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Warum der Microsoft Flight Simulator auch auf der Xbox einer der Meilensteine der Softwaregeschichte ist

Selbst auf der kleinen Konsole lässt sich nun die ganze Welt von oben bewundern.

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Das derzeit beeindruckendste Stück Software, das sich Spiel nennt. Zumindest bis zum nächsten Microsoft Flight Simulator.

Der Microsoft Flight Simulator ist eine so wunderbare Errungenschaft, dass man gar nicht so richtig weiß, wo man anfangen soll. Aber vor Ehrfurcht erstarren hilft nicht, also starte ich mal banal: mit dem Game Pass. Der Flight Sim war immer mit das teuerste Programm im Regal. Angefangen in der grauen Urzeit, in der ich den Flight Simulator 4 1989 im Kaufhaus anschmachtete - schließlich sah er so viel besser aus als meine nur ein Jahr jüngere 3.0 Version -, aber er war mit fast 200 Mark unerschwinglich. Spätere Versionen fielen in ihrer Grundfassung zwar auf normales Niveau, ließen sich aber nach wie vor praktisch alle detaillierteren Szenarien extra vergolden. Jetzt habt ihr den Flight Simulator für 12,99 im Monat, dazu gibt es noch weit über 100 andere Spiele. Vielleicht war früher irgendwas besser, aber die Menge der herausragend guten Spiele, die ich für kleines Geld bekomme, sicher nicht.

Dann ist da der Flight Simulator selbst. Im Grunde bietet er zwei Faszinationen im Doppelpack: Zum einen die Erfahrung, ein Flugzeug zu steuern. Mit all den vielen kleinen Details, die dazugehören. Zum anderen ist es das Aus-dem-Fenster-gucken und die Welt zu erkunden. Diese war damals sehr klein, eigentlich bestand sie aus Chicago und das aus drei Häusern. Ansonsten war die Erde zwar nicht flach, aber sehr leer und eben. Davon, sie eines Tages mit all ihren Bergen, Flüssen, Seen, Städten und was es sonst noch so gibt, zu überfliegen, träumten wir höchstens. In unseren kühnsten Träumen konnten wir uns nicht vorstellen, dass es noch zu unserer Zeit so aussehen würde, wie es das jetzt mit dem neuen Flight Simulator möglich ist. Schon gar nicht auf einem Gerät, das so viel kostet wie damals eine Soundkarte.

Bucket-List-Material: Einmal mit einer kleinen Turboprop über den Everest segeln.

Ich muss zugeben, dass für mich die Details des Fliegens nie wirklich wichtig waren. Navigation und Funkfeuer sind für andere, ich brauche Gas, Ruder und gerne auch mal das Fahrwerk. Ich bin Tourist, kein Hobbypilot und aus dieser Sicht ist die neue Xbox-Version natürlich ideal. Schön auf Sicht am großen TV fliegen, mit zwei Sticks und drei Tasten. Die bange Frage ist dabei natürlich, wie gut die neue Xbox Series X das packt. Schließlich hat selbst das Vorzeigemodell der Xbox-Reihe weniger im Kasten als ein großer Gamer-PC. Kein Wunder, kostet sie doch nur 500 Euro, dafür bekommt man ja aktuell kaum eine gute Grafikkarte. Und nein, mit 4K mit 60 Frames wird man hier nie aus dem Fenster der Flieger gucken dürfen. Aber in WQHD auf der Series X, 1080p auf der kleinen Series S und mit 30 Frames macht das Gucken kaum weniger Spaß. Diese 30 Frames sind auf der Series X praktisch festgemeißelt, aber auch auf der S wird nur im kleinsten Bereich mal gewackelt, wenn überhaupt. Leicht abgespeckt wird im Vergleich zum PC auch bei den Reflexionen und Wolkenberechnungen, aber alles im zu vernachlässigenden Bereich. Das ist auch auf Xbox ein hinreißend schönes Spiel. Allerdings nur auf der Series X und S, auf der One, egal welcher, wird es leider nicht mal zum Herunterladen angeboten.

