Asus ROG Azoth Gaming-Tastatur im Test: Tough, toll, teuer
Custom-Keyboard-Kultur von der Stange – komisch, dass das klappt.
Zeigen wir dem Elefanten im Raum gleich die Tür und sprechen es an: Gut 280 Euro für eine Tastatur sind eine Menge Geld. Dann wiederum gibt es nicht erst seit gestern eine Gruppe an Keyboard-Fetischisten – was ich so wertfrei meine, wie es nur geht, denn ich bin selbst so langsam einer –, die sich lange und intensiv mit der perfekt zusammengestellten Custom-Tastatur befassen. Am Ende wird dann oft noch deutlich mehr ausgeben – und dann muss man die kostspieligen Einzelteile sogar noch selbst montieren.
Von dieser perfektionistischen Custom-Kultur ist die Asus Azoth inspiriert, nur dass sie euch einen Teil der Arbeit (und der Wahlmöglichkeiten) abnimmt. Das Signal: “Es geht besser als bisher, aber ihr müsst euch nicht selbst darum kümmern.” Wer auf der Suche nach Premium also bisher immer ratlos durch Custom-Keyboard-Websites klickte, der soll einen Blick auf die Azoth werfen und wissen, hier bekommt man, was Keyboardsexuals an ihren Premiumspielzeugen so lieben. Ohne die Kontrolle über jedes einzelne Detail der Zusammenstellung, dafür in Sachen Funktionen extrem gut ausgestattet.
Lieferumfang, Ausstattung und Verarbeitung der Asus ROG Azoth
Das gilt zumindest, wenn es um das Gerät selbst geht: RGB ist natürlich Standard. Interessanter sind da schon die dreifachen Anschlussmöglichkeiten von der USB-C-Strippe über Bluetooth 5.1 bis hin zum flinken 2,4GHz drahtlos per Mini-USB-Dongle. Bis zu drei Geräte klemmt an die Azoth, was mir als bekennendem Zwei-PC-Nutzer ausgezeichnet gefällt. Sollte ich mir irgendwann noch das MacBook meiner Frau unter den Nagel reißen, darf ich per FN-Tab sogar in den Apple-Modus schalten. Praktisch! Als sinnlose Spielerei erachtete ich zunächst das oben rechts eingebaute, monochrome OLED-Display, das mir aber nach einer Weile ans Herz wuchs. Warum, erfahrt ihr später.
Der Akku soll im 2,4 GHz Drahtlos-Modus ohne zugeschaltete Beleuchtung und OLED-Spielerei 2.000 Stunden halten, was ich Asus einfach mal glaube. Bei mir war die Beleuchtung meistens an, auf einem mittleren Level und einfarbig-weiß. Das OLED gab nur relativ statische Infos aus. Man wird Tage und Wochen drahtlos mit diesem Ding arbeiten können. Bei mir hing die Azoth die meiste Zeit per Kabel am Rechner und bespielte meinen Laptop per 2,4 GHz. Der Kippschalter gestaltet den Vorgang denkbar schnörkellos – und dass man an einen magnetischen Steckplatz für das Dongle gedacht hat, wenn man mit der Azoth auf Reisen ist, ist ein nettes Extra.
Schade ist, dass die Tastatur zu diesem Preis nicht mit Abdeckung und Handballenauflage geliefert wird. Das sollte für das Geld möglich sein. Dafür liegt ein ordentlich bestücktes Schmiermittel-Kit mit Pinsel, diversem Werkzeug und sogar drei Reserve-Switches bei, die wohl ein Versprechen sein sollen, dass man diese Tastatur nicht in Kürze wieder eintauschen wird, wie die drei davor. Ich bin mir nicht sicher, wann ich es das erste Mal benutzen werde – und ob –, aber gut zu haben ist es allemal. Alle Switches auf der Tastatur sind Hotswap-fähig.
