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Zelda: Link's Awakening (Switch) - Test: Kleiner Link ganz groß!

Spiele, die die Zeit überdauern ...

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Technisch ungewohnt wackliges, aber liebevolles und spielerisch fast unbeschadet in der Neuzeit angekommenes Remake eines Klassikers.

Was soll ich sagen? Link's Awakening ist ein kurioses Spiel. Man merkt sie schon, die Lenze, die es auf dem Buckel hat. Oder besser: Woher es kommt und für welche Plattform es einst erdacht wurde. Links erstes Handheld-Abenteuer führte auf 4,7 mal 4,3 Zentimetern ein ganz beachtliches Leben, drehte sich aber auch im Design seiner Aufgaben um die Limitationen, die sein Zuhause ihm auferlegte. Dass das auch heute noch funktionieren würde, wenn man sich in einem Remake Eins-zu-eins an der Vorlage entlanghangelte, war alles andere als selbstverständlich.

Es ist ein Spiel, das seine Aufgaben auf Hosentaschengröße schrumpfte, die meisten seiner Rätsel mit einem Blick auf den grün-grauen Miniatur-Screen erfassbar machen und deshalb auf TV-Maße aufgeblasen eigentlich mickrig wirken musste. Aber diese keine Kachel verschwendende Dichte des bildschirmbasierten Designs wirkt im heutigen Kontext einfach so wunderbar verdichtet, dass Link's Awakening, auf seine kompletten 20 Stunden lockere Durchspielzeit gesehen, doch ziemlich riesig wirkt.

Herzklopfen! (Zelda - Links Awakening - Test)

Natürlich hilft es, dass es ein Nintendo-Produkt ist. Ein Spiel einer Firma, die Level-Design und Spielgefühl wenn schon nicht erfunden, dann zumindest als erstes zu einer Wissenschaft erklärt hat, in der man es zu einer gewissen Meisterschaft bringen kann, die dafür sorgt, dass man heute noch freudig erregte Artikel darüber schreibt, wenn man auf der neuen Nintendo-Konsole endlich zum achten Mal Super Mario World kaufen darf. Diese Spiele haben einfach keine Halbwertszeit. Und Link's Awakening ist zumindest zu drei Vierteln eines davon. Nicht ganz zeitlos, aber beinahe.


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Ich gebe zu, dass mir die Möglichkeiten in den Dungeons - so schön schlüssig sie auch aufgebaut sind und so viel Spaß es macht, sich einen optimalen Weg durch sie hindurch zu bahnen -, gegen Schluss des Abenteuers ein wenig limitiert vorkam. Viele dieser Verliese lassen die thematische Stringenz und Individualität der besten "großen" Zeldas vermissen und fühlen sich ein wenig gleich an. Im Vergleich kann ich ihre Gegenstücke in späteren Serieneinträgen auf den ersten Blick identifizieren. Wiederum: Sie sind immer noch "Zelda-Qualität", aber eben nicht ganz vom obersten Regal, was vielleicht auch daran liegen könnte, dass sie mir heute einschließlich ihrer Bosse geradezu lächerlich einfach vorkommen.

Manche Feinde teilen sich ein Move-Set, was wohl der alten Hardware geschuldet ist. (Zelda - Links Awakening - Test)

Oft kommt man in Boss-Konfrontationen nicht einmal an den Punkt, an dem der Groschen fällt, was hier zu tun ist, da kramt der Endgegner auch schon mit den letzten Kräften im Säckerl nach dem traditionell als Belohnung für einen Boss-Triumph überreichten Herzcontainer. Die große Neugierde, was das Spiel einem wohl als nächstes in den Weg stellt, kam hier irgendwie nicht auf. Und überhaupt könnte auch die Vielfalt der Feld-Wald-und-Wiesen-Gegner noch größer sein. Meint man - und muss sich dann wieder vehement daran erinnern, dass es sich um ein Spiel handelt, das ein Tetris-Abspielgerät mit Monochrom-Display entworfen wurde. Dennoch: Dieser Rhythmus aus "Oberwelt-Erkundung, Schlüssel zum Dungeon finden, Karte, Kompass, Zwischengegner, Großer Schlüssel, Boss" hat etwas Anziehendes, Befriedigendes und was klickt, ist letzten Endes ohnehin die Aufschlüsselung der Labyrinthe.

