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Astro Bot Rescue Mission - Test: Roboterliebe

So gehen VR-Platformer!

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3D-Platformer, der zeigt, wie VR traditionelle Genres bereichern kann. Tolle Grafik, super Soundtrack, leicht zu lernen, schwer zu meistern.

Zumindest gefühlt befinden wir uns immer noch in einer Phase, in der Entwickler sich noch nicht hundertprozentig sicher sind, was sie mit VR anfangen sollen, und deshalb viel herumexperimentieren. Moss hat zuletzt gezeigt, dass VR nicht bedeutet, dass ihr als der Mensch hinter dem Headset auch die erste Geige spielen müsst. VR bedeutet nicht zwangsläufig, dass ihr die Spielwelt aus den Augen des Protagonisten seht. Die neue Darstellungsform hat auch dann ihren Reiz, wenn ihr ein eher am Rande beteiligter Dritter seid und mit der Hauptfigur interagieren könnt.

In diese Kerbe schlägt nun auch Astro Bot Rescue Mission, eine stark erweiterte Version des Astro-Bot-Platformers, der schon auf der Minispielsammlung enthalten war, die zusammen mit der PSVR geliefert wurde. Sieht knuffig aus, aber kann das was? Oh ja. Weit mehr als nur hüpfen.

Stahlträger wie diese sind für den Astro Bot kein allzu großer Balanceakt. (Astro Bot Rescue Mission - Test)

Tatsächlich habe ich mich mehr in die Welt von Astro Bot Rescue Mission versetzt gefühlt als bei vielen anderen VR-Spielen, die ich aus der Ego-Perspektive erlebt habe. Das liegt daran, dass das Spiel eben nicht macht, was man zunächst denken könnte, wenn man nur die Screenshots sieht: die PSVR nämlich nur als Bildschirm nutzen. Stattdessen integriert euch das Spiel als treuen Helfer des kleinen Roboters in die Welt. Wie eine liebende Mutter lauft ihr praktisch auf Schienen dem kleinen Astro Bot hinterher.

Der Dualshock-Controller, übrigens das einzige zur Verfügung stehende Eingabegerät, bleibt dabei stets in der Spielwelt sichtbar und ihr könnt ihn nicht nur nutzen, um den Bot zu steuern, sondern auch für verschiedene Spezialfähigkeiten. So könnt ihr etwa Seile spannen, auf denen der Bot dann balanciert. Das schafft ein sehr spannendes Gefühl der Immersion, denn während das Seil auf der einen Seite mit der Spielwelt verbunden ist, habt ihr das andere Ende in eurer Hand. Still halten ist also angesagt, damit der kleine Bot nicht herunterfällt.

Der erste Boss: Schlagt Mecha-King-Kong einfach die Zähne aus. (Astro Bot Rescue Mission - Test)

Aber selbst wenn das mal passieren sollte, ist das nicht schlimm, Astro Bot startet einfach beim letzten Checkpoint erneut. Letztere sind großzügig über die insgesamt 20 Levels (jeweils vier in fünf Welten plus je ein Bosskampf) verteilt, eine bestimmte Anzahl an Leben gibt es nicht. Das ist auch deshalb gut, weil der Platformer ab der dritten oder spätestens vierten Welt ziemlich anspruchsvoll wird. Das liegt nicht an der Robotersteuerung selbst, denn die funktioniert tadellos, zumal ihr nicht nur springen könnt, sondern mittels Antriebsdüsen auf dem Rücken auch für einen kurzen Zeitraum schweben.

Die Herausforderung ergibt sich eher daraus, dass ihr dem Bot unter die Arme greifen müsst, während ihr ihn gleichzeitig steuert - also beispielsweise Ninjasterne in eine Wand werfen, die ihm dann als Plattform dienen. Das zu koordinieren, erfordert teilweise hohe Konzentration, die mich unter dem Headset trotz inzwischen gesunkener Temperaturen noch sehr ins Schwitzen gebracht hat. Frustriert habe ich mich aber nie gefühlt.

Denn Astro Bot Rescue Mission macht einfach Spaß. Auch, weil die Entwickler euch immer wieder kleine Verschnaufpausen gönnen. Es kommt nämlich nicht nur darauf an, in jedem Level das Ziel zu erreichen. Stattdessen warten in jedem Abschnitt eine Reihe anderer Roboter, die gerettet werden wollen. Manchmal stehen sie relativ offen in der Gegend herum, immer wieder sind sie aber versteckt. Dann liegen sie beispielsweise hinter einer Kante und schlafen, was ihr aber erst seht, wenn ihr euren Kopf dreht, euch nach vorne beugt oder euch auch einfach mal umdreht. Eine gewisse Anzahl dieser Roboter müsst ihr jeweils befreien, um die Bosskämpfe freizuschalten.

Bohnenranken und Riesenroboter: Bei der Levelgestaltung haben die Entwickler ihrer Fantasie freien Lauf gelassen. (Astro Bot Rescue Mission - Test)

Und auch die sind gelungen. Jeder Boss verlangt von euch, dass ihr eines der Werkzeuge nutzt, die ihr schon zuvor im Spiel verwendet habt. Ein Beispiel: Der Boss der ersten Welt ist ein gigantischer Roboter-Affe. Während ihr auf einer Plattform herumlauft, beißt er in selbige. Schlagt ihr ihm nun die Zähne aus, legt ihr einen Haken frei, den ihr wiederum nutzen könnt, um ihm mit dem Seilwerfer die Wurzel zu ziehen. Sind alle gezogen, ist er besiegt. Dazu sieht das Spiel gerade für PSVR-Verhältnisse übrigens absolut fantastisch aus und hat einen Soundtrack mit ein paar echten Ohrwürmern. Wenn ihr zu später Stunde das Headset vom Kopf nehmt und ins Badezimmer geht, um euch fürs Bett fertig zu machen und dabei unweigerlich Melodien aus dem Spiel summt, wisst ihr: Hier hat ein Komponist seine Arbeit wirklich gut gemacht.

