mal einen halben Level lang in die falsche Richtung laufe, ohne es zu merken, ist mir auch schon länger nicht passiert. Aber so ist das halt, wenn das Spiel zur Hälfte in dämonischen Schleimgängen stattfindet. Einer sieht aus wie der nächste, da fällt es nicht auf, wo jetzt genau was von der Wand tropft. Noch dazu, wenn diese Gänge komplett linear sind und man nicht mal auf Abzweigungen oder Ähnliches achten kann.

Ein zu großer Teil von Devil May Cry 5 spielt nicht in Ruinenstädten, alten Schlössern oder ähnlich architektonisch markanten Orten, sondern in einem monströsen Super-Dämonen-Baum, der kilometerhoch wächst und irgendwie total wichtig ist für die Story um einen Dämonen-König, das Ende der Menschheit und ein paar andere Dinge. Schließlich ist mal wieder Apokalypse und nur in den ersten Minuten trefft ihr noch einen anderen Menschen, der nicht zum dreckigen halben Dutzend Dämonen-Bekämpfer gehört, die man mittlerweile gut kennt. Dabei ignoriert DMC 5 weitestgehend seinen direkten Vorgänger, als hätte es dieses - bessere - Spiel nie gegeben und knüpft gemäß der Nummer an die 4 an.

Mit dem Lieferwagen in die Hölle.

Dante ist natürlich dabei, wieder im alten Haarschnitt und Look, dann natürlich Nero und ein paar Damen als gelegentliche Damsel in Distress und zum Kochen, ich meine natürlich Waffenschmieden. Relativ neu ist V - nicht Vergil -, der auftritt, als wäre er ein Emo-Straßen-Zauberer. Welche Berufsgruppe sonst kleidet sich nur in Sandalen, schwarze Lederhosen, einen ärmellosen, weit ausgeschnittenen farblich passenden Leermantel und natürlich jede Menge an Tats. Der grundsätzliche Tonfall ist dabei superernster Total-Blödsinn mit der Extra-Portion Cool. Devil May Cry halt. Infantile Sprüche, überschwängliches Draufgängertum und tief gegrummelte Ende-der-Welt-Plattitüden. Man spielt das hier nicht für die Story, die auf vielen Umwegen zu einem sehr vorhersehbaren Ende führt. Man sollte schon tiefes, ehrliches, persönliches und vor allem von früher mitgebrachtes Interesse für die Figuren mitbringen, um hier mitzufiebern.

Aber wofür spielt man DMC 5 dann? Nicht für den Levelaufbau. Der ist zu 90 Prozent oder mehr ein Schlauch. Damit ist dieser Teil dem Vierer sehr viel näher als zum Beispiel dem etwas verschachtelten und auch mal mit einem kleinen Rätsel versehenen Erstling - der ja eigentlich mal ein Resident Evil werden sollte. An einer Stelle müssen mal ein paar Schalter in ebenfalls linearer Reihe gefunden werden, was sich hier schon fast als Rätsel qualifiziert und das wird dann nach Vollendung von Dante mit einem "So viel nachdenken musste ich ja schon lange nicht mehr" quittiert. Stimmt, Dante. Schade eigentlich.

Oh, Vorsicht, DMC 5! Das wäre fast ein Rätsel geworden.

Auch für die Technik kommt man nicht unbedingt her. Zwar ist das Spiel alles andere als hässlich, aber das gilt auch noch für den vierten Teil und ein wenig blieb es da auch stehen. Es fehlen die irren Knalleffekte eines Bayonetta 2 und der feingezeichnete Horror eines Resident Evil 7. Das hier ist die Kindergarten-Version von Dantes Inferno, das gruselige, lineare Schlauchgänge zu bieten hatte. Und das, wenn man mal ehrlich ist und die Technikinflation abzieht, für seine Zeit auch das hübschere Spiel war. Sicher, das kann auch daran liegen, dass ich grad von Metro und Anthem komme, aber dann wiederum schaue ich mir Resident Evil 2 an und denke, dass dieses Remake besser aussieht als diese neue Doppel-A-Produktion.