Die Oberseite der Tastatur ist aus Metall, aus Gründen der Drahtlos-Performance, sagt Asus, ist sie von unten aber aus Kunststoff. Ich finde sie von unten allerdings recht hübsch, das Plastik ist sehr wertig gewählt und die Tastatur extrem schwer. Während die größere Tenkeyless Razer Huntsman V2 keine 700 Gramm auf die Wage bringt, sind es fast 1170 bei der Azoth im 75 Prozent-Format. Selbst die nicht ganz leichte Ducky One Two übertrumpft sie um 30 Prozent. Folglich ist die Tastatur auch so gut wie gar nicht biegbar, zu keinem Zeitpunkt knirscht irgendwas. Ein sehr solides, massiv wirkendes Stück Hardware Die Oberseite fällt auch nach knapp zwei Monaten vor allem dadurch auf, dass sie sehr schmutzunempfindlich ist, einzig über OLED-Display muss man ab und an mit einem Brillenputztuch.
Gute Dämmung ist alles
Der erste Eindruck ist also schon mal ziemlich gut. Den größten Unterschied machen aber die Innereien, denn Azoth geht es vor allem um ein ruhiges und sauberes Tippgefühl und hier hat man alles getan, was die größten Tastaturliebhaber so mit ihren “Babys” machen. Ausgangspunkt des Designs ist das Gasket-Mount-Verfahren, bei dem die Platine nicht direkt mit dem Gehäuse der Tastatur verschraubt ist, sondern von Dichtungen (eben diesen “Gaskets”) gehalten wird. Die Verbindungen zum Rest des Geräts liegen also auf weichen, schwingungsarmen Gummi- oder Silikonkomponenten. Doch damit nicht genug: 3,5mm Silikonpad sowie je eine Schicht Poron- und Silikon-Schaum dämmen und federn ebenfalls jede Bewegung der Schalter. Zudem sind die Switches vorgeschmiert, was kein kleiner Akt ist, wie jeder weiß, der sich schon mal mit Lube und Pinsel hingesetzt hat.
Wer mag, wählt die Schalter beim Kauf wie vom Cherry-Menü, nur eben von Asus selbst: Die Roten sind linear und ohne spürbaren Auslösepunkt, die Braunen taktil mit und die Hellblauen klicken beim Drücken. Ich habe hier die roten Schaltern getestet, und muss sagen, dass ich sie im deutschen ISO-Layout auch nur in dieser Ausführung bei Händlern gesehen habe. Davon abgesehen, muss ich sagen, dass die Asus Azoth mir ein bisher ungekannt stabiles, ruhiges Tippgefühl bescheren. Eigentlich wollte ich meine Ducky One Two TKL nur zum Vergleich der Schalter – Asus NX Red vs Cherry MX Red – hervorholen, weil ich noch mal bestätigt haben wollte, wie nah Original und “Fälschung” haptisch beieinander lagen. Interessanterweise war aber vor allem das hohle, und im Kontrast zur Azoth geradezu enervierende Klackern der Tasten in der ungedämpften Ducky die größere Erkenntnis. Die Bauweise macht richtig was aus!
Sicher, seit ich die Ducky als primäre Tastatur benutzt habe, hatte ich schon viele, viele andere Keyboards unter den Fingern und vor allem Razers Huntsman V2 war ebenfalls gedämmt und recht leise. Tatsächlich produzieren deren Tasten beim Hochschnellen aber immer noch, wenn auch leise, ein paar ästhetisch weniger ansprechende, rasselnde bis schlackernde Nebengeräusche. Zugleich scheinen die Keys der Azoth fester an Ort und Stelle zu sitzen, ohne sich – wie die Razer – nach unten hinaus etwas zu sehr nach Muckibude anzufühlen. Die Azoth ist tatsächlich die leiseste Tastaur mit mechanischem Anschlag, die ich bisher benutzen durfte. Das klingt richtig angenehm und fühlt sich auch so an. Allein, die Leertaste scheint noch ein wunder Punkt zu sein, an dem man noch ein wenig arbeiten könnte. Bei der langen Taste macht sich – wie bei allen Tastaturen – wohl einfach seitlich etwas Spiel in der Vertikalen bemerkbar und ich habe keine Ahnung, wie man das lösen soll.
