Ashes of the Singularity - Test
Spektakuläre Materialschlacht. Wenn doch nur die Story auch so spannend wäre.
Mögt ihr Supreme Commander? Oder Total Annihilation? In dem Fall dürfte euch Ashes of the Singularity interessieren, Stardocks neuestes Strategiespiel, bei dem man vor allem Wert darauf legt, die technischen Aspekte in den Vordergrund zu rücken. Bedeutet konkret: Die "weltweit erste native 64-Bit-Echtzeitstrategie-Engine" soll tausende individuelle Einheiten gleichzeitig auf dem Bildschirm darstellen können. Und ihr könnt euch vermutlich schon denken, dass das eine Menge Ressourcen frisst.
Nicht umsonst verlangt das Spiel nach einer Vier-Kern-CPU als Minimum und wenn ihr alles auf Maximum stellen wollt, braucht ihr dafür schon einen leistungsstarken Rechner (siehe Seitenkasten). Um das Spiel dennoch genießen zu können, natürlich mit Einschränkungen bei der visuellen Qualität, benötigt ihr zwar bessere Hardware als meist üblich, aber zu hoch sind die Mindestanforderungen nun auch nicht. Damit ihr feststellen könnt, welche Einstellungen ihr verwenden solltet, gibt es ein praktisches Benchmark-Tool, das direkt ins Spiel integriert ist.
Die Einflüsse von den zu Beginn genannten Titeln sind jedenfalls nicht von der Hand zu weisen, aber das heißt nicht, dass Ashes of the Singularity nur eine simple Kopie wäre, obwohl es natürlich gewisse Merkmale mit den Vorbildern teilt. Ihr könnt etwa von ganz nah bis ganz weit entfernt rein- oder rauzoomen und so entweder einfach die Action von nahem genießen oder euch einen Überblick verschaffen - strategische Karte inklusive. Und das Reinzoomen lohnt sich nicht nur wegen des Blicks auf die detaillierten Einheiten, die tolle Soundkulisse trägt hier ihren Teil zur tollen Schlachtfeldatmosphäre bei, während unzählige Laser, Raketen und andere Geschosse durch die Umgebung huschen. Besonders mit hunderten Einheiten sieht das ziemlich spektakulär aus - und bringt euren Rechner ins Schwitzen.
Was die Rohstoffbeschaffung anbelangt, orientieren sich die Entwickler eher an einem Company of Heroes. Die Rohstoffpunkte sind quer über die Karte verteilt. Um möglichst viel Nachschub zu bekommen, müsst ihr also zwangsweise expandieren und könnt euch nicht in eurer Ecke einigeln, bis ihr euch wohl genug fühlt. Als Hauptrohstoffe dienen dabei Metall und Uran, die ihr mal exklusiv, mal gemischt oder auch mal gar nicht bei bestimmten Kontrollpunkten finden könnt. Außerdem gibt es noch Turinium, das auf bestimmten Maps eine Siegbedingung ist, und Quanta, das ihr einerseits für Upgrades einsetzen könnt - höheres Einheitenlimit, mehr Ressourcen lagern, etc. -, andererseits nutzt ihr es für Orbitalangriffe und andere Specials wie Guerrillangriffe.
Im Endeffekt müsst ihr also mit verschiedenen Rohstoffen zugleich zurechtkommen und dabei den Überblick behalten. Sobald ihr ein Gebäude zum Ressourcenabbau errichtet, fließt der Rohstoff automatisch in euer Lager, bis es voll ist. In Ashes of the Singularity könnt ihr diese Ressourcen direkt einsetzen, während ihr sie sammelt. Baut ihr gerade nichts, könnte neben der Metallanzeige zum Beispiel "+5" stehen, wodurch eure Lager schnell gefüllt werden. Ein neuer Bauauftrag senkt das Ganze dann womöglich auf "+2", womit ihr zwar euer Lager weiterhin auffüllt, aber eben langsamer. Erst wenn diese Zahl durch mehrere Bauaufträge gleichzeitig ins Minus rutscht, wird der Vorrat in eurem Lager angezapft. Dadurch müsst ihr auch ein bisschen vorausdenken und abwägen, was ihr gerade eher gebrauchen könnt. Und dabei spielt die schon erwähnte Expansion eine Rolle: Je mehr Rohstoffquellen ihr unter Kontrolle habt, desto mehr könnt ihr produzieren. Gebt ihr nämlich zu viele Konstruktionen gleichzeitig in Auftrag, kann euer Rohstoffvorrat schnell schwinden und ihr bekommt in kritischen Situationen womöglich Probleme, wenn die Produktion stockt.
