Asura's Wrath - Vorschau
Cyber-Opa, Schildkröte oder der Elefant im Orbit. Choose your destiny!
Keine schlechte Bilanz. Nach etwa 90 Minuten Spielzeit hatte ich einen Elefanten in eine erdnahe Umlaufbahn gekickt, eine Schildkröte auf den Rücken gedreht und einen alten Mann in einer Büchse zerquetscht. Ich sagte es bereits und ich sage es wieder: Japan ist seltsam.
Die Idee, für die Anspielsession von Asura's Wrath einfach mal ganz unkonventionell in der Mitte zu starten, war ein Geniestreich. Es war so etwas wie ein Wiedersehen mit dem Anime-Krams, den ich guckte, als man das Zeug hier nur in ganz ausgesuchten und vor allem ausgesucht derangierten Video-Läden bekam. Auf Japanisch. Ohne Untertitel. Oder aber ein Feeling, das man als Kind hatte, wenn man mit den Eltern irgendwo in Spanien oder Italien im Urlaub war und dort Zeichentrickserien guckte, ohne auch nur ein Wort der Sprache zu verstehen. Man hat keine, nicht den geringsten Hauch, nicht mal den entferntesten Anflug einer Ahnung, was eigentlich gerade los ist, aber es war irgendwie total aufregend und cool.
Von dem, was ich mir mit ein paar Hinweisen zusammenreimen konnte, war/ist/könnte Asura ein Typ sein, der 12.000 Jahre vor X lebte und dort was tat, was wohl gut für die Leute war. Dafür straften ihn die Götter oder so. Jetzt jedenfalls, in X, ist er voll sauer. Nicht so ein modernes Emo-sauer, sondern richtig wütend. Das hat er ja auch der goldenen Spinne gesagt, als er die Säule in den Himmel kletterte. Bevor er noch wütender wurde und sie hochrannte. Die Säule, nicht die Spinne. Das war ziemlich cool. Keine Ahnung, was es sollte. Jedenfalls will er die sieben Halb-Götter, die die Welt unterjochen, final entthronen. Möglicherweise. Einer davon war der alte Mann in der Metallbüchse. Glaube ich.
Ganz ehrlich, das hier ist a) hoffentlich ein wenig besser nachvollziehbar, wenn man es vom Anfang und nicht der Mitte an spielt, und b) ein klarer Kandidat, wo man einfach das mitnimmt, was kommt und selbst guckt, wie es passt. Nur nicht zu viel drüber nachdenken, wenn der Elefant aus dem Ring geschleudert, vom Sensei geblockt und dann als Lensflare in die Sonne geschossen wird. Das ist dann halt so.
Ich liebe diesen völlig durchgeknallten Kram, und wenn es euch auch so geht, wenn ihr diesen überhaupt nicht subtilen Touch des japanischen Wahnsinns schätzt, dann kann ich jetzt schon sagen, dass Asura's Wrath eine absolut runde Sache wird. Bis hin zu dem Punkt, dass die 18 Kapitel immer eine kurze Zusammenfassung der bisherigen Handlung zum Start bieten - nicht, dass es viel bringt, wenn man Kapitel 1 bis 6 nicht kennt... - und mit einer Vorschau auf das nächste Kapitel endet. Ganz, als wären es Folgen einer Anime-Serie. Sogar an die kleine Unterbrechung mit Musikjingle und Logo in der Mitte einer "Folge" hat das Team gedacht. Ein bezaubernder, kleiner Nerd-Touch.
Auch das, was gespielt wird, kann man nur als ausgesprochen japanisch bezeichnen. Und recht abwechslungsreich. In Story-abhängig unterschiedlicher Reihenfolge wird mal ein wenig geprügelt, dann gegen einen der vielen Bosse angetreten, auch mal eine Minute in einem Rail-Shooter verbracht oder, in Anlehnung an Shoot'em Ups, der Anflug auf eine Raumschiffflotte durchgeballert. Ein bunter "Für-jeden-was"-Mix könnte man sagen und hätte recht.
"Die Inspiration für dieses Spiel war, dass ich etwas erschaffen wollte, das Spieler noch nie zuvor gesehen haben."
Kazuhiro Tsuchiya, Capcom
Was davon im Schnitt am Ende den höchsten visuell-inhaltlichen WTF-Faktor haben wird, lässt sich nach gerade mal drei gespielten Abschnitten noch nicht sagen, aber für den Moment sind es die Bosse. In der aufsteigenden Reihenfolge Cyber-Opa, Schildkröte und Elefant. Die Gegner dazwischen sind okay, aber wer hat noch nie ein paar rot-geäderte Dämonen-Gorillas Mano a Mano vermöbelt? Der Elefant dagegen, Schulterhöhe geschätzt sechsstöckig, war schon ein anderes Kaliber, als er mit seinem Rüssel Feuer spuckte.
