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Retro auf Raten - Wii Virtual Console

Super, Nintendo!

Ganz abgesehen davon, dass das SNES bis Mitte der Neunziger für mich stets die Konsole war, die immer nur „die Anderen“ hatten, war ich insgeheim natürlich schon ein bisschen neidisch. Den zeitlichen Vorspung meines Mega Drive von zwei ganzen Jahren sah man den Spielen leider überdeutlich an: Irgendwie grauer und statischer, einfach weniger lebendig als vergleichbare Super Nintendo Games – und Nintendos Flaggschiff sollte sogar noch einen Gang zulegen.

Scheinbar wach geküsste Entwickler sorgten dafür, dass einstmals eingefahrene Konzepte auf dem SNES zur absoluten Perfektion gediehen und bahnten neuen, komplexeren Prinzipen und Themen den Weg in die Wohnzimmer. Doch das ist mittlerweile ein Fall für die Geschichtsbücher. Um zu sehen, wie einflussreich das Super Nintendo für die Entwicklung des Videospiels war, genügt ein Blick auf Xbox 360 und Playstation 3 – mehr als 15 Jahre später folgen deren Game-Controller prinzipiell noch immer dem Layout, dass das Super Nintendo einst vorgab. Zeitlose Bedienergonomie eben, die erst Nintendo selbst wieder in Frage zu stellen wagte.

Alle Super Nintendo-Spiele im Wii-Shop-Kanal kosten Euch 800 Wii-Punkte und setzen einen Classic- oder Gamecube-Controller zwingend voraus. Die PAL-Anpassung lässt erneut zu wünschen übrig. Zwar behandelte Nintendo alle SNES-Titel eine Weile auf der Streckbank und reduzierte so die Balkenbildung, mit dem Geschwindigkeitsverlust gegenüber den NTSC-Fassungen müsst Ihr aber erneut leben.

Super Castlevania IV

  • Entwickler: Konami
  • Erschienen: 1991
  • PAL-Optimierung: Nein

Super Castlevania IV ist eigentlich keine Fortsetzung der NES-Erfolgsreihe, sondern das SNES-Remake des 1986 erschienenen ersten Teils. Das ist – zumindest in Japan – offiziell. Man kann nur raten, warum die Geschichte für westliche Gefilde so verbogen wurde, dass man glauben musste hier tatsächlich den vierten Teil der Saga vor sich zu haben. Trotzdem: Zumindest spielerisch ist Super Castlevania IV alles andere als eine Mogelpackung.

Erneut macht sich Simon Belmont auf, Draculas Schloss vom Tor bis zur Zinne auf den Kopf zu stellen und dem Blutsauger die schmucken Eckzähne mithilfe seiner praktischen Peitsche zu ziehen. Das macht dank feinem Leveldesign und stimmungsvoll-barockem Soundteppich auch heute noch mehr als genug Spaß, um den Kaufpreis von 800 Wii-Punkten zu rechtfertigen.

Schon damals war das mittelalterliche Actionspektakel ein beliebtes Anschauungsobjekt für die technische Überlegenheit des SNES. Hier werden Sprites gezoomt, rotiert und mit Transparenzen verziert, dass es eine Freude ist. In gewisser Weise ist Super Castlevania IV die Quintessenz dessen, was die Serie ausmacht. Zu schade, dass es bis heute scheinbar unmöglich ist, dieses Erlebnis angemessen in die dritte Dimension zu transportieren.

Wertung: 4/5 Goldmünzen!

Donkey Kong Country

  • Entwickler: Rare
  • Erschienen: 1994
  • PAL-Optimierung: Nein

Dieses Spiel hat selbst unbeliebten Kindern regelmäßige Besuche neuer „Freunde“ garantiert. Und ich geb’s zu: Ich war auch einer von der Sorte, die sich an den Spielen Anderer nicht satt sehen konnte – Arnold, wenn Du dies liest: Es tut mir leid, dass ich Dir so oft auf die Nerven gegangen bin!

