Riders Republic Test - Die beste Far-Cry-Mod seit Ghost Recon
Riders Republic orientiert sich an allem, was andere Rennspiele auszeichnet, nutzt geschickt alles, was Ubisofts andere Spiele technisch zu bieten haben und schickt euch damit in wilde Massenabfahrten.
Immer abwärts. Die Riders Republic ist eine Republik in einem permanenten Abschwung, je schneller, desto besser. Und sie ist die konsequente Zweitverwertung all dessen, was Ubisofts große Serien so abwerfen. Eine offene Welt, die landschaftlich wahnsinnig gut aussieht und dank moderner Technik fast ohne Ladezeiten auskommt. Und vor allem wirft es alte Konventionen des virtuellen Extremsports über Bord, nämlich, dass es sich vor allem um eine bestimmte sportliche Subkultur drehen muss. Warum sich beschränken, wenn man einfach alles haben kann? Radrennen auf Straßen und Offroad-Downhill. Futuristische Jet-Glider und Mono-Ski. Nicht nur, dass es hier kein "oder" gibt, selbst innerhalb eines Rennens kann man mitunter direkt wechseln. Das hat man bei The Crew 2 gelernt und im Grunde ist Riders Republic ein The Crew 2, nur dass man die Räder, Flügel und Bootsrümpfe gegen Fahrräder und Skier tauschte.
Das klingt gleichzeitig simpel und größenwahnsinnig, denn mitunter kriegt ein Entwickler nicht mal eine Sportart vernünftig hin, geschweige denn ein halbes Dutzend innerhalb eines Spiels. Und das ist der größte Trick in Riders Republic: Die Steuerung all dieser Sportarten ist unglaublich intuitiv gelungen. Nicht primitiv, es gibt mehr als genug Tricks und Kniffe zu lernen, um Punkt-Multiplikatoren in die Höhe zu treiben. Aber sie sind auf dem grundlegenden Level nicht nötig, um Spaß an der Welt zu haben, die vornehmlich aus Abfahrten besteht. Ihr startet mit fast gutmütigen Fahrrädern, die wie Forza oder the Crew in Punkt-Klassen eingeteilt sind. Je höher die Klasse, desto schneller und anspruchsvoller wird es und so reguliert Riders Republic seinen fließenden Schwierigkeitsgrad.
Egal wohin, Hauptsache abwärts!
Wenn ihr dann auf Skier umsteigt, seid ihr beim Biken nach der ersten halben Stunde schon in wenig in dieser Disziplin aufgestiegen. Ihr habt gelernt, welche Büsche und kleinen Bäume ihr zu einem gewissen Teil ignorieren dürft und wie die Umwelt sich verhält. Das macht den Wechsel auf das nächste Sportgerät einfacher. Nicht nur das, es hält das Spiel gleichzeitig die ersten Stunden frisch und aufregend, da ihr immer wieder neue Disziplinen und Tricks kennenlernt und feststellt, dass sich alle ausgezeichnet lenken. Aber eben auch alle ihre Feinheiten und Unterschiede mitbringen. Ich war nie der große Trick-Könner, so wie ich kein Drift-Fan bei Autorennen bin. Hier wird es aber so geschickt eingestreut und mit einer in den Grundlagen leicht zu lernenden Steuerung unterstützt, dass ich selbst diese Disziplinen gern mitnahm.
Ähnlichkeiten zu der Forza-Horizon-Reihe machen sich weiter bemerkbar, denn mit Leveln und Sternen schaltet ihr weitere Rennen frei. Den ersten Stern in einem Rennen gibt es für einen simplen Sieg, aber weitere für spezielle Tricks oder Schwierigkeitsgrade. Das sorgt dafür, dass ihr zu den Rennen zurückkehrt, sobald ihr zum Beispiel ein Fahrrad dieser Klasse irgendwann freigeschaltet habt. Auch spezielle Spaß-Events hat man sich beim großen Auto-Open-Worlder abgeguckt, wenn ihr in absurden Kostümen mit Raketen-Skiern steile Pisten runterdonnert, um den nächsten Karrierelevel freizuschalten.