Der Ablauf heißt dabei "Muster erkennen und ausnutzen". Ihr ladet euren eigentlichen Nahkampfangriff durch leichte Attacken oder Fernkampf-Dauerfeuer auf, verursacht aber nicht wirklichen Schaden. Den gibt es erst, wenn der Overkill ausgelöst wird und ein paar schnelle Quick-Time-Events folgen. Netterweise nur sehr selten mehr als zwei oder drei Knöpfe in Folge. Mehrere Runden erfordern leichte Anpassungen der Taktiken, und auch wenn wir hier nicht über Bayonetta reden, kann sich der Schwierigkeitsgrad sehen lassen.
Alles, was zwischen diesen End- und Zwischengegnern an Monstern passiert, fühlt sich leider ein klein wenig nach Füllmaterial an. Insbesondere eine kurze Reihe von Räumen in einem Raumschiff, die zwar leichte Steigerungen in der Abfolge der zu besiegenden Gegnern boten, mutete ein klein wenig zu generisch an. Was wahrscheinlich an all den Skurillitäten davor und danach liegen könnte. Trotzdem. Umso besser, dass diese Sequenzen wiederum immer wieder von besagten kurzen Rail-Einlagen abgelöst wurden.
Ihr hört es sicher schon raus, nichts hier, nicht einmal ein Bossfight, kann trotz der euch stets umgebenden Groteske wirklich spielerisch in neue Welten befördern. Aber es ist die Mischung aus eben dem Wahnsinn und dem Tempo, mit dem das hier abläuft. Die eigenen Schläge und Kombos - von denen ich zu wenige kennenlernte, um dieses Kapitel sinnvoll wertend einschätzen zu können - kommen mit Wucht. Es fühlt sich einfach richtig an, auf den Button zu drücken und die Wirkung auf dem Screen zu sehen. Es ist ein instinktiver, spielerischer Level, der hier angesprochen wird. Und, zumindest erst einmal für die gespielte Zeit, es funktionierte.
"Asura donnerte einfach durch sie durch, wie das Spiel auch durch meine Möglichkeit hindurchdonnerte, zu verstehen, was ich sah. Auf eine sehr angenehme, sehr japanische Art."
Und so sehr ich mich auch zuvor über die Wildheit der Geschichte ausließ und mich auch ein klein wenig gutmütig darüber lustig machte ... ich will wissen, wie das ausgeht und wo das alles hinführt! Irgendwo in diesem Mindfuck steckt eine Romanze, eine Rachegeschichte und wahrscheinlich noch mehr und durch alle Kapitel nacheinander hindurch hatte ich durchaus den Eindruck, dass das eine gute Anime-Serie abgeben könnte. In einer Welt, die ihre Inspirationen aus Fist of the North Star, Gundam/Macross und ähnlichen Klassikern zu gleichen Teilen zieht, sie visuell modernisiert und zu einem in sich geschlossenen Ganzen wieder zurechtpuzzelt. Es ist fast schade, dass der lineare Verlauf des Spiels beinahe absolut ist, denn diese eigenwilligen, wunderschönen, halb-gerenderten, halb ge-cell-shadeteten Ruinen, das Chaos der Welten mit zwölf Jahrtausenden in der Mitte, das scheint etwas zu sein, was sich lohnen könnte, näher zu ergründen. Aber auch die Beantwortung der Frage, warum genau Asura so wütend ist, könnte schon viel zeigen.
Bis es soweit ist, blieben ein Elefant, eine Schildkröte und ein alter Mann hängen, die vergeblich versuchten, diesen heldenhaften Zorn zu bremsen. Asura donnerte einfach durch sie durch, wie das Spiel auch durch meine Möglichkeit hindurchdonnerte, zu verstehen, was ich sah. Auf eine sehr angenehme, sehr japanische Art. Das hier ist eine wilde Mischung aus herausragender Anime-Kunst im Optischen, Inhaltlichen und vor allem vom Gefühl her, was keine leichte Sache ist. Spielerisch wird solides Material geboten, unterhaltsam und auch fordernd. Nicht sonderlich innovativ vielleicht, aber eben doch das, womit man so einen schönen, bunten und sehr wilden Comic-von-ganz-woanders-Abend verbringen möchte.
Asura's Wrath erscheint am 24. Februar für PlayStation 3 und Xbox 360.