Wofür also spielt man? Um das zu beantworten, müsst ihr euch genau eine Frage stellen: Wie sehr liebt ihr es, zig Kombos für drei Figuren zu lernen und vor allem zu perfektionieren? Darum geht es hier am Ende. Stellt ihr das Kombo-Feuer auf Automatik habt ihr einen hirnlosen Buttonmasher. Das geht, damit kommt ihr problemlos durch, schaut euch alles an und verpasst das, worum es geht. Ihr sollt lernen, wie ihr die Stärken jeder der drei sehr unterschiedlichen Figuren in einen perfekten Flow einpasst, um so keinen Schlag auszusetzen und nach zehn Dämonen das ersehnte Triple-S-Ranking zu kassieren. Das ist es, darum geht es, wenn ihr keine Freude daran habt, Dinge wie in der Luft RB+zurück+Y+Y+Pause+X instinktiv und in sinnvollen Zusammenhang zu 15 weiteren ähnlichen Tasten-Kunststücken zusammenzuketten, dann wird euch der Lebensinhalt von Devil May Cry 5 entgehen.

Ach, V. Wie kann man nur SO Emo sein?

Dante tut, was er immer tat: Fernkampfwaffen halten die Kombo am Laufen, aber der eigentliche Schaden wird aus der Nähe gemacht. Dazu gibt es Schwerter unterschiedlicher Lächerlichkeitsgrade, inklusive eines mal eben halbierten Höllen-Motorrads, dessen Räder Dämonen zersägen. Cool. Der Spielstil hat sich seit den Anfängen nicht grundlegend geändert, das heißt auch, dass es nach wie vor keinen echten Ausweich-Move gibt und ihr sehr sicher beim Timing sein solltet, vor allem auf den höheren Schwierigkeitsgraden, wo die Gegner echten Schaden verursachen. Auch solltet ihr über die vier Stile, die ihr ebenso wie die Waffen fließend wechselt, gut informiert sein, denn vor allem die Style-Moves sind sehr unterschiedlich in Sachen Reichweite. Wenn man da nicht weiß, wo man gerade steht, kostet das. Dante spielt sich wie ein Best-of seiner Künste, hat nicht so viele neue Tricks gelernt, diese jedoch verfeinert und Veteranen fühlen sich heimisch. Er gefiel mir von den Bewegungen her in DMC einen Ticken besser, aber gut, was will man machen. Alter Haarschnitt heißt wohl auch alte Moves.

Nero hat ein neues Gimmick, denn er ist jetzt einarmig. Damit schwingt er sein Schwert, die andere Körperseite bleibt aber nicht ungenutzt. Es gibt eine riesige Auswahl an Ansteck-Armen. Manche erzeugen eine Zeitblase und verlangsamen das, was um euch herum passiert, andere verursachen brutalen Nahkampfschaden, manche sind veritable Fernkampfwaffen, andere eigenen sich gut, um Spaghetti zu essen. Kein Scherz, es gibt einen Spaghettigabel-Arm. Ich wünschte ich hätte einen Spaghettigabel-Arm.

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Ihr werdet lange brauchen, bis ihr alle Arme nicht nur mal angetestet habt, sondern auch erkannt, dass fast jeder seine Nische und seinen Nutzen mitbringt. Es ist auch eine kleine Kunst, diese Arme richtig einzusetzen, denn wenn ihr sie benutzt und einen Treffer kassiert, zerbricht eine der bis zu acht Prothesen. Es kann also schnell gehen, dass ihr bei einem harten Bosskampf schnell mal ohne Ersatzarm dasteht. Da das Spiel auch versteht, dass der vielleicht perfekte Arm für einen Moment nicht immer im Vorfeld eingepackt wurde, sind auch einige im Level verstreut, was ihr als Hinweis nehmen dürft, welches Werkzeug gerade gefragt ist. Das, plus natürlich ein solides Wechselspiel aus Pistole und Schwert ergibt eine Figur die Dante nicht ganz unähnlich ist, aber sehr viel eigene Finesse und Taktik mitbringt. Nero ist damit eine deutliche Weiterentwicklung in Richtung eigener Kampf-Persönlichkeit seit Teil vier. Gut für ihn, denn in Sachen sonstiger Persönlichkeit ist er immer noch Dantes jüngerer Zwilling.