Der größte Trick des Flight Sim ist natürlich das Streamen der Datenmassen, und zwar nur der, die gerade gebraucht werden. Ansonsten bräuchte es ein paar mehr Festplatten, um die ganze Welt mit allen Details abzubilden. Streamen kann die Xbox, kein Problem also. Außer natürlich man muss gerade mit 20 Mbit leben. Das ist schon arg an der Grenze, was diese Technologie zum Laufen braucht. Ein Flug über Berlin mit 7 oder 8 MBit machte das klar: Direkt nach dem Start in Tegel kam der Flight Sim noch mit, aber hinter Wedding begann die Welt in klobige Blöcke zu zerfallen - das Basis-Paket des Planeten, das auf der Platte liegt. Das Bode-Museum ließ sich bestenfalls an der Form erkennen. Dann wurde auf 100 Mbit umgeschaltet und die Welt sah gleich anders aus.

Die Wolkenformationen sind nicht ganz so beeindruckend wie auf PC, aber immer noch mehr als gut genug.

Perfekt? Ganz sicher nicht. Wenn ihr über eine Stadt fliegt, die ihr nicht kennt, dann glaubt bloß nicht, dass vor Ort alles genau so aussieht. Das machte der schnell gestreamte Flug über Berlin klar. Bei manchen Gebäuden rät das Programm einfach, was das für Häuser sein könnten. So gibt es im Tegeler Hafen im Norden Berlins eine Neubau-Siedlung auf einer Insel, die hier im Spiel auch zu finden ist. Allerdings besteht sie hier komplett aus vierstöckigen Altbauten. Während sich solche Algorithmus-Fehleinschätzungen leicht verzeihen lassen, fallen ein paar touristisch wertvolle Plätze schon eher auf: Die Siegessäule ist eine leere Plattform, das Brandenburger Tor nun ein Haus, das Dach des Doms wird gezeigt, liegt aber platt auf dem Boden. All das ist nachvollziehbar, wenn man bedenkt, wie hier jeder Ort auf der Welt von einem Algorithmus auf Basis von Satellitendaten interpretiert werden muss. Aber wenn man sich vor Ort auskennt, dann ist es trotzdem schräg. Bis zur ultimativen Perfektion fehlen halt noch ein paar Jahre.

Man arbeitet schon daran und von Hand überarbeitete Orte wie New York, Giza oder der Mount Everest sehen schlicht atemberaubend aus. Kann man hier präzise auf der 5th Avenue landen? "Man" schon, ich nicht, zumindest nicht, ohne irgendwo dagegen zu donnern. Trotzdem, auch wenn ihr diese markanten und aktuell wenigen Orte verlasst, bleibt die Faszination. Wann kann man schon über den Regenwald von Mittelamerika aktiv fliegen und weiß, dass es da unten zumindest in etwa so aussieht. Wenn man eben nicht exakt jedes Haus eines kleinen Kaffs namens Volcan sehen muss.

Warten auf das Mitteleuropa-World-Update: Die Interpretation von Berliner Sehenswürdigkeiten ist aktuell noch ein wenig Glückksache.

"Neue" oder vielmehr nun überarbeitete Inhalte wie Japan, Skandinavien oder England und Irland gibt es bereits und schlagen mit ein paar Gigabyte extra zu Buche. Die fallen neben den 100 GB vom Start weg nötigen gar nicht weiter auf. Diese "World-Updates" kosten auch nichts, aber keine Sorge. Es gibt mehr als genug im Shop für viel Geld zu holen und hier kommt auch auf der Xbox der nicht kleine Drittanbieter-Markt ins Spiel: Detailliert ausgearbeitete Flughäfen schlagen mit 10 bis 20 Euro zu Buche, Flugzeuge wie die unglückselige 737 Max liegen in ähnlichen Bereichen. Dazu kommen neue Aktivitäten wie das Jetliner Paket (23 Euro), mit dem ihr gucken könnt, wie Start, Landung und Katastrophenfall in einem Airbus A320 so kommen. Die Flughäfen sind dabei wirklich für die ganz harten Pros, denn prinzipiell gibt es sie ja bereits im Spiel. Nur nicht so schön. Und mit dem Basispack an Fliegern solltet ihr auch schon ein wenig beschäftigt sein. Herauszufinden, wie eine 747 mit allen Idiotenhilfen startet, kostete mich allein 20 Minuten...

