Attack of the Friday Monsters: A Tokyo Tale - Test
Ein Spiel, wie es nur aus Japan kommen kann.
Stagnation und eine übertriebene Orientierung an westlichen Designenmaximen gehören zu den größten Problemen der japanischen Spieleindustrie. Viele Konzepte wirken veraltet, überholt und manche Studios scheinen seit zehn Jahren immer den exakt gleichen Titel auf den Markt zu schmeißen. Auf der anderen Seite wollen besonders die Spielegiganten aus dem Nippon ihre Zielgruppen erweitern, was in einigen Fällen zu einer spürbaren Verwässerung ihrer Titel führte. Ein Blick auf die aktuelle Situation offenbart aber auch Ausnahmen, die ihren japanischen Design-Philosophien treu bleiben, sie allerdings auf ihre eigene Weise weiterentwickeln.
Schuster, bleib bei deinen Leisten!
Doch eigentlich bietet das Land eine gewisse Art von Spielen, denen man meist überhaupt keine Chance gibt, sich im Westen zu etablieren. Ich rede von Spielen, die sich im konventionellen Sinne nur schwer als solche beschreiben lassen. Ihre Mechaniken zählt selbst der Mann vom Sägewerk an einer Hand ab. Meist bestehen sie aus der bloßen Erkundung kleiner Abschnitte, die mit der von vielen Spielern gewünschten Freiheit wenig zu tun haben. Sie nehmen ein zentrales Thema und bilden drum herum eine isolierte Erfahrung auf, die mehr einer interaktiven Erzählung gleicht.
Ufo, L.O.L., Giftpia, Chulip oder LSD sind Titel, von denen wohl nur die wenigsten gehört haben. Es würde mich daher schon sehr wundern, wenn jemand mehr als ein Spiel aus dieser kurzen Aufzählung wiedererkennt. In Japan gehören sie jedoch zu den Klassikern. Eine der beliebtesten Spiele-Serien dieser Art ist Boku no Natsuyasumi (wörtlich: Mein Sommerurlaub) von Kaz Ayabe. Hier versetzt sich der Spieler in die Rolle eines kleinen Jungen, der seine freien Sommertage mit dem simplen Erkunden der nahen Umgebung verbringt. Genau solche Erfahrungen findet man eigentlich ausschließlich in japanischen Spielen. Deswegen bin ich froh, dass Ayabes neuer Titel auch bei uns im 3DS eShop erschienen ist. Denn es teilt klare Gemeinsamkeiten mit seinen sonstigen Spielen.
Auch hier folgt ihr einem kleinen Jungen namens Sohta. Nur anstatt euch frei über mehrere Wochen zu entfalten, erlebt ihr eine kurze Geschichte. Wie der Name des Spiels bereits verrät, dreht sich die Handlung um Monster, sogenannte Kaiju, die jeden Freitag am Rand der friedlich Vorstadt Fuji no Hana erscheinen. Oder zumindest in den Köpfen der Kinder, die besessen sind von diesen Kreaturen und natürlich keine TV-Sendung über die Monster verpassen. Ob die Kaiju nun real oder wirklich nur eine Fantasie sind, bleibt zunächst offen. Bis zur endgültigen Auflösung tappte ich ehrlich gesagt im Dunkeln.
Wesentlich wichtiger sind jedoch die Interaktionen zwischen den Kindern und ihren Eltern. Ayabe versetzt den Spieler mit Attack of the Friday Monsters gekonnt in die Lage eines kleinen Jungen, der einen aufregenden Sommertag in den frühen 70er Jahren Japans erlebt. Dazu trägt neben der stimmigen Musik, die teils gerade durch ihre Abwesenheit glänzt, die perfekte Ausarbeitung des kleinen Vororts bei. Fuji no Hana befindet sich am Rande Tokyos. Und zwar zu einer Zeit, bevor die kleinen Holzhütten von riesigen Betonklötzen umringt wurden. Während ihr die Natur bewundert, die euch umgibt, erkennt ihr im Hintergrund bereits die rauchenden Türme einiger Fabriken.
Ayabe versetzt den Spieler gekonnt in die Lage eines kleinen Jungen, der einen aufregenden Sommertag in den frühen 70er Jahren Japans erlebt.
Falls euch diese Beschreibung nicht sofort zum Kauf locken sollte, braucht ihr gar nicht weiter darüber nachzudenken. Denn die spielerischen Aspekte dienen nur dem bloßen Zeitvertreib sowie als Auflockerung zwischendurch. Hauptsächlich folgt ihr den Markierungen auf der Karte zum nächsten Event oder redet ein wenig mit euren Nachbarn. Auf den Wegen liegen überall kleine Kristalle verteilt, die ebenfalls nach abgeschlossenen Episoden erscheinen. Sammelt genügend ein, um anschließend Monster-Karten zu erhalten.
Diese benötigt ihr für Kämpfe, deren Erwähnung sich kaum lohnen würde, wenn es nicht das einzige Spiel-Element wäre. Hier sucht ihr aus eurem Deck fünf Karten aus und legt sie vor euch hin. Das Kampfsystem folgt dem simplen Papier-Stein-Schere-Prinzip. Da ihr die Monster eures Gegenübers nicht seht, handelt es sich hier eher um ein Glückspiel. Solltet ihr das Gefecht für euch entscheiden, plappert Sohta einen kurzen Spruch, woraufhin euer Gegner zu Boden fällt. Als Mechanik kaum der Rede wert, verdeutlicht es trotzdem den kindischen Spieltrieb.
Attack of the Friday Monsters: A Tokyo Tale ist genau eines dieser Spiele, von denen ich mir erhoffe, dass es zukünftig mehr davon zu uns schaffen. Ihr erhaltet für den Preis einer Kinokarte eine Reise in eine perfekt rekreierte Zeit, die ihr anders wohl kaum jemals so direkt erfahren werdet. Knapp drei Stunden dauert der Aufenthalt und bietet somit das richtige Zeitfenster für diese Erfahrung. Startet es nach dem Abendessen, gönnt euch dazu vielleicht noch ein kühles Getränk und genießt Attack of the Friday Monsters als das interaktive Erlebnis, das es ist.