Augen-Training
Zum Heulen!
Wie beschäftigt man die zig Millionen Spieler weiter, die mit Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging auf dem Nintendo DS ihre grauen Zellen auf Vordermann gebracht haben? Das ist eine gute Frage. Nintendo beantwortet diese (unter anderem) mit einem neuen Spiel namens Augen-Training, dessen Spielprinzip dem Erfolgstitel erstaunlich ähnelt. Es gibt einen Alterstest, tägliche Übungen und mehr oder minder hilfreiche Tipps für den Alltag. Nur das Wichtigste hat man vergessen zu kopieren: Den Spaß.
Denn das Hauptproblem von Augen-Training liegt schon in der Natur der Sache. Kann man es wirklich als eigene Leistung bezeichnen, gut zu sehen? Wenn man mit Dr. Kawashima sein Gehirn trainiertes, insbesondere die Rechenaufgaben mit der Zeit schneller und sicherer löste, dann fühlte sich das wie ein echter Erfolg an. Aber wenn ein Spiel nach ein paar Tagen behauptet, man habe seine Augen verbessert? Nicht wirklich.
Überhaupt interessant ist der Titel daher lediglich für jemanden, der wirklich daran glaubt, mit dessen Hilfe seine Sehleistung steigern zu können. Insofern ist es vielleicht tatsächlich ein so genanntes Non-Game, weil es mehr an eine lästige Pflicht als an ein Freizeitvergnügen erinnert, das Euch dafür belohnt, Zeit mit ihm zu verbringen.
Gehen wir ein bisschen mehr ins Detail. Tag für Tag erwarten Euch zwei verschiedene Aufgabenarten, die immerhin eins gemeinsam haben: Sie machen keinen Spaß. Da sind zum einen die so genannten Grundübungen, bei denen Ihr beispielsweise eine für Sekundenbruchteile auf dem Bildschirm erscheinende Zahl erkennen oder 40 Kästen in kürzester Zeit antippen müsst. Dabei wird neben der Konzentration etwa das periphere Sehen gefördert. Angeblich.
Zum anderen bekommt Ihr es mit Sportübungen zu tun, die gewissermaßen versuchen, die größte Schwierigkeit einer Sportart herauszufiltern und vereinfacht wiederzugeben. Bei Baseball sowie Tischtennis gilt es, den Ball zum richtigen Zeitpunkt zu treffen, bei Fußball, den Ball zu einem Mitspieler zu passen oder ein Tor zu schießen. Bei Basketball wiederum rennen mehrere Sportler mit verschiedenfarbigen Trikots ins Bild, kurz darauf sind nur noch ihre Silhouetten zu sehen. Jetzt müsst Ihr zeigen, wer zu Eurem Team gehört.
Ohnehin scheint man für Augen-Training weniger "die Alten" im Auge gehabt zu haben - höhö! - , als vielmehr Sportler im Allgemeinen. Blöderweise sollten Spieler, die das 40. Lebensjahr nicht überschritten haben, die meisten Aufgaben jedoch beim ersten Anlauf perfekt bewältigen können.
Noch blöder ist, dass einige der Übungen gar nicht das Auge, sondern eher Eure Hand auf die Probe stellen. Das Passen beim Fußball etwa erfordert von Euch vorwiegend, dass Ihr einen halbwegs geraden Strich zeichnen könnt. Na gut, die Hand-Augen-Koordination zählt ja auch zu den Bereichen, die der Titel verbessern will.
Aber insgesamt funktioniert das gesamte Konzept schlicht und ergreifend nicht. Anders als Übungen, die das Gehirn ansprechen und irgendwo motivieren, sind diese ganzen "Guck halt mal genau hin!"-Aufgaben vom ersten Moment an ermüdend. Und grafisch wirkt das Spiel simpler als alles andere, was wir jemals auf dem DS sehen durften. Vielleicht muss das so sein, kein optischer Schnickschnack, um das Auge nicht abzulenken. Aber es passt gut ins Bild eines Spiels, das ein anderes ohne großen Aufwand kopieren will und daran in jeder Hinsicht grandios scheitert.