Astro Bot ist unverdünnte Nintendo-Freude – nur eben auf der PlayStation 5
Künstlich intelligent, aber natürlich voller Leben.
Ich bin mir sicher, das liest man dieser Tage nicht nur hier, aber wie sehr sich das neue Astro Bot auf der PlayStation 5 nach einem neuen 3D-Mario anfühlt, das springt einen förmlich an. Maximal verspielt gibt sich der erste abendfüllende Auftritt des kleinen Roboters, legt wahnsinnig viele Ideen auf jeden Meter seiner Welten und bastelt seine Level stets aufs Neue um eine zentrale, spaßige Idee herum. Es ist der Vibe von Super Mario Galaxy, den diese ebenfalls Sternen-tingelnde Reise versprüht, aber auch der bekloppte Schwung eines Rayman Origins stand hier wohl Pate.
Was aber besonders cool ist: Astro Bot schämt sich seiner Einflüsse nicht. Ebenso versucht es nicht – wie so viele andere Hüpfspiele – so zu tun, als wäre es ohne den Klempner oder anderen Vorläufern auf der Welt. Im Gegenteil – es trägt seine Inspirationen aufrichtig und stolz vor sich her. Und das darf es, weil man auf den ersten Blick sieht, dass es von den Besten alles gelernt hat – die wichtigen Dinge ebenso, wie die vielen Kleinigkeiten, die so oft den Unterschied machen. Es ist eines der ehrlichsten Spiele, die ich je erlebt habe und allein deshalb schon wahnsinnig erfrischend.
Ein Spiel zum Anfassen
Und selbst, wenn Astro Bot nicht diese einzige, niemals langweilig werdende Feier von allem wäre, was wir an Jump and Runs und Maskottchenspielen lieben, ich wäre immer noch überrascht, wie irre solide, zielstrebig und kreativ das hier ist. Auch abseits des zentralen Weges, der sich oft genug um den passenden Einsatz eines unterhaltsamen Fortbewegungs-Gadgets dreht, steckten allüberall verrückte Trivialitäten in diesen Levels. Hinter jedem Kameraschwenk wartet eine unkonventionelle Einladung, doch mal zu schauen, was man links und rechts noch so machen kann.
Das erschöpft sich nicht nur in den versteckten Freunden Astros, die oft genug als PlayStation-Charaktere von Jak bis Kratos aufgemacht sind. Egal, wohin man schaut oder läuft, dieses Spiel ergeht sich darin, alles plastisch erscheinen zu lassen, dass alles interaktiv und physisch simuliert ist. Dass Metallbarren oder Blechdosen überzeugend durch die Gegend plinkern, dass Glasscheiben klirrend zerscheppern oder auf dem Boden liegende Blütenblätter durch leicht flatternde Erschütterungen des Controllers spürbar sind, wenn man hindurchläuft. Wie von selbst macht man diese Dinge nicht zählbarer Belohnungen wegen, sondern weil das Krachen, Klackern und Klecksen einfach Spaß macht.
Aber natürlich, in jedem der Level alle sieben Bots zu finden, ist auf jeden Fall ein starker Ansporn. Nicht allein, weil einige von ihnen hinreißend als PlayStation-Charaktere Kratos-, Jak- oder Ratchet-Bot herausgeputzt sind. Jeder der kleinen Racker feiert die absolute Party unter dem Deckel eures Touchpads, nachdem ihr ihn damit aufgesaugt habt – natürlich nur auf dem eingeblendeten, virtuellen Ebenbild eures Controllers. Sie winken, jubeln und lassen sich per Motion-Sensor in die Luft werfen, dass es eine Freude ist. Es ist die Sorte anpackender Spaß, wie man sie für gewöhnlich mit Spielzeug verbindet.
Was nicht heißen soll, dass es nicht auch zahllose durch und durch video-verspielte Einfälle gäbe. Ein Ballonrucksack lässt euch in die Höhe schweben und dann mit Druck Luft wie aus einem Furzkissen ablassen, mit Boxhandschuhen, die frappierend an den Kopf eines gewissen grünen Reitsauriers erinnern, fliegen Astros Fäuste meterweit, ein Raketenrucksack in Form einer robotischen Bulldogge bringt euch beinahe das Fliegen bei und ein Magnet zieht reihenweise Metallobjekte so an, dass ihr sie als Abrisskugel werfen könnt. Unterwasserabschnitte begeistern mit nahtlosen Übergängen zwischen eingängigem Tauchen und dem Herumlaufen in unter Wasser eingeschlossenen Luftblasen. Ihr lenkt mit einer Wippe bunte, überzeugend simulierte Flüssigkeiten so, dass unsichtbare Plattformen kurz sichtbar werden oder staunt über die verblüffende Stofflichkeit eines nicht allzu feste aufgeblasenen Ballons, auf dem ihr herumspringt.
Blast from the Past
Das erinnerte mich an meine Erlebnisse mit verschiedensten Technik-Demos die letzten Konsolengenerationen hindurch, aber auf die beste Art. Die, nämlich, die meinem Gehirn signalisiert: “Na, ist das nicht neu? Wie oft hast du so etwas schon gesehen?” Ein weiterer positiver Nebeneffekt war der, dass eine Idee – zumindest in den vier Levels plus zwei schön knackigen Herausforderungsabschnitten – selten mehr als einmal wiederholt wurde. So bleibt das Interesse daran, was dieses Spiel als Nächstes tut, extrem hoch – sofern Entwickler Asobi diesen Ideenreichtum die komplette Länge hindurch aufrechterhalten können.
Vielleicht das Überraschendste an diesem so niedlichen Titel ist, dass Asobi erstaunlich beeindruckende Spektakelmomente eingebaut hat. In einer Baustelle hoch im Himmel klettert urplötzlich ein Gorilla von Kaiju-Format von unten aus den Wolken. Und als beim Bosskampf gegen einen riesigen, mit massig Airtime aus dem Wasser springenden Kraken mal eben das Meer gespalten wird, das die Kampfplattform umgibt, klappte mir förmlich die Kinnlade runter. Ganz, ganz große Klasse!
Astro Bot Ersteindruck
Also: Astro Bot macht einfach gute Laune, entlockt einem ständig aufs Neue ein “oh, lass’ mich nur noch mal kurz hier…”, oder “eben einmal noch das da probieren…” und selbst, wenn man es mal für ein paar Sekunden nicht spielt, entlockt es einem noch Lacher, denn die Idle-Animationen Astros gehören zu den putzigsten, die ich je erleben durfte. Ich bin gespannt, ob die gute Laune auch dann noch anhält, wenn sich in der Post-Credit-Szene unweigerlich herausstellt, dass Astro Bot, mit all seinen durchrobotisierten Lebensformen, in der Postapokalypse spielt, 200 Jahre nachdem jemand in ChatGPT den falschen Befehl eingegeben hat. Dann werdet ihr ganz schön blöde gucken! Aber egal: Wenn Astros Welt so aussieht, dann ist sie eine bessere als unsere.
Astro Bot erscheint am 6. September 2024.