Die Asus ROG Azoth in der Praxis
Der 75 Prozent Formfaktor subtrahiert vom “TKL” noch einmal den Sechserblock und arrangiert Einfügen, Löschen, Seite rauf und runter (allerdings auf Englisch) am rechten Rand vertikal. Sowohl diese vier Tasten als auch die Pfeiltasten sind ein paar Millimeter vom Rest separiert. Anders als die zuletzt getestete Asus Falchion Ace mit 65 Prozent Formfaktor gibt es auf 75 Prozent Platz für die F-Tasten, die allerdings wegen des OLED-Displays zusammenrutschen mussten. Wer sie gerne in Vierergruppen hat, sieht sich enttäuscht. Immerhin: Die ersten und die letzten vier F-Tasten sind farblich dunkelgrau statt schwarz. Im Licht des Monitors hilft das oft aber weniger.
Dennoch habe ich das OLED-Display mit der Zeit schätzen gelernt. Lasst euch Datum und Uhrzeit, CPU- und GPU-Temperatur oder Medieninformationen einblenden oder legt eine selbst definierte Grafik auf die paar Hundert Pixel. Außerdem hilft das Display bei der Medienkontrolle, wenn ihr neben dem Spiel oder der Arbeit Musik oder Podcasts genießt. Nett fand ich, dass auch angeschaltetes Capslock dort angezeigt wird. Man muss also nicht die Hand von der Tastatur nehmen, um eine darunterliegende Leuchte zu erkennen. Eine Kleinigkeit, aber eine durchdachte. Der Bedienungshebel selbst fühlt sich gut an, klickt satt und steuert ab Werk Lautstärke und Stummschaltung. Ein Klick auf die Taste an seiner Seite schaltet in den Skippen-Pause-Modus um. Man kann ihn mit der Armoury Crate auch anders, gern auch mit Makros, belegen. Die Software startet man nur, wenn man Änderungen vornehmen will.
Ich mag vor allem, wie schnell der Wechsel von einem Rechner zum anderen gelingt und bin tatsächlich jedes Mal überrascht, wie leise, stabil und letztlich befriedigend es sich damit tippt. Die PBT-Tastenkappen sind wunderbar gleichmäßig ausgeleuchtet und fühlen sich wertig an, obwohl ich gerne eine Version mit nüchternem Font hätte. Mal schauen, wann bei Asus der Groschen fällt, dass der nicht mehr ganz zeitgemäß ist. Ansonsten aber eine formschöne und irre hochwertig gemachte Tastatur.
Interesse? Die Asus ROG Azoth gibt es bei Amazon für 274,83 Euro oder bei Otto.de für 280,41 Euro.
Asus ROG Azoth Test – Fazit:
Asus wandelt mit dieser Preisgestaltung zweifellos weit ins Premiumsegment hinein (wo Razer mit seiner Blackwidow V4 Pro bereits sitzt) und dürfte sich im Klaren sein, dass man damit eine Nische bedient. Angesichts der aufgefahrenen Features von Hotswap-fähigen, vorgeschmierten Schaltern bis hin zur umfassenden Dämmung sowie OLED-Display steckt hier eine Menge Enthusiastenkram drin, vom Komfort der drei verschiedenen Verbindungsoptionen hätten wir dann noch nicht einmal angefangen. Man merkt, dass Geld und gute Ideen in dieser Tastatur stecken und es macht großen Spaß, mit ihr zu arbeiten und zu spielen. Gleichzeitig ist klar, dass nichts davon so essenziell ist, dass man dem Tastatursegment von 100 bis 199 Euro, das ja auch Asus selbst bedient, viel Wasser abgraben würde. Der Qualität der Azoth tut das keinen Abbruch.
Insofern: Man muss die Azoth nicht kaufen – aber es ist fast ausgeschlossen, dass man mit ihr unzufrieden ist, wenn man es tut. Seid euch bloß im Klaren, dass ihr damit womöglich einen Kaninchenbau cooler und noch teurer Custom-Tastaturträume hinunterpurzelt.
Asus ROG Azoth | |
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PRO | CONTRA |
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