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Paper Mario: The Origami King Test - Nicht in Gänze die erhoffte RPG-Rückkehr, aber auch kein Sticker Star

Und vermutlich ein neuer Rekord in Sachen Papier-Wortspiele.

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The Origami King geht einen Schritt in Richtung der Klassiker und kombiniert ein bezaubernd gestaltetes Spiel mit spannenden neuen Kämpfen.

Paper Mario The Origami King Test. Von Zeit zu Zeit beneide ich die Übersetzer von Videospielen ebenso wenig wie die Leute, die Bücher, Filme und andere Dinge ins Deutsche übertragen. Das gilt für einige Spiele mehr als für andere. Wenn ich allein daran denke, wie viele Wortspiele, witzige Dialoge, Situationskomik und dergleichen in Paper Mario: The Origami King stecken, ist das eine beachtliche Leistung. Und eine, die sich auszahlt, denn das neueste Papier-Abenteuer des Klempners sorgt von der ersten Minute an für beste Unterhaltung.

Ich muss euch aber gleich zu Anfang ein wenig enttäuschen. The Origami King ist nicht die erhoffte, vollständige Rückkehr zu den RPG-Wurzeln aus den Gründungstagen der Paper-Mario-Reihe. Doch es gibt gute Nachrichten: es ist ebenso wenig ein Sticker Star oder ein Color Splash. Am Ende bewegt sich das Spiel zwischen dem Neuen und dem Alten mit einer Tendenz hin zu den guten, alten Tagen. Wenn ich daran denke, wie nervig das Handling der Sticker unter Berücksichtigung des begrenzten Platzes in Sticker Star war, bin ich froh, dass dies hier absolut keine Rolle spielt.

Ihr sammelt so viele Items, wie ihr möchtet. Oder bis zu einem womöglich vorhandenen Limit, keine Ahnung, ich habe keines bemerkt. Egal ob ihr neue Hämmer oder Eisenstiefel in den Welten findet oder euch in den Läden mit neuer Ausrüstung eindeckt, Mario stopft alles mit Leichtigkeit in die bodenlosen Taschen seines Latzanzugs. Jeweils vier verschiedene Hämmer- und Stiefelarten wählt ihr aus, um im Kampf schnell auf diese zuzugreifen. Ist nicht das Passende dabei, lässt sich das im Kampf jederzeit ändern - kurz ins Menü gehen und austauschen. Das ist herrlich unkompliziert und legt euch keine künstlich einschränkenden Steine in den Weg.

Der Name des Spiels verrät euch dabei unmissverständlich, dass Origami hier das Thema ist. Schnell erklärt: Der Origami-König möchte das Pilzkönigreich dominieren und ist auf dem besten Weg dahin, wenn da nicht Mario wäre. Der finstere Herrscher verwandelt die flachen Papier-Bewohner in dreidimensionale Origami, was sie zu Komplizen des Bösen macht. Und gemeinsam mit Olivia, der Schwester des Origami-Königs, und anderen tapferen Recken wie dem tollpatschigen Luigi stellt ihr euch dem entgegen.

Auf der Suche nach dem Schlüssel zum Erfolg durchquert ihr verschiedene Welten, die sich thematisch und deutlich voneinander abheben. Habt ihr in Welt eins zum Beispiel überall saftiges Grün, blühende Pflanzen und Toad Town als Stadt, verschlägt es euch in Welt zwei in eine herbstlich und asiatisch angehauchte Region - und in einen Vergnügungspark namens Shogunland! Jeder der Welten ist ausufernd gestaltet und bietet zwischendurch größere Bereiche, die ihr mit Paper Mario erkundet. Die Übergänge sind wie früher fließend, ihr marschiert einfach von einer Region zur nächsten, es ist nicht wie in den beiden jüngeren Vorgängern in strikte Level aufgeteilt. Gute Entscheidung, so fühlt sich alles nahtlos wie eine große, offene Welt an.