Bandbreite ist aber gefragt, sonst bekommt ihr nur die 'Basis'-Version.

Es gibt natürlich ein paar mitgelieferte spielerische Inhalte, die sich vornehmlich um die grundlegende Technik drehen. Wo ein Pilotwings sich am anderen Ende des Realitätsbewusstseins darum dreht, unter Felsbrücken durchzufliegen, heißen die Herausforderungen hier Start, Landung und Navigation unter immer widrigeren Bedingungen. Wer ein paar Stunden exaktes Fliegen in Patagonien oder Nevada üben möchte, findet das als gestecktes Ziel, aber es muss euch klar sein, dass die Erde euer Spielplatz ist und ihr euch die Ziele selbst suchen müsst. Sofern ihr nicht für 27 Euro das IFR-Schulungspaket kauft. Klingt nicht mal teuer, wenn man bedenkt, dass ihr danach zumindest eine lose theoretische Vorstellung vom Instrumentenflug einer 747 habt. Ihr dürft euch also melden, wenn es an Bord Fisch gab, ihr die Nudeln hattet und gefragt wird, ob einer der Passagiere Pilot ist.

Einer der wenigen echten Bugs: Der grönländische Flughafen Nuuk sieht in echt wohl nicht ganz so knallig bunt aus...

So nett das alles für den Hardcore-Piloten sein mag, ich lud brav die World-Updates runter, war kurz versucht, den Eurofighter zu kaufen und beließ es dann bei dem, was ich hatte. Sicher, das echte Sim-Feeling kommt erst mit dem richtigen Equipment auf und eigentlich braucht man schon mindestens einen Joystick. So ein Thrustmaster Hotas wäre nicht verkehrt. Oder doch nicht? Kommt darauf an, was ihr tun wollt. Einmal die Welt angucken, das geht auch gut mit dem Pad. Aber echtes Sim-Feeling? Bereitet euch auf Upgrades vor, Thrustmasters Einsteiger Paket (Amazon.de) mit Stick und Pedalen liegt bei grob 200 Euro. Definitiv ein mittelfristiges Muss für jeden, der hier Gefallen findet, aber bis dahin reicht es, das Spiel einfach mal im Pass runterzuladen und so zu starten.

Ich krieg dich schon noch in die Luft! Bei der großen Maschine wird es dann etwas komplizierter.

Und ja, der Microsoft Flight Simulator hat in mittlerweile fast 40 Jahren nichts an Faszination eingebüßt. War man damals glücklich, dass es eine Horizontlinie gab, die sich bewegte, könnte nichts besser den Fortschritt im Gaming illustrieren, als dass nun die ganze Welt mit vielleicht nicht all ihren, aber doch ziemlich vielen unglaublichen Details zu bereisen ist. Der Sprung dieses aktuellen Meisterwerks vom großen PC auf die kleine Xbox Series hat hervorragend funktioniert. Selbst wenn ihr nur eine niedliche Series S habt, wird euch der ganze Spaß geboten. Es wurde nur an Stellen eingespart, an denen man es verschmerzen kann und der Flug mit dem Controller ist zwar nicht ganz die Erfüllung, aber einem Upgrade steht ja nichts im Wege. Außer der Aufbau des eigenen Wohnzimmers vielleicht. Ansonsten ist der Flight Simulator auch auf der Xbox schlicht eine der beeindruckendsten Errungenschaften in Sachen Gaming oder überhaupt Software. Er ist nicht perfekt. Das wird er wahrscheinlich nie sein. Aber für den Moment lässt sich klar sagen: Das ist so real wie die Realität, das wird nie mehr besser als das. In dem festen Wissen, dass es das werden wird. Der ewige Zyklus des Flight Simulator, laufende 40 Jahre und kein Grund aufzuhören.

Den Test zur PC-Version des Flight Simulator findet ihr hier.

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