Und natürlich die Oberwelt, in der einem jedes Mal das Herz aufgeht, wenn man aus kargen oder düsteren Orten wieder auf die satten Weiden der Urunga-Steppe und des Mövendorfs zurückkehrt, wo das Gras so grün und saftig ist, dass es zum unwiderstehlichen Genuss wird, es abzuschlagen. Die beste Vegetation im Videospielbusiness hat eindeutig Zelda. Immer wieder ertappt man sich dabei, wie man seinen Weg leicht anpasst, um im Vorbeigehen noch einen Grasflecken zu rasieren oder an einer verdächtig kahlen Stelle den Spaten in die Erde zu stechen, um vielleicht eine versteckte Zaubermuschel zu finden.

GRAS! Haltet mein Bier!(Zelda - Links Awakening - Test)

Es fühlt sich auch einfach immer noch sehr gut an, dieses Schild-Vorhalten, aus der Deckung zuschlagen, Springen und das Timen des Schwertstreichs. Eine wunderbare Union aus Eingaben und deren Umsetzung zu Klang und Bewegung, Nintendo eben, auch wenn mich durchaus wunderte, dass man die Bewegungsrichtungen zwar von vier auf acht verdoppelte, analoges, stufenloses Drehen oder Beschleunigen aber nicht vorgesehen ist. Klar, das Spiel funktioniert vorwiegend auf der Breiten und Längenachse und denkt strikt in Himmelsrichtungen ohne Abstufungen, weshalb das nie zum Problem wird (vermutlich würde es das erst, wenn man Link eben doch analog steuern würde). Aber ein wenig seltsam wirkt es schon. Man gewöhnt sich dran, auch und vor allem mit Blick auf das Original.

Kommen wir zu den Neuerungen: Die Optik spaltete offenbar die Gemüter, wenngleich ich mir nicht erklären kann, wieso. Der Look ist unfassbar nah am Original und erfährt durch die gekippte Perspektive einen wunderbaren Schaukasten-Effekt. Fast würde man sich wünschen, Nintendo und Grezzo wären noch einen Schritt weitergegangen und hätten nach Art von Media Molecules Tearaway alles nach Stop-Motion-Art animiert. Dann sähe es für mich absolut perfekt aus. Aber auch so schon ist der knuddelige Look mit seinen vielen netten Details (die Kakteen in der Hütte des Kaninchens haben Hasenohren!) ein echter Gewinner.

Die Querverweise auf andere Nintendo-Franchises sorgen für ein seltsam befremdliches Flair, das über Cocolint liegt. (Zelda - Links Awakening - Test)

Eine Sache, die mich stört: Wegen der gekippten Ansicht fallen die Schatten erhöhter Gegenstände nicht auf das Feld, über dem sie eigentlich schweben, sondern auf das darunter, was das Einsammeln erhöhter Goode manchmal etwas verwirrend gestaltet. Aber ansonsten bin ich von dieser Übersetzung in die dritte Dimension sehr überzeugt.

Ansonsten gibt es Quality-of-Life-Verbesserungen, wie die Möglichkeit, mehr Tasten mit Items zu belegen, überall mehrere Spielstände anlegen und sich Markierungen auf der hilfreichen Karte setzen zu können. Abgesehen davon wurde im Grunde nur der Sammelkram grundlegend verändert, in dem Sinne, dass es zahlenmäßig einfach mehr gibt. Mehr von dem, was vorher schon drin war - Herzteile und Zaubermuscheln - und ein paar Dinge extra - Kammersteine und eine überschaubare Zahl von Sammelfiguren. Im Fall der ersteren Kategorie fügen sich die zusätzlichen Items so gut in das Prozedere ein, das ich nicht einmal sagen könnte, welche schon auf dem GameBoy drin waren und welche Grezzo für die Neuauflage integrierte. Sehr gute Arbeit. Auch wurde die Struktur, nach der man für die Zaubermuscheln belohnt wird, rundheraus verbessert. Es ist nun deutlich motivierender, möglichst viele davon zu suchen.

Noch ein neues Killer-Feature: Äpfel, die man in einer herzigen Animation essen können. (Zelda - Links Awakening - Test)

Bei den Kammersteinen bin ich nicht so sicher, ob sie sich durchsetzen werden. Je mehr Dungeons ihr löst, desto mehr Kammern, also einzelne Räume aus den bekannten Verliesen, schaltet ihr frei und könnt diese im Rahmen eines gesonderten Modus zu eigenen Labyrinth-Kreationen neu arrangieren. Diese könnt ihr dann per Amiibo zu Freunden mitnehmen und um Bestzeiten konkurrieren. Ich persönlich hatte wie gesagt gegen Ende genug von den Kämmerlein (durchaus auf die gute, nicht die überfressene Art), weshalb ich nicht weiß, inwieweit sich die Spieler hier reinknien werden. Aber nett, dass sie da sind, ist es auf jeden Fall, und sei es nur, weil man so einen Grund hatte, Totengräber Boris auch in Link's Awakening unterzubringen.