Es gibt in den Bergen von Riders Republic immer was zu tun. Das sind die festen Rennen mit definierten Startpunkten, aber es ist auch die Welt an sich, die ihre Reize hat. Die an die Rocky Mountains angelehnte Welt ist einfach atemberaubend schick, mit viel Weitblick und Panorama und vor allem ein paar einfachen Wegen, um sie zu erkunden. Während ihr schnell mit einem Schnellreisehüpfer zu den Rennen kommt, erscheint freie Erkundung auf den ersten Blick absurd. Wer kraxelt schon mit Skiern oder dem Fahrrad minutenlang bergauf, nur um zu gucken, ob es da oben ein Sammel-Item oder einen coolen Abfahrtspunkt gibt.
Ich meine, in der virtuellen Welt, im realen Leben scheint das ja eine Sache zu sein. Also sagte sich Riders Republic, dass es hier um Spaß geht und schnell bekommt ihr ein fast schon magisches Schneemobil, das auf allen Untergründen und bei fast egal welcher Steigung kaum an irrwitzigem Tempo verliert, sodass dem Spaß an der Erkundung fast nichts mehr im Wege steht. Große Bäume und Flüsse vielleicht, aber die Welt ist durchdacht genug geplant, dass es immer Wege über Hindernisse gibt, die nicht zu weit entfernt sind.
Alle Events lassen sich im Multiplayer spielen, das ist klar und auch so sind in der offenen Welt immer zig andere Spieler unterwegs. Die Riders Republic wäre in der Realität der umwelttechnische Alptraum eines touristisch überlasteten Wintersportgebietes, aber hier ist das ja zum Glück kein Problem. Und weil man so viele Spieler hat und mittlerweile auch gleichzeitig managen kann, dachte man sich bei Ubisoft: Warum lassen wir sie nicht alle in einem großen Pulk los? Alle heißt 64 gleichzeitig und es ist einfach das Beste an Riders Republic.
Wie eine menschliche Lawine
So nett die Sportarten sind, es setzt nach und nach die Routine ein, man arbeitet sich durch die Rennen und Events und das ist alles nett, es wird auch anspruchsvoller, aber man kennt sich langsam aus. Nicht so in den Massenabfahrten. Es ist die beste Art von Chaos und fast schon eine Art von Battle Royale. Es fühlt sich auch so an: In dem wüsten Pulk kaum die eigene Figur zu erkennen, dann sich langsam vorzuarbeiten und das erste Mal mit einem glücklichen letzten Sprint als Erster über die Linie zu rauschen, mit nur wenigen Millisekunden Vorsprung, ist ein Adrenalinschub.
Die Strecken sind dabei, wie auch in den realen Rennen gut markiert. Ihr habt ein paar Freiheiten, Abkürzungen zu erkunden und die Strecke zu optimieren, wenn ihr geschickter und auch oft mutiger fahrt, aber die Checkpunkte sorgen dafür, dass es alles im richtigen Rahmen bleibt. Oft genug heißt das aber auch, dass ihr einen Sprung verschätzt und in die Wildnis donnert. Solltet ihr nur in ein Hindernis rauschen, reicht es, schnell den B-Knopf ein paar Mal zu bearbeiten und ihr seid zurück auf der Piste. Die verlorenen Sekunden sind Strafe genug.
Wenn es euch komplett irgendwohin abschießt, dürft ihr jederzeit zurückspulen. Sogar in Multiplayer-Rennen. Der Trick hier ist, dass nur ihr zurückgespult werdet, was ein paar Sekunden kostet. Der Rest der Welt läuft einfach davon unbeeindruckt weiter. Es ist eine ganz gute Balance, um Fehler zu erlauben, ohne euch komplett aus dem Rennen zu nehmen, was in einer offenen Welt, die ihr nicht sofort auswendig kennen könnt, enorm wichtig ist. Dieses patent dürfen sich andere Racer gen anschauen. Ihr dürft die Kurve, die ihr verpasst habt, wiederholen, aber eben nicht ganz straffrei. Clevere Lösung.
