Assassin's Creed Origins bringt frischen Wind in die Serie!
Neues Kampfsystem, frisches Szenario - und Rätselgräber wie aus Tomb Raider
Hossa, das fühlt sich erfrischend an: Jemanden im alten Ägypten, fast schon im Schatten der Pyramiden, mit dem Breitschwert ordentlich ins Gesicht zu pfeffern, seinen Schlag dann zu blockieren, ihm schließlich mit ein paar schnellen Hieben den Garaus zu machen und dann davon zu galoppieren als sei nichts gewesen. Ich mochte auf der Gamescom kaum glauben, dass ich hier am Stand von Ubisoft sitze und nicht ein neues Action-Rollenspiel, sondern den neuesten Teil von Assassin's Creed spiele, so unterschiedlich fühlte sich allein das Kampfsystem im Vergleich zu den Vorgängern an. Vorbei scheinen die Zeiten, in denen ihr euch durch gut geplantes Blocken und parieren durch jede noch so große Gegnermenge wursteln konntet. Diese Gegner nehmen keine Rücksicht darauf, dass ihr mit ihren Kollegen noch nicht fertig sind, sie stürmen auf euch zu und hauen euch die Axt in den Rücken, wenn sie können - und eben das macht Assassin's Creed vielversprechend. Dieser Serienteil könnte der altgedienten Reihe endlich wieder frische Aspekte und neues Leben einhauchen.
Denn es ist kein Geheimnis, dass die Assassin's-Creed-Reihe in den letzten Jahren zumindest in der Kritiker-Wahrnehmung viel von ihrem ursprünglichen Glanz verloren hat. Das liegt nicht unbedingt daran, dass Ubisoft schlechte Spiele abgeliefert hat, denn schlecht waren zumindest auf den großen Konsolen alle Assassin's-Creed-Titel nicht. Aber das grundlegende Spielkonzept hat sich eben auf Dauer doch ein wenig abgenutzt. Das trifft insbesondere auf das Kampfsystem zu. Während ihr euch mit eurer Klinge mit einem Gegner beschäftigt habt, scharten sich in vergangenen Serienteilen alle anderen Feinde brav kreisförmig um euch und warteten bis sie an der Reihe waren.
Dass das jetzt nicht mehr so ist, bewies Ubisoft bei der Gamescom mit einem kleinen Ausschnitt aus der Kampagne etwa aus der Mitte des Spiels. Ich besaß bereits diverse Rüstungsteile und Waffen und war nicht mehr ganz so schwach wie mutmaßlich zu Beginn von Assassin's Creed: Origins. Thematisch musste ich als Held Bayek meiner Frau Aya nach Memphis folgen, wo ich zunächst eine mysteriöse Art Rinderwahn an den örtlichen Nutztieren untersuchen musste. Mag sich langweilig lesen, gestaltete sich aber spielerisch ähnlich wie in den Batman-Arkham-Spielen: Ihr lauft durch die Gegend, sucht Beweise und puzzelt euch so letzten Endes ein schlüssiges Szenario zusammen. Danach wurde natürlich klar, dass es sich hier nicht um eine normale Krankheit handelt, sondern um eine Verschwörung und eben danach bekam ich es auch schon mit den dafür verantwortlichen Banditen zu tun.
Hier zeigte sich schon, was das neue Kampfsystem eigentlich bewirkt. Mein erster Versuch, mich todesmutig mitten in die Feinde zu stürzen, scheiterte gnadenlos, zu sehr habe ich mich doch darauf verlassen, wie gewohnt blocken und kontern zu können. Das ist zwar prinzipiell noch möglich, nicht jedoch so einfach. Und schon gar nicht halten sich eure Feinde zurück. Umso wichtiger wird daher das behutsame Vorgehen im Spiel. Mit einem Adler erkundet ihr zunächst, wo sich eure Feinde befinden - der Raubvogel, das ist in Assassin's Creed: Origins die Drohne des kleinen Mannes, die euch zeigt wo sich eure Gegner befinden und was sie machen. Erst nachdem ich das in Erfahrung gebracht hatte, konnte ich zielgenau einige Gegner unbemerkt ausschalten und letztlich nur ein paar verbliebene Gangster im Nahkampf besiegen. Hat bestens geklappt. Übrigens: Allzu oft habe ich aus Versehen zugeschlagen, obwohl ich eigentlich rennen wollte. Das liegt daran, dass der schwere Angriff jetzt auf R2 liegt - die Taste, mit der ihr ehemals gerannt seid. Das passiert jetzt ganz automatisch. Nach einer kurzen Fluchtsequenz war diese Mission jedenfalls beendet und ich hatte Zeit, die Umgebung zu erkunden. Und das habe ich auch genutzt.
Wer im Hintergrund einer altägyptischen Stadt große Pyramiden sieht, wird natürlich wissen wollen, was sich dort befindet. Per Pferd sind die Pharaonengräber relativ schnell zu erreichen und meine Erwartungshaltung wurde nicht enttäuscht, sogar übertroffen. Hätte mich hier in einem alten Assassin's Creed vielleicht eine unnütze Schatztruhe erwartet, bekomme ich es hier nun mit einer Rätsel-Sequenz zu tun, die den Gräbern in Squares Tomb-Raider-Reboot in absolut nichts nachsteht. Auf einmal macht es wieder Spaß, solche Geheimnisse zu erkunden, der Weg fühlt sich an wie das Ziel. Keine dumpfen Kletter-Aufgaben gilt es hier zu bewältigen, sondern typische, aber umso schöner in Szene gesetzte Rätsel, in deren Verlauf ihr Seilzüge betätigen und Plattformen mit Gewichten beschweren müsste. Das Szenario tut hier sein Übriges - es macht einfach helle Freude, sich wie einst Heinrich Schliemann durch das altertümliche Ägypten zu wühlen und dabei keine Angst haben zu müssen, Weltkulturerbe für immer zu zerstören.
Gegen Ende meiner Anspielzeit habe ich dann noch das getan, was ich bei Assassin's Creed immer schon gern getan habe: Ich bin auf die Spitze einer Pyramide geklettert und habe den sagenhaften Ausblick genossen. Ich will mit Vorschusslorbeeren nicht allzu großzügig sein und würde deshalb bis zum Release noch skeptisch bleiben - was ich aber auf der Gamescom gesehen habe, ließ mich hoffen, dass es Ubisoft endlich gewagt hat, mit der Serie die ausgetretenen Pfade zu verlassen. Dafür spricht übrigens auch ein ausgeprägter Talentbaum, den ich zwar kurz zu Gesicht bekam, in der Kürze der Spielzeit aber nicht wirklich durchschauen konnte. Ich freue mich jedenfalls auf das neue Assassin's Creed - auch aufgrund des doch recht unverbrauchten Szenarios, das gerade jetzt, wo der zweite Weltkrieg schon wieder in Mode zu kommen scheint, umso markanter hervorsticht.
Entwickler/Publisher: Ubisoft Montreal/Ubisoft - Erscheint für: PC, PS4, Xbox One - Erscheint: 27. Oktober 2017 -