Nicht nur der Komponist allerdings, auch die Level-Designer. Astro Bot Rescue Mission erinnert euch immer wieder daran, dass ihr selbst Teil dieses Spiels seid. Mal müsst ihr Bälle zurückköpfen, die Gegner auf euch werfen, an anderer Stelle Barrikaden mit dem Kopf aus dem Weg stoßen, dann wieder einem Schleimklumpen ausweichen, den irgendein fieser Gegner auf euch gespuckt hat. Dass ich das konnte, hat in meinem Fall nur noch mehr den Beschützerinstinkt gesteigert, den ich für den kleinen Roboter entwickelte. Er macht es euch aber auch leicht, ihn zu lieben. Manchmal winkt er euch im Vorbeigehen zu, wenn er ins Wasser springt, zieht er sich zuvor einen Schwimmreifen über und wenn er gelangweilt ist, weil ihr gerade nichts mit ihm anstellt, setzt er sich eine VR-Brille auf.

Euer Controller ist im Spiel jederzeit sichtbar. (Astro Bot Rescue Mission - Test)

Um Astro Bot Rescue Mission durchzuspielen, müsst ihr etwa fünf Stunden Zeit einplanen. Das ist VR-typisch mal wieder nicht besonders viel, aber die Entwickler haben dafür gesorgt, dass sich auch mehrmaliges Spielen lohnt. Zum einen schaltet ihr im Verlauf des Spiels eine Vielzahl besonders kniffliger Herausforderungen frei - anspruchsvolle Sprungpassagen etwa oder das Wiederholen eines Bosskampfs unter erschwerten Bedingungen. Zum anderen gibt's auch eine kleine Minispielsammlung, im Rahmen derer ihr beispielsweise eine VR-Version des Geschicklichkeitskrans spielen dürft, den man sonst am ehesten von Autobahnraststätten kennt. Klar - das macht man einmal und dann vermutlich nicht wieder, aber zumindest einen Blick wert ist diese Dreingabe. Viel entscheidender ist allerdings, dass es wirklich Freude macht, in bereits bezwungenen Levels nach den verloren gegangenen Astro Bots zu suchen, die ihr beim ersten Durchgang noch nicht gefunden habt.

Ankreiden könnte man dem Spiel höchstens die fixe Position der Kamera in der Spielwelt. Die läuft wie gesagt wie auf Schienen, was bedeutet, dass ihr nur schwer und unter wüsten Verrenkungen der Halswirbelsäule an Stellen im Level zurückkehren könnt, die ihr schon gesehen habt. Weil jedes Level aber nur ein paar Minuten lang ist, fällt das nicht weiter ins Gewicht, zumal es womöglich genau dieser Tatsache zu verdanken ist, dass Astro Bot Rescue Mission nicht einen Hauch von Motion Sickness bei mir ausgelöst hat. Es war kein Problem, das Headset auch für längere Zeit am Stück auf dem Kopf zu behalten. Ein kleiner Hinweis zur Technik noch: Das Spiel läuft auf der PS4 Pro ein bisschen flüssiger, auf der normalen PS4 kann es passieren, dass an belebten Stellen die Framerate ein wenig sinkt - nie jedoch so sehr, dass das als störendes Ruckeln wahrzunehmen gewesen wäre.

Eines der wichtigsten Ziele im Spiel: Andere Astro Bots retten. Daher der Name. (Astro Bot Rescue Mission - Test)

Sonys Japan Studio beweist, dass die Möglichkeiten von VR noch lange nicht ausgeschöpft sind. Astro Bot spielt sich wunderbar flüssig, sieht toll aus und versetzt euch in eine interessante Perspektive als Beobachter und gleichzeitig Beschützer. Der Protagonist selbst ist so liebenswert wie ein kleines Kaninchen mit Schlappohren, der Schwierigkeitsgrad steigt langsam aber bestimmt an und fordert eure Konzentration vor allem in späteren Spielabschnitten heraus. Dass das Spiel nur etwa fünf Stunden lang ist, hat mich nicht gestört, obwohl ich mir natürlich sehnlichst mehr vom Gleichen wünschen würde. Aber besser so als anders herum.

Astro Bot Rescue Mission ist ein wundervolles Erlebnis, zu dem ich selbst in der überschaubaren Zeit eine unzertrennliche Bindung entwickelte. Ich bin sicher, vielen anderen PSVR-Besitzern wird es ebenso ergehen.


Entwickler/Publisher: Japan Studio (Asobi! Team)/Sony - Erscheint für: PSVR - Preis: 39,99 Euro - Erscheint am: erhältlich - Getestete Version: PSVR - Sprache: deutsch - Mikrotransaktionen: Nein

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Markus Grundmann Avatar
Markus Grundmann: Seine ersten Videospiele konsumierte Markus auf dem Game Boy. Heute spielt er so ziemlich alles, bei dem er auf Knöpfe drücken kann – mit besonderer Vorliebe für Nintendo und extravagante Indie-Titel.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

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