Assassin's Creed 3 - Vorschau
Lebe, um in deiner Brust den kleinen Funken himmlischen Feuers, das sich Gewissen nennt, nicht verlöschen zu lassen
Assassin's Creed 3 spielt zur Zeit des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges. Es spielt nicht im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg. Eine kleine, aber ziemlich wichtige Unterscheidung, die man treffen muss, wenn man die Bandbreite beschreibt, die der endlich neu nummerierte Teil der zuletzt mit Assassin's Creed: Revelations etwas bedeutungslosen Serie anstrebt.
Gleichzeitig ist ist zwar eine neue Welt, ein neuer Assassine, aber doch ein alter Konflikt. In den Jahren von 1753 bis 1783, über 30 Jahre also, wird die Geschichte von Connor, einem Halb-Mohawk erzählt. Der Krieg um die Motive von Freiheit von Unterdrückung, Steuerzahlungen, Selbstbestimmung und Macht beginnt für ihn nur als Randepisode. Im Vordergrund der eigentlichen Handlung wird der Kampf hinter den Kulissen der Welt ausgetragen, Templer gegen Assassinen. Wie der zuletzt ja weitestgehend komatöse Desmond hier eingebunden sein wird, bleibt für den Moment völlig offen. Diese Erzählebene in 2012 wird vom aktuellen Jahr 2012 eingeholt werden, wenn das Spiel wie geplant im November erscheint, aber inwieweit das eine Auswirkung hat, ob es eine Auswirkung hat, das dürft ihr raten und posten. Wir gucken dann Ende des Jahres, wer der Wahrheit am nächsten kam.
Zurück also zu Connor und seinem Zeitalter. 1753 und in den Folgejahren ist er noch kein Assassine, sondern ein... Trapper? Vielleicht. Er wird als jemand beschrieben, der in dieser New Frontier zu Hause ist. Halb Engländer - die Identität der eingewanderten Bevölkerung war schließlich noch in der Findungsphase -, halb Indianer, kennt er das Land und bewegt sich mit der natürlichen Sicherheit eines Menschen in ihm, der sein Leben lang nichts anderes tat. Die endlosen Wälder um die genannten Städte New York, Boston und Philadelphia werden in Assassin's Creed 3 nicht heruntergespielt, sondern bilden einen guten Teil der Aktionsfläche. Vielleicht sogar den Größten, denn ein einzelner Abschnitt kann schon die anderthalbfachen Ausmaße des Roms aus Brotherhood annehmen.
Dichte Wälder, Täler, kleine Dörfer, Außenposten der Armeen - zuerst nur der einen, dann später natürlich beider -, die abgelegenen Hütten der Fallensteller und sicher irgendwo auch ein paar Indianer-Lager. Das Spiel will ein akkurates Bild des noch ungezähmten Kontinents präsentieren und nimmt sich dafür viel Platz. Sowohl zeitlich als auch räumlich, wie der Blick von einem Hügel über die Wipfel, die entfernten Häuser einer Stadt und bis zu Bergen in der Ferne zeigt. Hier demonstriert auch die AnvilNext-Engine, dass es eine neue Generation mit einer neuen Technik ist, selbst wenn es noch auf alter Hardware stattfindet. Die Sichtweite ist hoch, vor allem aber bleiben für einen Großteil dieser Strecke auch noch die Details erhalten. Für einen Zustand von Vor-Alpha sieht das hier alles schon erstaunlich gut und vor allem sogar ruckelfreier und hübscher aus, als es zum Ende hin bei der ausgereizten Anvil-Engine und Revelations der Fall war. Dass die 3 einen Sprung zu modernerer Technik hin markiert, ist also keine Frage. War es ja eigentlich auch nie wirklich.
Diese Fläche wird mit den Wundern einer Open-World gefüllt sein. Mini-Quests hier, Tiere jagen da, ein kleiner Kampf dort. Die großen Strecken sollen nicht langweilig werden, was aber auch eh keine Prämisse sein dürfte, mit der ein Spiel in die Entwicklung startet. Gezeigt wurde nur leider noch nicht so viel davon. Lassen wir uns überraschen. Auch vom Wetter. Im Sommer sind diese Wälder zwar dank gelegentlicher Wölfe oder Bären auch kein Kinderspielplatz, jedoch davon abgesehen eher freundlich und einladend. Der Winter ist es, der den Kolonien zu dieser Zeit mehr als alles andere zu schaffen macht, selbst mehr als ihr Befreiungskampf. Mehr Leute starben durch Kälte als durch Kugeln und auch für Connor soll der Winter harsch sein. Dass es eine "Erfrierungs-Mechanik" geben wird, wage ich zu bezweifeln.