Eine, die euch eine ganze Weile beschäftigt und voller Dinge steckt, die es zu entdecken gilt. Ihr stopft Löcher in der Welt mithilfe von Schnipseln, die ihr zum Beispiel erhaltet, wenn ihr gegen Bäume schlagt oder Gegner besiegt - und für vieles andere. Einen großen spielerischen Zweck erfüllen sie nicht, außer euch mehr Münzen zu bescheren. Darüber hinaus findet ihr versteckte Schätze, Fragezeichen-Blöcke mit Münzen oder Items und viele, viele versteckte Toads. Und die erfüllen einen Zweck - keinen riesigen, aber sie haben einen.

Eure pilzköpfigen Freunde spielen in den Kämpfen ebenfalls eine kleine Rolle. Gebt ein paar Münzen aus - je mehr, desto hilfreicher -, um euch Unterstützung durch die Toads aus dem Publikum zu holen. Die springen kurz ein und fügen Gegnern Schaden zu oder geben euch Items. Es ist kein essenzieller Support und zu teuer, um ihn ständig anzufordern, aber nett anzuschauen ist es auf jeden Fall, wenn sich nach und nach die Ränge rund um die Kampfarena füllen und euch Horden an Toads anfeuern.

Bei besagten Kämpfen gegen die Origami-Schergen setzt Entwickler Intelligent Systems auf ein brandneues System in Form einer auf beweglichen konzentrischen Ringen angelegten Arena. Zu Anfang einer Runde stehen die Gegner hier mal mehr, mal weniger kreuz und quer auf den Ringen verteilt um euch herum. Eure Aufgabe ist, sie so gut es geht, in eine Viererreihe (für Stiefelsprünge) oder in eine Vierergruppe (für Hammerschläge) direkt neben euch anzuordnen. Gelingt euch das optimal, erhält Mario noch einen hilfreichen Schadensbonus - und ja, den möchtet ihr so oft es geht haben!

Anfangs stellt euch das nicht vor große Herausforderungen, je weiter ihr vorankommt, desto kniffliger gestalten sich manche Kämpfe. Es ist so, als müsstet ihr vor jeder Kampfrunde erst einmal eine kleine Denksportaufgabe absolvieren. Eine gute Beobachtungsgabe und räumliches Denken sind gefragt, um die Widersacher in die korrekte und für euch effizienteste Aufstellung zu bringen. Und dabei habt ihr noch den Druck eines Zeitlimits im Hintergrund, denn ihr habt anfangs 30 Sekunden Zeit zur Anordnung der Kreise, was sich später mit Items erhöhen lässt - oder ihr kauft gegen Münzen zusätzliche Zeit, was nicht günstig und somit keine regelmäßige Option ist. Es soll ja nicht zu einfach sein.

Und nicht zu vergessen: Die Ringe lassen sich dabei nicht beliebig drehen und verschieben, die Zahl eurer Züge ist hier ebenso beschränkt. In den meisten Fällen habt ihr je nach Anzahl der Origami-Gegner zwei oder drei Ringzüge zur Verfügung. Und macht euch keine Sorge, wenn euch die Lösung mittendrin in den Sinn kommt. Sofern das Zeitlimit noch nicht abgelaufen und noch nicht alle Bewegungen aufgebraucht sind, lässt sich alles zurücknehmen und von vorne beginnen - wobei die Uhr natürlich weiter tickt!

Ein höchst spannendes Element, das die Kämpfe frisch hält und euch vor immer neue Herausforderungen stellt, an die ihr euch anpasst. Ich denke da zum Beispiel an die Origami-Buu-Huus, die zu Anfang der Runde auftauchen und dann unsichtbar werden - prägt euch ihre Positionen schnell und gut ein, um sie korrekt zu platzieren! Und dabei setzt ihr nach Lust und Laune eure Items unter Berücksichtigung der gängigen Einschränkungen ein, zum Beispiel solltet ihr mit euren normalen Stiefeln nicht auf stachelige Gegner hüpfen und so weiter. Abseits der Standard-Stiefel und des Standard-Hammers gehen indes sämtliche Items nach einer bestimmten Nutzungsdauer kaputt, aber im Grunde mangelt es euch nie an Ausrüstung. Die Entwickler haben eine gute Balance gefunden.