Donkey Kong Country übte damals eine geradezu krankhafte Anziehungskraft aus. Das lag weniger an revolutionärem Spieldesign als an der geradezu fantastischen Grafik. Rein spielerisch war und ist DKC nämlich eigentlich „nur“ ein solider Hüpfer, der sich mehr als nur eine Idee vom großen Vorbild Super Mario World lieh.

Trotzdem ließen sich Spieler wie Fachpresse von den vorgerenderten Primaten, der stilsicheren, charmanten Aufmachung und dem flotten Spielablauf einlullen wie nie zuvor: Unzählige Awards und Bestnoten waren die Folge. Noch heute entdeckt man gelegentlich einen Games-Journalisten, der seine Hype-Wertung von damals gerne ungeschehen machen würde. Freunde kultivierter Jump’n’Runs machen mit DKC aber immer noch einen sehr guten, wenn auch nicht überragenden Fang, der nur wenig gealtert ist.

Wertung: 4/5 Goldmünzen!

F-Zero

  • Entwickler: Nintendo
  • Erschienen: 1991
  • PAL-Optimierung: Nein

Der absolute Totschläger unter den Argumenten für das Super Nintendo hieß „Mode 7“. Und wer diese frühe Mapping-Variante zu Beginn der Neunziger das erste Mal sah, wird sich noch gut erinnern warum. Dieses siebte und letzte Renderingverfahren des SNES erlaubte es, eine Textur flüssig zu kippen, zoomen und rotieren – so erzeugten beispielsweise Super Mario Kart und eben auch F-Zero die Illusion, sich in die Tiefe des Bildschirms hinein zu bewegen. Dass man mit seinem Sprite-Fahrzeug lediglich eine angeschrägte Streckentextur abfuhr, war uns damals vollkommen egal.

F-Zero begründete das Untergenre der Future-Racer, ohne dass Ihr, wie bei vielen späteren Trittbrettfahrern – zum Beispiel Psygnosis’ Wipeout oder Acclaims Extreme-G – mit dicken Waffen auf das weitere Fahrerfeld anlegen würdet. Hier steht noch das Renngeschick im Vordergrund, wenn Ihr in verschiedenen Gleitern unglaublich taktil ausgeklügelte Kurse bei standesgemäß dreistelligen Geschwindigkeiten absolviert. Wer es nicht schon hat, muss hier einfach zugreifen!

Wertung: 4/5 Goldmünzen!

Super Probotector – Alien Rebels

  • Entwickler: Konami
  • Erschienen: 1992
  • Pal-Optimierung: Nein

Mit diesem Stück glorreicher Konsolengeschichte habe ich auf der Virtual Console mit Abstand die meiste Zeit verbracht. Einerseits, weil es ein so unglaublich kompromissloses, spektakuläres und ewig loderndes Action-Bombardement ist, wie es kaum ein zweites gibt. Andererseits hingegen, weil ich kaum glauben konnte, dass meine Zocker-Skills in den langen Jahren unzähliger Continues und nie enden wollender Energieleisten so dermaßen eingerostet sind, dass ich Millimeter um Millimeter durch das Spiel bollern muss.

Das, meine Damen und Herren, ist Hardcore-Gaming in seiner schönsten, aufregendsten und Spezial-Effekt-gespicktesten Form. Und es ist jede Minute wert, die man darin investiert. Es sei denn, man kann sich nicht damit abfinden, schon im ersten Level einen Großteil seiner Leben zu verlieren. Wer bei derart fordernden Titeln allerdings einen akuten Beißreflex verspürt, sollte seine Zähne besser heute als morgen in diesem Baller-Brocken versenken. Ein besseres 2D-Jump’n’Shoot hat die Welt noch nicht gesehen.

