SpellForce 3: Soul Harvest: Test – So sollte sich Echtzeitstrategie spielen
Weitaus besser als der Hauptteil.
Vor rund anderthalb Jahren schrieb ich hier über SpellForce 3. Ich mochte das Gameplay grundsätzlich schon, hatte aber so meine Probleme mit zahlreichen Bugs, hängenden Wegfindungsroutinen und unvollständig umgesetzten Spielideen. Ich habe auf zahlreiche Patches und Bugfixes gehofft. Und ich kann mich nicht beschweren, die kamen.
Was jetzt aber auch gekommen ist, ist eine Standalone-Erweiterung für das Spiel. Und die, die hat mich wirklich überzeugt. So, dass ich sagen möchte: Der Begriff "Erweiterung" passt an dieser Stelle nicht, eigentlich ist SpellForce 3: Soul Harvest schlichtweg das bessere SpellForce 3 und wer die Serie mag, sollte am besten so tun, als hätte der eigentliche dritte Teil nicht existiert. Das hier spielt sich rund, flüssig, es hat tolle Helden, eine spannende Geschichte und nicht zuletzt ist es weit weniger fehlerbehaftet.
Herzstück von Soul Harvest ist zweifellos die tolle Kampagne, mit der ihr euch gut 20 und mehr Stunden beschäftigen könnt, wenn ihr euch die Zeit nehmt, sowohl die Nebenquests als auch die Hauptgeschichte zu verfolgen. Zur Erinnerung: SpellForce ist ein Hybrid aus isometrischem Rollenspiel und Echtzeitstrategiespiel. Es kann vorkommen, dass ihr gerade eine Mission auf einer Karte spielt, auf der ihr sehr traditionell eine Basis baut und Einheiten rekrutiert, dann aber in eine Höhle lauft und die dann schließlich mit nur einer Hand voll Heldenfiguren durchqueren müsst - um wiederum einen besonderen Bonus in der Mission freizuschalten, zu der ihr dann zurückkehrt. Diese Helden leveln im Laufe der Zeit auch auf und ihr könnt neue Fähigkeiten für sie freischalten. Stellt euch das vor wie ein etwas abgespecktes Diablo mit mehreren Figuren.
In eben jenem Modus erzählt das Spiel seine Geschichte. Die spielt wenige Jahre nach dem Hauptteil. Ihr verkörpert einen Offizier der, okay, das ist nicht superkreativ, sein Gedächtnis verloren hat. Er weiß aber immerhin, dass er vor kurzer Zeit ein Dorf vor den Orks schützen sollte und bei dieser Gelegenheit seine komplette Einheit verloren hat. Nur er hat überlebt und jetzt weiß er nicht mehr, wer er ist und zweifelt an seinen eigenen Fähigkeiten. Das ist wohl sowas wie das Vietnam-Trauma-Äquivalent im Fantasy-Reich. Die Königin jedenfalls hat trotz aller Traumata keine Zweifel an ihm und ernennt ihn deshalb zum Anführer der Wolfsgarde, einer Art Spezialeinheit, die aus Menschen, Orks und Elfen besteht. Alles in allem müsst ihr keinerlei Kenntnisse des Vorgängers mitbringen, auch wenn die Story hier und da Bezug darauf nimmt. Solltet ihr SpellForce 3 also nicht gespielt haben: Kauft einfach das hier und alles ist gut.
Stark für so ein Add-on ist übrigens die Tatsache, dass ihr neue Fraktionen zu spielen bekommt. Zwerge und Dunkelelfen nämlich. Und während ein großer Kritikpunkt am Vorgänger noch war, dass sich alle Parteien relativ gleich spielten, unterscheiden die neuen sich wirklich. Die Zwerge spielen sich recht defensiv, aber robust, sie sind der Tank unter den Echtzeitstrategie-Fraktionen. Angriffe spielen sich wie ein langsames Vorrücken mit Schützen, immer wieder stehen bleibend, dann wieder ein paar Meter nach vorne stoßend. Sehr nett außerdem: Zwerge leben bekanntlich unter der Erde und können deshalb Tunnel bauen, sich also praktisch von einer Basis auf der Map zu einer anderen teleportieren.
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Auf der anderen Seite sind da die Dunkelelfen. Die wiederum haben eine eigene Ressource, die sonst nicht existiert. Sie heißt Echo und ihr bekommt sie, indem ihr feindliche Einheiten umnietet. Dafür wiederum braucht ihr einen eigenen Sammler und allein das sorgt dafür, dass sich diese Fraktion anders anfühlt als alle anderen. Natürlich gibt es aber dennoch gewisse Übereinstimmungen zwischen den Parteien. Ihr baut einen Holzfäller, errichtet einen Steinbruch, baut Eisenerz ab - nur heißt halt alles irgendwie von Fraktion zu Fraktion ein bisschen anders. Trotzdem, was Entwickler Grimlore Games mit Soul Harvest gemacht hat, verbessert das Spielprinzip deutlich. Übrigens auch, weil selbst unsere Testversion längst nicht so fehlerbehaftet war wie die finale Fassung des Vorgängers. Es kommt hin und wieder vor, dass Einheiten den Weg nicht richtig finden, ja. Das ist auch nervig, aber das wars dann auch. Bugs, die verhindern, dass ihr eine bestimmte Quest abschließen könnt, (wie beim ursprünglichen SpellForce 3) habe ich nicht gefunden.
