One Piece: World Seeker - Test: Was mache ich hier mit meinem Leben?
Ich könnte stattdessen One Piece gucken!
Wie, ich bleibe die ganze Zeit auf dieser Insel? Wofür habe ich jetzt mehrere Stunden lang alle meine Crew-Mitglieder, mein Schiff und alles sonst zusammengesammelt?!? Ich will weg hier! Oh fein, die Locals sind ganz nett, ihre Story, geschrieben vom One-Piece-Autor selbst, tut nicht weh, dann bleibe ich noch ein paar Stunden. Und mache immer wieder das Gleiche. Immer. Wieder. Stundenlang.
Geh dahin. Höre mir ein paar Zeilen an. Geh woanders hin. Wenn ich Glück habe, war ich schon dort und kann per Schnellreise hüpfen, was das öde Wandern durch die ebenso hübsch-bunte wie komplett leere und tote Welt erspart. Wenn ich ankomme, verhaue ich ein paar strunzensblöde Gegner. Manchmal ist ein Boss, dabei, ebenfalls strunzensblöde und in 30 bis 60 Sekunden am Ende seiner sinnlosen Existenz. Zeilen anhören, weiterwandern. Die Welt mag grün sein, aber es fühlte sich ab der Mitte an als würde ich mich durch eine Wüste schleppen, dem nächsten immer gleichartigen Kampf entgegen.
Das ist das ganze Spiel, die ganzen 20 Stunden. Nette Story, nicht großartig, nicht auf Niveau des Anime, aber aushaltbar. Dann dröge Kämpfe, viel Sammeln in zu hundertsiebenundfünfzig Prozent sinnlosen Nebenquests, ein wenig Craften, nicht weil es eine Bedeutung hat, sondern jedes Spiel es haben muss, mehr dröge Kämpfe. Vor einer Weile hatte ich mal einen One-Piece-Prügler getestet, der all den Irrsinn der Moves zeigte. Nichts davon findet sich in World Seeker.
Luffy hat zwei Sets: Einmal schnelle Schläge mit hoher Beweglichkeit, einmal langsam, aber mit viel Schaden. Wann was zu nutzen ist, ist schnell klar. Lahme, große Bosse, da nimmt man halt lahme Schläge, weil sich das Ziel eh weder groß wehrt noch bewegt und wenn die Gegner wie die nervigen Schweberoboter herumzappeln, greift man halt zum schnellen Move-Set. Womit das Thema Spieltaktik abgehakt wäre. Für beide Sets lassen sich ein paar primitive Zusatzmoves mit mehr Schaden freischalten, die das Ganze aber schon allein deshalb nicht taktischer gestalten, da die Feinde nie mehr Taktik erfordern.
Solltet ihr irgendwann dann endgültig so richtig gelangweilt sein, dürft ihr ein Stealth-System nutzen, dessen schiere Existenz eines der größeren Rätsel der Spielehistorie sein dürfte: Warum existiert es und hat es einen tieferen Sinn? Schließlich ist es weit einfacher, die dummen Feinde, fast egal in welcher Zahl sie auftauchen, umzuholzen, als sich mit einem Fass heranzupirschen, was in 90 Prozent der Fälle eh nicht richtig funktioniert.
Nennen wir den Kampf mal einfach grundfunktional, weil was Netteres fällt mir jetzt nicht ein. Das trifft auch auf die Fortbewegung zu. Mit Gummiarmen katapultiert ihr euch schnell durch die Welt, könnt mit einem Schwebe-Move ein paar Meter extra überbrücken und man kommt schon zügig hin, wo man hin muss. Dort ist dann nichts, weil die Welt nicht mehr als eine hübsche Attrappe einer solchen darstellt. All das Leben und die Action der coolen Stadt aus dem Trailer? Nichts davon existiert im Spiel. Und ihr werdet euch die Leere gut angucken können, denn die nervigsten Missionen geben euch ein großes Suchgebiet, eine dysfunktionale Detektiv-Sicht und ein paar Alibi-Gegner, damit ihr nicht gleich komatös vom Sessel rutscht. Viel Spaß auf der Suche nach dem Trigger!
Bei der Steuerung war ich mir erst nicht sicher, ob mein Controller kaputt ist, aber da er in andren Spielen tadellos funktioniert, dürfte es dem flippigen Luffy geschuldet sein, der einfach nicht in der Lage ist, sich ruhig auf kurze Strecken zu bewegen und wie von allein immer ein paar Schritte extra gehen muss. Super gerade dann, wenn man auf einer schmalen Klippe eine Schatzkiste entdeckt hat und diese Dinger es dank eines viel zu kleinen Triggers Präzision bei der Positionierung erfordern. Sollte das dann doch mal klappen, dürft ihr zum Öffnen der Truhe eine Taste zehn oder mehr Sekunden gedrückt halten. Nur halten, nichts machen. Ich wollte schon bald nichts mehr, was in den Truhen steckt, weil es hieß, dass ich Luffy präzise lenken und danach Instand-Ödheit erleiden muss. Das war der Krams darin nie wert. Aber das lässt sich toppen, wenn es Story-relevante Trigger sind und nicht nur Schatzkisten. Da dürft ihr dann den Knopf 20 Sekunden halten. Juhu. As mache ich hier eigentlich mit meinem Leben?
Was die Kamera angeht, nun, sie erledigt perfekt, was die Programmierer ihr zugestanden: Gar nichts. Sie ist komplett manuell. Egal, ob ihr euch mit schnellen Bewegungen durch die Welt katapultiert oder versucht, einen Mob von fünf Gegnern im Blick zu behalten, ihr müsst das alles von Hand erledigen. Sogar dann, wenn ihr das seltsam umständliche Lock-On-System nutzt. Wozu habe ich ein Lock-On, wenn die Kamera dem anvisierten Gegner nicht folgt? Vieles in World Seeker fühlt sich an, als wäre es der erste Versuch überhaupt, ein Open-World-Spiel zu entwerfen. Umständlich und selbst nach Maßstäben von 2010 uninspiriert - ganz zu schweigen von 2019.
One Piece: World Seeker fühlt sich am Ende an wie ein frühes Asia-Grinder-MMO im Offline-Modus. Primitive Kämpfe, stumpfe Fetch-Quests und eine ganze Reihe recht sinnloser Crafting- und Grinder-Systeme für die Gelangweiltesten unter uns Videospielern. Auf einem gewissen Level ist das alles restfunktional, man kann es spielen, es macht die ersten ein, zwei Stunden sogar so etwas wie Spaß, fast zumindest. Dann aber merkt man, dass vieles von dem Wahnsinn, der One Piece ausmacht, hier schlicht weggelassen wurde und das Spiel das nicht auffängt. Dass diese offene Welt hier im gleichen Universum existiert wie Spider-Man, Assassin's Creed: Odyssey - eigentlich kann ich auch AC 2 nehmen - oder Horizon ist fast unvorstellbar und selbst wenn man im Genre bleibt, wirken zum Beispiel die Naruto-Action-Adventures aus der letzten Generation wie ausgereifte Meisterwerke. Es ist schade um den farbenfrohen Look und die passable Story, aber wenn das alles ist, dann wiegt das den lieblosen Rest sicher nicht auf. One Piece hat Besseres verdient als das.
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