Doch Vorsicht: Die miese Anpassung an das verkorkste Button-Layout des Gamecube-Controllers (Y = schießen, B= springen) ist ein weiteres, trauriges Beispiel für die bedauernswerte Sorglosigkeit, mit der Nintendo die VC-Titel bislang zur Verfügung stellt. Fazit: Nur mit dem Classic-Controller wirklich zu genießen.

Wertung: 5/5 Goldmünzen!

Sim City

  • Entwickler:Maxis
  • Erschienen: 1991
  • PAL-Optimierung: Nein

Wisst Ihr noch, wie das war, als Ihr Eure erste simulierte Stadt gebaut habt? Wohnhäuser, Einkaufszentren, E-Werk, Straßen, Industriebezirke – mit jeder Ausdehnung wuchs und gedieh die Ameisenmetropole in alle Bildschirmrichtungen. Energieknappheit und Kriminalität hatte man bald im Griff. Zehntausend, dreißigtausend und schließlich hunderttausend Einwohner ließen sich in Sim City nieder. Und dann? Dann hatte man eine Riesengaudi damit, mit einem Mausklick die Flüsse über die Ufer treten zu lassen, Tornados beim Strommasten-Umknicken zuzusehen und Godzilla feierlich den Schlüssel zur Stadt zu überreichen. Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen. In diesem Fall mit dem Spieler als „Herren“. Abwischen, neu starten, wiederholen.

Dieser Machtbesoffenheit durfte man sich spätestens Anfang der neunziger Jahre auf nahezu jeder Plattform hingeben. Die SNES Version hatte mit zwei zusätzlichen Szenarien, leicht veränderter Optik und dem oberschlauen Berater „Dr. Wright“ (in Anlehnung an Will Wright) durchaus einige Argumente auf ihrer Seite, ein Must-Have ist es der niedliche Städte-Sandkasten aber nicht. Sucht Ihr allerdings eine Abwechslung von den geradlinigen, aufgeregten Action-Knallereien, die die Virtual Console derzeit noch dominieren, seid Ihr hier genau richtig.

Wertung: 3/5 Goldmünzen!

Street Fighter 2 – The World Warrior

  • Entwickler:Capcom
  • Erschienen: 1992
  • PAL-Optimierung: Nein

Street Fighter 2 ist noch immer das wichtigste Prügelspiel aller Zeiten. Daran können auch Heerscharen an Minimal-Updates und unsägliche Markenmelkerei nicht rütteln. Das Super Nintendo verblüffte damals vor allem durch die, für damalige Verhältnisse, beeindruckend verlustfreie Automaten-Konversion dieses Protoypen des modernen Beat’Em Ups.

Das Spiel selbst unterschied erstmalig Schläge und Tritte dreier Stärken, ermöglichte komplexe Spezialangriffe und legte großen Wert auf präzises Timing aller Offensiv- und Defensiv-Aktionen. In gewisser Weise gab Capcom schon hier die Richtung vor, in die moderne Serien wie Virtua Fighter, Tekken oder Soul Calibur noch heute marschieren. Gerade in der PAL-Fassung, die trotz gestreckten Bilds auch auf der Virtual Console vorliegt, leiden die schnörkellosen Martial Arts-Fights aber unter dem herben Geschwindigkeitsverlust. Ein Klassiker – keine Frage, allerdings hätte ich die flinkere „Turbo“-Variante lieber gesehen.

Oder eben eine ungebremste 60Hz-Fassung, aber die bleibt wohl für’s erste ein Wunschtraum.

Wertung: 3/5 Goldmünzen!

Und vorbei...

Dies ist der vorerst letzte Teil unseres Virtual Console Test-Marathons. Die Auswahl an N64 Spielen ist derzeit noch recht mager, insofern lohnt ein separater Artikel nicht. Wir werden Euch in Zukunft aber regelmäßig über neue Titel im Wii-Shop aufklären, versprochen!

Weiter geht's mit TurboGrafx-16, NES und Sega Mega Drive.

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