Was den Umfang betrifft, bietet euch Ashes of the Singularity quasi das Strategie-Standardprogramm. Mit dabei ist unter anderem eine Kampagne, die euch wiederum mit den Hintergründen, Motivationen und Gründen vertraut macht, weswegen ihr hier in den Krieg zieht - sonderlich spannend ist das alles aber dennoch nicht. Die Einsätze ziehen sowohl in puncto Schwierigkeit als auch hinsichtlich der Einheitenzahl Stück für Stück an. Habt ihr anfangs noch nicht allzu viele Truppen unter Kontrolle, werden es später immer mehr und mehr, wobei allmählich verschiedene Truppentypen freigeschaltet werden. Man wirft euch also nicht einfach ins kalte Wasser, sondern bringt euch erst mal in ein paar Einsätzen die Basics bei, bevor ihr massenhaft Kriegsgerät aus dem Boden stampft.
Ashes of the Singularity baut dabei öfter mal Drucksituationen auf. In einer Mission müsst ihr später beispielsweise einem Ansturm der Feindkräfte widerstehen, der sich über mehrere Wellen erstreckt. Wer hier nicht gut vorbereitet ist, sieht schnell kein Land mehr. Am Ende schaffte ich den Sieg gerade so, als nur noch wenige meiner Verteidigungskräfte und Defensivanlagen übrig waren, also buchstäblich in letzter Sekunde. In einem anderen Einsatz bewegt sich ein gigantischer Gehirnwal (kein Witz) langsam über die Karte in Richtung eurer Basis. Bis er dort ankommt, müsst ihr eine schlagkräftige Armee aufgebaut haben, die diesem wirklich mächtigen Feind und seiner Eskorte Einhalt gebieten kann. Auch das war wieder eine knappe Angelegenheit. Am Ende hatte ich noch eine Handvoll Artilleriekreuzer übrig, die dem anrückenden Feind das letzte Bisschen Lebensenergie raubten, nachdem meine Hauptflotte und die Gehirnwal-Eskorte sich gegenseitig aufgerieben hatten.
Ein bisschen Trial and Error ist in den Missionen mitunter schon dabei. Das gilt vor allem dann, wenn ihr von den eher klassischen Strategiespielen kommt. In Ashes of the Singularity müsst ihr einfach größer denken. Anders gesagt: Je mehr Einheiten ihr in Massen produziert, desto besser. Natürlich solltet ihr währenddessen darauf achten, eure Armeen möglichst ausgewogen zu gestalten. Ein großer Truppenverband bringt euch nämlich wenig, wenn er sich nicht gegen Angriffe aus der Luft zur Wehr setzen kann oder überwiegend aus den schwächsten Einheiten besteht. Aber wie schon gesagt, es reicht selten aus, wenn ihr nur ein paar Einheiten oder Verteidigungsanlagen produziert. Dass die Rohstoffe konstant in euer Lager fließen, hat schon seinen Sinn. Investiert das Zeug, damit ihr für alles gerüstet seid.
Die Kampagne des Spiels besteht derzeit aus einer einzelnen Episode, die wiederum elf Missionen umfasst. Je nachdem, wie gut ihr euch in diesen Einsätzen schlagt, sollte euch das für rund zehn Stunden beschäftigen. Was Stardocks Zukunftspläne betrifft, so will man Ashes of the Singularity um weitere Episoden ergänzen und obendrein den Steam Workshop unterstützen, damit die Spieler untereinander selbst für Nachschub sorgen können.
Abseits dessen habt ihr außerdem noch Multiplayer- und Skirmish-Modi. Darin bietet man euch mit insgesamt 25 Maps einiges an Abwechslung. Jedes der Schlachtfelder ist in verschiedene Regionen aufgeteilt, in denen ihr Generatoren und zudem noch neutrale Einheiten findet. Hier kommt es vor allem auf eine schnelle Expansion an, wobei ihr unterwegs auf eurem Weg alles mitnehmen solltet, was möglich ist. Ihr müsst euch also gleichzeitig um die Vergrößerung eures Machtbereichs, den Nachschub an Truppen und die Verteidigung bereits eroberter Punkte kümmern. Spielbar sind hier neben der Post Human Coalition auch die Aliens, mit denen ihr es in der Kampagne zu tun bekommt. Beide Seiten spielen sich angenehm unterschiedlich und sind nicht einfach nur eine Eins-zu-eins-Kopie mit anderem Einheitendesign.
