Atomega - Test
Multiplayer-Cyperspace-Laser-Raptor-Shooter
Ihr wolltet in Multiplayer-Shootern schon immer mal kein mächtiger Soldat mit Schnellfeuergewehr sein, sondern ein Haufen Würfel mit Laserkanone? Nein? Ich eigentlich auch nicht explizit, aber tatsächlich brauchen Shooter meines Erachtens nicht unbedingt einen realistischen Anstrich. Im Gegesatz zu Nintendo, die in ihrem Tintenfisch-Shooter Splatoon eher auf eine Comic-Grafik setzen, versucht sich Reflections an einer futuristischen Tron-Optik. Der Entwickler, eigentlich bekannt durch die Driver-Serie, in letzter Zeit aber wegen seiner beiden Action-Adventures Grow Up und Grow Home sehr geschätzt, durfte mit Atomega unter dem Dach von Ubisoft mal einen Shooter der etwas anderen Art ausprobieren - und war damit zumindest im Hinblick auf die Spielidee durchaus erfolgreich. Nicht so sehr allerdings in Bezug auf den Spielumfang.
Denn Atomega kommt äußerst puristisch daher: Es gibt kein Tutorial, keinen Singleplayer-Modus mit Bots, nur den puren Multiplayer auf der immer gleichen Karte, sonst nichts. Und auch das Spielprinzip ist recht simpel. Ihr startet als kleine Lichtkugel und könnt lilafarbene Würfel aufsammeln. Je größer der Würfel, desto höher die Masse, die ihr gewinnt. So werdet ihr größer und entwickelt euch zu immer neuen Formen. Am Anfang ist es ein kleiner Wurm, dann etwas, das aussieht wie ein Velociraptor, später immer größer werdende Riesen. Insgesamt fünf solcher Formen gibt es, wobei die letzte die sogenannte Omega-Form ist. Als riesiges Monster seht ihr dann die Karte von weit oben und knallt mit einem mächtigen Laserstrahl alles weg, was euch vor die Linse kommt. Denn: Natürlich ist Atomega kein friedliches Spiel.
Von Beginn an habt ihr nämlich eine Laserkanone zur Verfügung. Die schießt am Anfang noch relativ kraftlos und schnell, wird später schwerfällig, dafür aber etwa so kraftvoll wie ein Artilleriegeschütz. Warum ihr eure Gegner überhaupt abknallen wollt, ist einfach: Ihr könnt ihnen dadurch ihre Masse wegnehmen und damit euer eigenes Wachstum beschleunigen. Das führt zu einer Dynamik, bei der sich relativ schnell die stärkeren Spieler herauskristallisieren, während die Schwächeren immer wieder versuchen, zu wachsen und es allzu oft doch nicht schaffen. Entwickelt sich ein Spieler zur Omega-Form, wird das zwar vom Spiel markiert und jeder andere auf der Karte weiß, wo sich das Monster gerade befindet. Nur selten hat das bei meinen Testspielen aber dazu geführt, dass sich wirklich eine Gruppe gefunden hat, die willens war, das Omega gemeinsam anzugreifen. Es war wohl so gedacht - es funktioniert in der Praxis aber leider nur selten.
Ganz schön ist dagegen das Design der Karte. Selbige besteht aus vielen verwinkelten Plattformen, engen Tunnels und größeren Strukturen. Wenn ihr zu Beginn noch klein seid, könnt ihr in Windeseile, durch besagte Tunnels flitzen, je größer ihr dagegen werdet, desto besser seid ihr für die anderen Spieler automatisch auch sichtbar. In der Landschaft verteilt sind zudem ein paar Power-ups. Die geben zeitlich begrenzte Boni, wie man sie kennt: Schilde, verbesserte Heilung, stärkere Waffen. Standardmäßig habt ihr dagegen die Möglichkeit euch gegen den Preis von ein bisschen Masse an einen anderen Ort der Karte zu teleportieren. So könnt ihr jedenfalls verhindern, dass der Gegner, der gerade im Begriff ist, euch in Stücke zu schießen, all eure Masse aufsammeln kann.
Eine Runde Atomega dauert immer zehn Minuten und tatsächlich habe ich mich selbst ein paar Mal dabei ertappt, dass ich mir dachte: „Komm, eins noch." Allerdings: Wirkliche Langzeitmotivation vermochte das Spiel nicht aufzubauen. Nach zehn Minuten gewinnt derjenige, der die meisten Punkte hat, diese setzen sich aus verschiedenen Faktoren zusammen: Gesammelte Würfel, Kills, Assists. Vielversprechend schien der Moment, in dem ich bemerkt habe, dass dadurch auch mein Erfahrungslevel steigt. Etwas enttäuscht war ich kurze Zeit später als ich festgestellt habe, dass ich damit nur neue Muster und Farben für meine Würfelfigur freischalten kann - die ich selbst noch nicht einmal sehe, denn das Spiel findet durchgehend aus der Ego-Perspektive statt.
Und dann ist da noch der Umfang: Atomega bietet wirklich nur eine einzige Map. Die ist zwar groß und verwinkelt und augenscheinlich darauf ausgelegt, dass ihr euch mit ihr vertraut macht und ihre vielen Verstecke, erhabenen Positionen, Tunnels und Türme strategisch nutzt. Aber das Gleiche wäre doch auch sicher mit verschiedenen Karten gegangen? Und andere Spielmodi wären doch sicher auch möglich gewesen. Auch, um zumindest den Effekt zu umgehen, dass ein bis zwei einzelne Spieler im Omega-Modus die komplette Karte durchgehend dominieren. Aber Atomega präsentiert sich eben recht konsequent als ein Arcade-Spiel, das sich anfühlen soll, als würdet ihr eine Münze einwerfen müssen und bekämt dann das immer gleiche Spiel.
Unterm Strich habe ich mit Atomega schon meinen Spaß gehabt - nur eben leider nicht besonders lang. Das Spiel hat ein spannendes grundlegendes Prinzip, die Jagd nach Masse und Klötzchen fand ich interessant und motivierend, die Karte bietet sowohl für große als auch für kleine Klötzchenmonster einige Möglichkeiten. Aber warum nicht mehr? Warum nicht andere Spielmodi, weshalb nicht ein paar mehr Karten und wieso keine spielerischen relevanten Entwicklungsmöglichkeiten für die Figur, sondern nur irrelevante Makulatur? Wer sich auch sonst in ein einziges Element eines Spiels stundenlang hineinsteigern kann, darf für Atomega ohne schlechtes Gewissen zehn Euro ausgeben. Alle anderen sollten aber wissen, dass dieses einzige Element in diesem Fall das ganze Spiel ist.
Entwickler/Publisher: Reflections/Ubisoft - Erscheint für: PC - Preis: 9,99 Euro - Erscheint am: erhältlich - Getestete Version: PC - Sprache: deutsch - Mikrotransaktionen: Nein