Lifestyle versus Charakter
Es wäre auch nicht Ubisoft, wenn man die Riders Republic nicht in einer Art Lifestyle-Event-Story mit super-coolen Charakteren verpackt hätte. Man kennt das ja aus Forza, das läuft her ähnlich ab und auch hier darf man zum Glück fast alle so irre hippen Szenen wegdrücken. Es ist kein gutes Zeichen, wenn ich als Mitt-40er all die Slang-Termini kenne, mit denen man hier um sich wirft, denn das heißt, dass der jugendliche Coolnessgrad ziemlich cringe sein muss. Ungefähr so cringe wie die Nutzung des Wortes cringe eben. Whatever. Ist halt Pastell-Neon, was das neue Neon ist. Der Look stört auf der Piste, auf die er hingehört, weniger als in einem postapokalyptischen Far Cry.
Wenn es einen Nachteil bei der Riders Republic gibt, dann dass dieses Post-Neon nicht wahnsinnig viel Persönlichkeit mitbringt. Das ganze Spiel findet auch nach Stunden noch nicht so richtig seinen Charakter und wirkt wie die konstruierte Sommer-Linie eines großen Modekonzerns. Sicher, alles sieht jetzt ein wenig anders aus als die Sachen, die daneben liegen, aber die DNS ist die gleiche und so kann Riders Republic noch nicht ganz den Feel eines Far-Cry-Mods abschütteln. Große Spiele haben eine ganz eigene Identität, in der viel Arbeit steckt, egal ob das ein Last of Us, ein Forza oder auch ein Assassin's Creed ist.
Riders Republic ist visuell wie emotional eine geschickte und effiziente Zweitverwertung von Assets anderer Spiele. Das an sich macht es jetzt nicht unbedingt weniger spaßig, wenn man mit absurdem Tempo den Hügel runterfegt. Aber betrachtet man nach einem Dutzend Stunden die Spielerfahrung ans Ganzes, stellt man fest, dass jenseits der Massenrennen zu wenig hängenblieb, woran ich mich spezifisch erinnern würde. Es fehlt Riders Republic noch an Charakter. Selbst The Crew hatte mehr davon und das hatte nicht schon nicht viel.
Riders Republic Test - Fazit
Riders Republic ist das aktuelle beste Extremsportspiel, vor allem für Leute, die damit sonst nicht so richtig was anfangen können. Es verlangt von euch erst einmal nicht viel, außer, dass ihr Spaß daran habt, auf diversen Gerätschaften Berge herunterzuschießen. All die Feinheiten, die sehr schnell zu einem Tony Hawk zum Beispiel dazukommen, wenn man irgendwo im Spiel hinmöchte, kann man hier für lange Zeit ausblenden. Aber sie sind da, sobald ihr für sie bereit seid. Das macht Riders Republic wohl zum einsteigerfreundlichsten Spiel des Genres überhaupt und lädt selbst Neulinge viel schneller ein, sich auch mal an den Multiplayer zu trauen. Bei den 64-Spieler-Chaos-Abfahrten dreht es ich weniger um perfekte Fahrkunst als mehr um den Spaß am Gewusel im Pulk. Da ist es dann auch egal, ob man mal im hinteren Drittel des Feldes landete, es waren lustige zehn Minuten.
Das und die riesige, schön entworfene Welt, die sich leicht erkunden lässt, laden immer wieder zu Sessions ein. Was Riders Republic am Ende noch ein wenig fehlt, ist der eigene Charakter, der zum Beispiel ein Skate, Tony Hawk oder schon damals ein 1080° vom Rest des Pulks abhob. So würde ich es für den Moment als die beste Far-Cry-Mod seit Ghost Recon bezeichnen und hoffentlich als den gelungenen Auftakt einer Serie, die noch viele wilde Abfahrten wagt. Gerne dann mit 256 Spielern in einem Rennen in der Fortsetzung.