Die Bosskämpfe laufen ähnlich ab, wenngleich die Oberschurken hier in der Mitte stehen und Mario außen. Hier kommt's ebenso auf die richtige Anordnung einzelner Ringe und Felder an, mit denen ihr Mario rund um den Boss herum schickt, Schadensboni einsammelt oder eure Gesundheit mit Herzen auffrischt. Und das unter Berücksichtigung der Fähigkeiten der einzelnen Bosse, die zum Beispiel einzelne Felder verändern oder unbrauchbar machen. Hier findet jeder den für sich besten Weg, ohne einer perfekten Route folgen zu müssen - genügend Optionen dafür bietet euch das Spiel.

Das ganze System ist definitiv spannender und unterhaltsamer als das, was ihr zuletzt in der Reihe zu sehen bekamt. Es mangelt erneut an Erfahrungspunkten, die ihr sammelt, wenngleich sich Mario im Spielverlauf verbessert. Und dazu dienen hier halt einfach keine Erfahrungspunkte, vielmehr findet ihr an bestimmten Stellen KP-Max-Plus-Herzen, die eure Gesundheit und Stärke permanent erhöhen. Und seid versichert: Anfangs habt ihr das Gefühl, das Spiel überschüttet euch mit Goldmünzen. Was es aus gutem Grund tut. Wenn ihr euch später mit Items eindeckt oder andere Ausrüstung kauft, die euch zum Beispiel in Kämpfen mehr Zeit, Gesundheit und Verteidigung verschaffen, geht das ganz schön ins Geld und ihr seid froh um jede Münze, die Mario zuvor in seine Tasche steckte.

Eine weitere Fähigkeit von Mario, die er im Zusammenspiel mit Olivia nutzt, sind seine Faltarme. Die setzt ihr an bestimmten Stellen ein, um eine Wand oder eine Tür aufzureißen, ebenso spielen sie in den Bosskämpfen eine Rolle. Das alles verändernde Feature sind sie indes nicht, dafür sind sie im Endeffekt zu wenig im Einsatz, da hat das neue Kampfsystem die größeren Auswirkungen auf den Spielverlauf. Und ja, ihr habt in The Origami King in Gefechten wieder Partner an eurer Seite. Wenngleich diese eingeschränkt sind, ihr habt keine direkte Kontrolle über sie und sie agieren automatisch - und ab und an geht einer ihrer Angriffe daneben, was in dem Moment weniger hilfreich ist. Weiterhin klinken sie sich vor den Dungeons und den dortigen Bosskämpfen aus, was enttäuschend ist. Schade, dass Intelligent Systems in diesem Aspekt nicht noch mehr zurück in Richtung der Klassiker geht.

Am Ende ist nicht ganz die komplette Rückkehr zum Alten, es geht aber stark in diese Richtung. Und das sind gute Nachrichten für Fans. Intelligent Systems liefert mit The Origami King ein bezauberndes Spiel voller witziger Ideen und unterhaltsamer Passagen ab, in dem ihr jede Ecke der abwechslungsreich gestalteten Welten gerne erkundet und dabei ein neues, spannendes Kampfsystem vor die Nase gesetzt bekommt. Vorbei sind die Zeiten des nervigen Inventar-Managements in Sticker Star, hier steckt ihr alles ein, was ihr unterwegs findet, und setzt es nach Lust und Laune in den Gefechten ein, die eure Fähigkeiten durch die Kämpfe und das Anordnen der Gegner jetzt in doppelter Hinsicht auf die Probe stellen. Haben euch die letzten beiden Teile nicht zugesagt, dann gebt The Origami King auf jeden Fall eine Chance! Die Kurve hat Intelligent Systems damit definitiv gekriegt, bis zum Ziel sind es aber noch ein paar Schritte, die dann hoffentlich das nächste Paper Mario geht.


Entwickler/Publisher: Intelligent Systems/Nintendo - Erscheint für: Switch - Preis: zirka 60 Euro - Erscheint am: 17. Juli - Getestete Version: Switch - Sprache: Deutsch - Mikrotransaktionen: nein


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