Das Remake beantwortet im Übrigen auch die Frage, ob die 2D-Sequenzen des Originals nun eine gute Idee waren oder nicht: Sie tun rein gar nichts für das Spiel und sind mit ihrem niedrigen Herausforderungsgrad regelmäßig der schwächste Part einer jeden Passage, in der sie vorkommen. Erst im letzten Dungeon gab es ein paar nette, blockbasierte Rätsel aus der Seitenansicht. Sie stören nicht weiter. Aber warum sie überhaupt drin sind, ist 26 Jahre später genau so wenig zu beantworten wie damals.

Die Bosse sind etwas zu einfach, um hängenzubleiben. (Zelda - Links Awakening - Test)

Kommen wir nun zum wohl größten Knackpunkt an einem ansonsten rundheraus erfreulichen, liebevollen Wiedersehen mit einem Spiel, das entgegen aller Erwartungen alles andere als schlecht gealtert ist: Der Technik. Ja, es stimmt. Dieses Spiel ruckelt. Und zwar sehr spürbar und immer und immer wieder. Was besonders auffällt, wenn man nur schnell von A nach B möchte.

Ich bin ein wenig verwirrt, warum Nintendo die Bildrate nicht auf feste 30fps arretiert, sondern immer wieder zulässt, dass es auf 60 Bilder pro Sekunde hochschnellt, nur um dann bei der nächsten Biege, wenn die Konsole wieder nachladen muss, auf 30 Bilder abzustürzen. Das passiert wirklich sehr oft und stört - wenngleich eher das Auge als die Daumen.

Pfeil plus Bombe. Es gibt Leute, die haben das das komplette Spiel nicht ausprobiert. (Zelda - Links Awakening - Test)

Rechnerisch, im Durchschnitt ist das immer noch eine Bildrate, von der sich viele Triple-A-Produktionen auf anderen Konsolen eine Scheibe abschneiden können. Aber flüssiges Spielempfinden liegt nicht allein in der Menge der Bilder, sondern in der Stabilität der Rate, mit der sie ausgegeben werden. Luigis Mansion 3, das ich mir letztens ansehen durfte, lief mit stabilen 30, traute sich nicht einmal, von 60 Bildern zu träumen, fühlte sich aber so viel konsistenter und sauberer an als das hier (und technisch beeindruckender war es auch, aber das nur am Rande, diese Spiele sind in ihrem Aufbau zwei komplett unterschiedliche Biester). Nun denn, wir werden sehen, was in Sachen Updates passiert. Mit stabilen 30fps hätte ich jedenfalls in diesem Spiel weniger Probleme, als mit der aktuellen Achterbahnfahrt.

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Link's Awakening war wohl nie das rundeste Zelda, aber es war - zumindest eine ganze Weile - eines der verblüffendsten. Dieser A-ha-Effekt ist ein Vierteljahrhundert, eine konkurrenzlos gute Draufsicht-Episode (A Link Between Worlds) und zwei Revolutionen der Reihe (Ocarina und Breath) später naturgemäß verpufft. Trotzdem ist dieses Spiel eine wertvolle Erdung und ein lohnendes Maßnehmen der Wurzeln dieser geschichtsträchtigen Reihe und auch für sich genommen ist es ein extrem unterhaltsames Action-Adventure. Gleichzeitig ist es wohl mit Abstand das Zelda, dessen Schluss am nachdenklichsten und - ja - am traurigsten stimmt.

Es ist ein ganz seltsames Gefühl, mit dem man aus diesem tapferen kleinen Spiel hervorgeht und das ist - bei allem Konfliktpotenzial zwischen althergebrachten Designideen und modernen Spielersensibilitäten - das, was auch die nächsten 26 Jahre schadlos überdauern wird.


Entwickler/Publisher: Grezzo/Nintendo - Erscheint für: Nintendo Switch - Preis: ca. 60 Euro - Erscheint am: 20. September - Sprache: Deutsch - Mikrotransaktionen: nein

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