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Assassin's Creed Director's Cut Edition

Von wegen...

In der Filmindustrie wird der Begriff Director's Cut inflationär verwendet. Kaum ein Film erscheint nicht mit diesem Siegel, das eine andere, bessere Fassung verspricht. Und ja, es gibt diese Varianten, die einen neuen Blickwinkel, eine detailliertere Charakter-Zeichnung oder gar ein vollkommen anderes Ende liefern. Besonders bei Meisterwerken wie Blade Runner, Aliens oder Der Herr der Ringe-Trilogie wurde die ursprünglich vom Regisseur angedachte Vision für das Kino zurechtgestutzt. Die neu geschnittene oder ergänzte Version liefert hier für Fans ein Ergebnis, das deutlich gelungener, ausgewogener ist.

Doch abseits der Blockbuster, die mit viel Liebe und Können eine ganze Welt aus dem Boden stampfen, erscheint zu jedem noch so ambitionierten Streifen eine Neufassung, die sich viel zu oft als Mogelpackung entpuppt. Bei Filmen wie Riddick müsst Ihr die Änderungen mit der Lupe suchen. Hier ein Szene, dort ein paar neue Effekte und das war's.

Selbst kurz vor dem Release rausgeschnittene Meuchelszenen, um eine niedrigere Jugendfreigabe zu erzielen, werden heute als Director's Cut verkauft. Das Label ist inzwischen zu einem Marketing-Instrument geworden, das statt einer neuen Erfahrung nur einen leeren Geldbeutel verspricht.

In Anbetracht dessen war meine erste Reaktion auf die Ankündigung einer Director's Cut Edition für die PC-Fassung von Assassin's Creed sehr verhalten – mehr Details zu Geschichte und Gameplay der „Kinofassung“ gibt es in unserem Xbox 360 Test. Die Entwickler von Ubisoft Montreal samt ihrer Galleonsfigur Jade Raymond scheinen erkannt zu haben, dass ihr Millionenseller spielerisch so einige Macken hatte. Hauptkritikpunkt vieler Tester war die mangelnde Abwechslung.

Die Leertaste ersetzt den Analogstick.

Trotz drei gigantischer, wunderschöner Städte, folgt die Geschichte um den Auftragsmörder Altair im geheiligten Land des 12. Jahrhunderts immer wieder dem gleichen Ablauf. Auftrag abholen, Stadt erreichen, Türme erklettern, um Nebenmissionen freizuschalten, Informanten verhören, Gespräche belauschen und als Highlight die Zielperson umbringen. Für ein paar Stunden ist so etwas ganz interessant, aber 15 Stunden am Stück? Was kann man also in sechs Monaten Entwicklung ändern, um ein neues, besseres Spielgefühl zu erreichen?

Bei einem so umfangreichen Spiel ist es natürlich nahezu unmöglich, komplette Spielelemente auszutauschen. Wer sich also von einem Director's Cut so etwas wie Rollenspiel-Elemente, neue Angriffskombinationen oder gar eine alternative Geschichte erwartet, unterschätzt die Komplexität einer solchen Produktion. Denn trotz der cineastischen Aufmachung unterscheidet sich Assassin's Creed fundamental von einem linearen Shooter. Jede Änderung am Core-Gameplay würde das Balancing des gesamten Spiels aus den Angeln heben und damit Monate des Testens nach sich ziehen. Die Entwickler können also nur dort eingreifen, wo der normale Spielfluss nicht gestört wird.

Auch mit der Tastatur klettert es sich herrlich.

Beim Directors's Cut von Assassin's Creed sind das die Story-relevanten Nebenmissionen, die relativ frei in der Stadt verteilt wurden. Bisher gab es davon nur fünf Arten. Zum Beispiel das Verhören eines Informanten, das Belauschen eines Gesprächs oder den Diebstahl einer Nachricht. Für die PC-Fassung wurde die Palette um vier zusätzliche Varianten erweitert. Nun müsst Ihr Euch mit den Informanten Verfolgungsjagden auf den Dächern liefern, Marktstände zerstören, eine Assassine zu ihrem Ziel eskortieren oder Bogenschützen ausschalten.

Die Spielerfahrung an sich wird dabei nicht angetastet. Viele Kritikpunkte, wie die unbefriedigenden Belohnungen und die Austauschbarkeit der einzelnen Elemente, bleiben weiterhin bestehen. Wer also das Spiel schon vorher nicht mochte, sucht auch jetzt naserümpfend das Weite.