Was jedoch auf jeden Fall auffällt, sind seine Bewegungen im Schnee. Nicht mal ein Assassine rennt wirklich durch Tiefschnee, es ist ein Staksen, Hopsen und auch mal tiefes Einsinken. Sehr langsam und wenig elegant. Die Leichtigkeit holt er sich bei der Bewegung auf den Bäumen zurück. Bäume sind ein neues Element für die Serie - zumindest im spielerischen Zusammenhang - und während sie in den Städten Amerikas eher kurz genutzt werden, um den Abstand zwischen zwei Häusern zu überbrücken, sind sie in der Wildnis das Jagdgebiet von Connor. Mit fließend animierten, natürlich wirkenden Bewegungen schlängelt er sich durch Astwerk, springt wie ein zu großes Eichhörnchen von Baum zu Baum und schiebt sich, wiederum ausgesprochen lebensecht anzuschauen, zwischen Baumgabelungen hindurch. Die nahtlose Kletterei, die bereits das erste Assassin's Creed an Häuserwänden berühmt machte, wurden nun - augenscheinlich erfolgreich - in die freie Wildbahn übertragen.
Hier oben hat er nicht viel zu befürchten und eine Szene scheint direkt aus dem Film "The Patriot" entlehnt. Ein Zug von Rotröcken - in Anspielung auf die roten Uniformen der Engländer - wird Mann für Mann von hinten aufgearbeitet, bis Connor den Offizier im Nahkampf stellt. Zuerst nutzt er einen Dolch an einem Seil - eine chinesische Waffe der Ära, die Assassinen scheinen global gute Connections zu haben -, um aus den Wipfeln die Ersten auszuschalten, dann geht es mit einer Art getuntem High-End-Tomahawk weiter. Der Blutgehalt und die grafisch mit viel physischer Wucht umgesetzte Gewalt, die auch schon frühere Creeds boten, kommt durch diese rohere Waffe noch mehr zur Geltung. Wiederum ein Lob an die Animations-Künstler, die keinen Frame aus den vorigen Spielen recycelten, sondern mit einer neuen Motion-Capture-Mischung hier alles für sich eigens neu definierten. Assassin's Creed 3 und seine neue Engine mögen nicht mehr ganz die Euphorie bahnbrechender Technik genießen, wie es teilweise beim Ersten der Fall war, aber es ist trotzdem ein verdammt schönes Spiel.
Das ändert sich in der Stadt nicht. Connor wird 1770 zum Assassinen, er trägt hier schon die Kluft, aber es ist nicht klar, ob der Krieg schon ausbrach, während er über dieses Dock spaziert. Wenn es jedoch nicht das ist, dann hat er sich bei den Engländern zuvor schon beliebt gemacht, denn sein Konterfei ziert den einen oder anderen Steckbrief. Der Hafen der Stadt - es könnte Tea-Party-Boston gewesen sein - zeigt sich im sommerlichen Licht. Ein späterer Eindruck präsentiert das gegenteilige Bild im tiefen Winter und es beeindruckt, wie lebendig diese Jahreszeiten in der Umgebung wirken. Während die Piers im Winter wie ausgestorben wirken, tummelt sich bei Connors Ankunft jede Menge Leben. Fässer werden geladen, Diebe gehen ihrem Handwerk nach und werfen die Frage auf, ob sie mehr als nur Deko sind, Bettler und Zeitungsblatt-Verkäufer bedrängen potentielle Geldgeber. Es mag alles ein wenig klischeehaft wirken, aber gleichzeitig sieht es doch wie eine hübsch inszenierte Filmszene aus. Gern, warum nicht. Selbst wenn ich die Aussage, dass alle diese Leute wirklich ein Leben haben, lieber so im Raum stehen lasse. Oder besser noch sage, dass sie bestimmt ein Leben haben. Innerhalb der Regeln der Rollenbeschreibung eines Statisten. Wie es wohl so sein mag, ein Leben voller Fässer zu haben?
Nach ein paar Metern über den Pier hinaus wartet schon die erste Patrouille und es ist kein Wunder, dass sie Connor sofort ausmachen. Das Assassinen-Outfit erlaubt sich mit der einen oder anderen Indianerfeder, einem leichten Gehrockschnitt und anderen Kleinigkeiten eine gewisse Annäherung an das, was man damalige aristokratische Mode im Avant-Garde-Look nennen könnte. Es fällt jedoch am Ende immer noch auf, wie ein Pfau auf einer leeren Wiese. Angeblich soll die Kleiderschau irgendwie Sinn machen, warten wir es ab. Die Rotröcke sind nicht getäuscht und die Verfolgungsjagd beginnt. Mit erneut sehr geschmeidigen Bewegungen springt Connor über fahrende Wagen hinweg, überwindet Marktstände, klettert einen Baum hoch und - kleine Serien-Sensation im Heranrauschen - hechtet durch das Innere eines Hauses hindurch weiter, bis er schließlich auf einem hohen Aussichtspunkt erst einmal Luft holt. Ja, es gibt wieder Aussichtspunkte. Keine Überraschung, ganz im Gegensatz zu dem "durch das Haus".