Mein eigener Favorit ist allerdings V. Hätte ich zuerst gar nicht gedacht, er ist langsam, kann praktisch nicht zuschlagen und wirkt erst mal wie im falschen Spiel gelandet. Dann begann, ich seine beiden Kompagnons zu verstehen. Einer ist eine Art Rabe, der auch gerne alles mit einem trockenen Spruch kommentiert und in Sachen Situationshumor den Rest der Truppe locker in die Tasche steckt. Der andere ist eine Art Geister-Panther, der entweder stumm ist oder nichts zu sagen hat. Der Rabe fungiert als Fernangriff wie die Pistolen und kann Blitze schleudern, der Panther geht in den Nahkampf und verursacht Schaden wie die Schwerter der anderen beiden. Währenddessen wandert ihr mit V gelassen durch das Chaos und lest in einem okkulten Schmöker was als Buff fungiert. Die beiden übernatürlichen Begleiter agieren dabei zu einem guten Teil eigenständig, das heißt, wenn ihr einfach den Knopf drückt, suchen sie sich ein passendes Ziel. Aber sie können auch Spezialmanöver und Angriffe ausführen, wo dann wieder Tastenkombos ins Spiel kommen. Schließlich gibt es noch einen dritten Kameraden, eine Art Riesengolem, der solange autark und nicht lenkbar auf dem Schlachtfeld herummarodiert, wie eure durch normale Attacken auffüllbare Power-Leiste reicht. Gerade mitten in einem Pulk diesen Riesen reinplatzen zu lassen, gehört zu den besten Momenten.

Vorsicht beim Freischalten: Ihr müsst den ganzen Kram auch noch lernen.

Im Grunde ist V nicht so anders als Dante oder Nero, zumindest, was den generellen Aufbau der Mechaniken angeht. Aber weil ihr diese nutzt, ohne dabei "körperlich" auf die Distanzen oder Richtungen achten zu müssen, sorgt dafür, dass ihr euch mehr wie ein Koordinator dieser Angriffe fühlt. Ein sehr eigenes, aber rundheraus gelungenes Konzept, das ich so auch noch nicht woanders gesehen habe. V ist dabei natürlich nicht unverwundbar. Er selbst kann jederzeit angegriffen werden und ist of zu langsam, um effektiv auszuweichen. Ihr müsst also schon aufpassen, wo ihr herumspaziert.

Außerdem können die Tiere Schaden nehmen. Sie sterben davon nicht, sondern verwandeln sich in eine stationäre Kugel. Nach einem Weilchen haben sie sich regeneriert - was schneller geht, wenn ihr in der Nähe seid - und weiter geht es. Wie gesagt, V mag als wandelnder Inbegriff des Super-Emo-Goths erst mal etwas befremdlich wirken, fast schon wie eine Parodie dessen. Aber im Kampf halte ich ihn für das absolute Highlight in einem Spiel, das in diesem Punkt sich nur noch mit den Besten misst.

Zu diesen Eigenständigkeiten hat jede Figur auch noch einen eigenen, sehr umfangreichen Fertigkeitenbaum, der am Ende euer Kombo-Erinnerungsvermögen an die Grenzen treiben wird. Jede Waffe, jeder Style, jeder Arm, jeder tierische Geisterbegleiter hat ein eigenes Set. Capcom wollte hier wohl ein Statement absetzen, wenn es um freischaltbare Vielfalt geht und das ist ihnen sicher gelungen. Ist absolut alles davon nötig oder auch nur sinnvoll? Nein, nicht wirklich, es gibt sicher Moves, die man öfter benutzen wird als andere, aber vor dem Einsatz der nötigen Punkte dürft ihr jeden Move antesten und gucken ob er euch liegt. Wenn ich an dem Ausrüsten der Figuren und den Fertigkeiten etwas auszusetzen habe, dann dass das Aufrufen zwischen den Stages und an bestimmten Punkten im Stage immer mit Ladebildschirmen verbunden ist. Das wäre sicher auch eleganter möglich gewesen.