Toll auch: Es gibt Flugeinheiten. Zwergische Zeppeline und dunkelelfische Flugkäfer passen überraschend gut in SpellForce 3, sind erst relativ spät produzierbar und kippen das Balancing in keiner Weise. Weil sie sich nämlich durch Armbrustschützen leicht abschießen lassen. Ein neuer Faktor also, einer der sich lohnen kann auch, aber keiner, der das Spiel in irgendeiner Art aus der Balance bringt. Die drei Fraktionen aus dem Original-SpellForce 3 gibt es übrigens immer noch und auch die bekommen ihre Flugeinheiten. Ich kann verstehen warum, spannender hätte ich allerdings eine gewisse Asymmetrie gefunden. Die hätte sich natürlich aber nicht aufs Balancing auswirken dürfen. Ich denke da eher an das Verhältnis zwischen Orcas und Flugabwehrraketen im ersten Command & Conquer, aber wer weiß, ob heute sowas nochmal in ein Spiel passen würde, und überhaupt: Was weiß ich schon.
Neben der grandiosen Kampagne gibt's natürlich auch diesmal wieder diverse Multiplayer-Modi. Ihr könnt also auch wieder im freien Spiel gegeneinander antreten oder aber ihr bestreitet die Kampagne gemeinsam. Dann muss es allerdings einen Chef geben, der die Hauptfigur steuert und festlegt, was die anderen Spieler dürfen - etwa Truppen bauen oder sich um die Wirtschaft kümmern. Das funktioniert, aber insgesamt fühlt sich Soul Harvest nicht so recht an, als sei es dafür gemacht. Als nette Dreingabe ist es trotzdem allemal okay.
Außerdem sei erwähnt: Soul Harvest kostet 25 Euro, wenn ihr es einfach so kauft, habt ihr aber SpellForce 3 ohnehin schon, zahlt ihr zehn Euro weniger. Das ist fair und das sieht mir fast so aus, als hätten die Entwickler eingesehen, was beim Vorgänger schiefgelaufen ist.
Ich möchte nicht übertreiben, aus SpellForce 3 wird durch dieses Add-on kein Meisterwerk. Aber Soul Harvest ist eben doch eine sehr umfangreiche Erweiterung, die zahlreiche Probleme und Fehler des Hauptspiels ausbügelt. Dazu kommt eine tolle Präsentation und auch in der deutschen Sprachausgabe schön eingesprochenen Dialoge, atmosphärische Hintergrundmusik, ein bisschen Nebel hier, ein wenig Schatten da - es passt einfach alles irgendwie zusammen und es fühlt sich diesmal auch an, als hätte da jemand mit Liebe dran gearbeitet.
Alles in allem wirkt SpellForce 3: Soul Harvest wie eine Entschuldigung, aber nicht wie eine nur dahingesagte, sondern wie eine echt ernst gemeinte. Soul Harvest funktioniert deutlich besser als das Originalspiel, es packt, es vernichtet spielend Stunden von Lebenszeit und letzten Endes seid ihr glücklich, weil ihr etwas geschafft habt. Genau das sollte ein Spiel wie dieses leisten. Einige Kleinigkeiten sind trotzdem noch fehlerbehaftet. Die KI bleibt gern mal ein Bäumen hängen oder rennt durch feindliche Basen, hin und wieder haben beim Test auch die Heldenfähigkeiten mit Verspätung ausgelöst. Das hat mich schon gestört, aber es war insgesamt eben nur ein Kratzer auf einer ansonsten ziemlich makellosen Schallplatte. Ein wirklich rundes Spiel, das bis auf wenige Ausnahmen die Fehler des Hauptspiels ausgemerzt hat. Dieses Spiel rettet die Reihe.
Entwickler/Publisher: Grimlore Games/THQ Nordic - Erscheint für: PC - Preis: 24,99 Euro - Erscheint am: erhältlich - Gestestete Version: PC - Sprache: deutsch - Mikrotransaktionen: Nein
PC-Spiele testen wir auf Lenovo Legion PCs und Laptops, die uns von Lenovo zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt wurden. Hier erfahrt ihr mehr über Gaming-Laptops 2019 im Allgemeinen und hier geht es zur Website von Lenovo Legion Gaming.