Was das Truppenaufgebot anbelangt, ist hier Vieles vertreten. Angefangen von kleinen Fregatten, die oftmals als Kanonenfutter dienen, über Kreuzer in Artillerie-, Luftabwehr- oder Sniper-Varianten bis hin zu kilometerlangen Dreadnoughts ist einiges vorhanden, was ihr ins Gefecht schicken könnt. Die Dreadnoughts sammeln obendrein noch Erfahrung, was bei ihnen aufgrund ihres Durchhaltevermögens am meisten Sinn macht. Dadurch können sie nicht nur im Rang aufsteigen, sondern zusätzlich neue Fähigkeiten erhalten, was sie zu noch gefährlicheren Kontrahenten macht.
Die native 64-bit-Engine und die mindestens erforderliche Vier-Kern-CPU spielen nicht nur bei der Darstellung der zahlreichen Einheiten eine Rolle, sondern gleichermaßen bei den KI-Berechnungen. Computergegner haben ihre Umgebung genau im Auge, um auf neue Situationen und Manöver zu reagieren. Das macht sie zugleich anfällig für Fehler, die ihr ausnutzen könnt. Es ist zum Beispiel möglich, einen Feind mit gezielten Attacken abzulenken oder dafür zu sorgen, dass der Gegner seine Aufmerksamkeit eher auf eine größere Flotte mit euren günstigsten Fregatten lenkt, während ihr dann aus dem Hintergrund eure schlagkräftigeren Truppen heranrücken lasst und ihm ordentlich zusetzt. Das Verhalten wirkt dadurch realistischer und hinterlässt wiederum auch bei euch ein befriedigenderes Gefühl, wenn ein solches Manöver funktioniert.
Manchmal erschienen mir meine Truppen allerdings ein wenig zu eigenständig. Immer wieder musste ich in bestimmten Situationen mehrere Male klicken, damit eine Einheit sich auf den Weg zurück in meine Basis macht, nachdem sie diese selbstständig verlassen hatte, um wohl einem Gegner zu folgen oder zum Angriff überzugehen, was bei einer Konfrontation mit der Feindgruppe aber wohl ihre Vernichtung bedeutet hätte. Eine Optimierung wäre in dem Fall wünschenswert, damit einzelne Schiffe nicht grundlos in ihr Verderben schweben. Leider gibt es keine Möglichkeit, Taktiken für Einheitengruppen festzulegen, mit denen sie à la Age of Empires entweder eher defensiv oder aggressiv reagieren. Daher müsst ihr ein bisschen darauf achten, dass eure Truppen nicht zu übermütig werden.
Spielerisch macht Ashes of the Singularity auf jeden Fall Spaß und es ist eine Freude, mit anzusehen, wie sich teils hunderte Einheiten in eine Schlacht stürzen, unzählige Geschosse über den Bildschirm huschen und die Soundkulisse den Eindruck erweckt, als wärt ihr mittendrin. In diesen Momenten kann das Spiel wirklich glänzen, allerdings mangelt es ihm vor allem in der Singleplayer-Kampagne irgendwo auch am Motivationsfaktor. Ihr bringt zwar Planet für Planet unter eure Kontrolle, aber so richtig vom Hocker reißt euch die Geschichte wiederum nicht. Das alles plätschert so ein bisschen vor sich hin, ohne euch wirklich in seinen Bann zu ziehen oder Bezugspunkte aufzubauen, wofür in einem StarCraft 2 ja zum Beispiel die Charaktere sorgen. Doch selbst abseits dessen bietet Ashes of the Singularity wenig, was man nicht schon mal irgendwo gesehen hat. Dass macht es nicht schlecht und mindert nicht den Spaß, den ihr in den Kämpfen verspürt, aber irgendwo fehlt einfach das Besondere am Spiel. Spätere Episoden und der Steam Workshop könnten hier womöglich noch einiges herausreißen, aber das ist derzeit eben noch Zukunftsmusik.