Die Gegner stellen sich immer vor und zwar mit zunehmend pompöseren Namen.

Aber nicht nur die Helden, auch die Feinde zeugen davon, dass das DMC-Team das hier nicht erst seit gestern macht. In ausgezeichneter Taktung kommen immer neue Dämonen dazu, sind immer vor allem in den Fertigkeiten sehr eigenständig gegenüber ihren euch schon bekannten Kollegen - im visuellen Design ähneln sie einander aber leider zu sehr. Die Hölle ist scheinbar nicht sonderlich kreativ, wenn es um ihre niederen Minions geht. Das machen dann die Bosse wieder wett, wobei man sich zur Mitte hin schon fragt, ob denn ein dritter zum absolut spoilerfrei zu sagenden Scheitern verurteilter Kampf gegen den gleichen Dämonenkönig sein musste. Auch sonst wurde hier und da recycelt, aber nicht annähernd so oft wie bei den hässlichen Schlauchgängen. Nun, egal letztendlich. Die Monster arbeiten sich gekonnt an euch ab und geben euch perfekt die Gelegenheit, zu zeigen, dass ihr die Kombos gelernt habt. Und wenn nicht, dann zerpflücken sie euch halt, wie es sein muss.

Ach Dante, du und deine Action-Helden-Attitüde, irgendwie haben wir dich ja doch vermisst.

Devil May Cry 5 fühlt sich fast ein wenig retro an. Die teilweise zu lang und vorhersehbar hinmäandernden Schlauchlevel sind etwas, das man eher in die PS2-Zeit bei schwächeren Action-Prüglern dieser Art verorten würde. Auch wirken die Designs dämonischer Tunnel eher wie ein Rückfall in diese Tage. Dann ist da die Truppe um Dante & Friends, die sich munter durch die Story-Reste prollt, während V mit jedem seiner Auftritte an der Szenerie knabbert. Das hat seinen ganz eigenen Charakter und den bewahrte man sich ganz bewusst, als wüsste man immer noch nicht so genau, was für eine Spielereihe man da eigentlich entwickelt. All das ist nicht immer ideal, manchmal etwas aus der Zeit gefallen, oft - aber nicht immer - auf eine charmante Weise.

Und dann sind da 75 oder mehr Prozent des Spiels, die ihr im besten Kombo-Brawler, den es aktuell gibt, verbringt und der ein Fehdehandschuh für Bayonetta 3 sein muss. Die Altherrenriege zeigt den Hexen, was mit drei sehr unterschiedlichen Kämpfern und damit Stilen, ausgefeilten Komplexitäten und Künsten, möglich ist. Sobald der Feindkontakt startet, liegt es an euch, mit schnellen Fingern das Triple-S-Meter auf Höchststand zu halten und ein brutales Ballett zwischen den Gegnern aufzuführen. Also, die wichtige Frage: Seid ihr bereit, Kombos zu lernen und zur Perfektion zu bringen? Wenn ja, dann ist Devil May Cry 5 der beste Partner, den ihr euch dafür wünschen könnt. Es geht nichts darüber, ein paar Höllenschleimwesen mit nichts als perfekten Timing - und einem zu zwei Schwertern halbierten Motorrad - fachgerecht zu zerlegen.


Entwickler/Publisher: Capcom / Capcom - Erscheint für: PC, PS4, Xbox One - Preis: ca. 60 Euro - Erscheint am: erhältlich - Getestete Version: Xbox One - Sprache: Deutsch (nur Untertitel), Englisch und andere - Mikrotransaktionen: Ja, Kostüme und Extras


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