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Aus dem Postfach des Spielejournalisten: Was ich dank einer Spam-Mail heute über Eritrea lernte

In der Ukraine ist zumindest das Internet billig. Und in Russland übrigens auch.

Wenn man eine Webseite mit einer gewissen Reichweite betreibt, dann bekommt man jeden Tag Mails. Viele davon sinnvoll und erfreulich, in unserem Falle, wenn sie sich um coole neue Spiele drehen. Eine Menge Mails sind auch weniger bewegend, aber immer noch völlig legitim, eine Menge Spam ist auch dabei und manchmal, ganz selten manchmal wir einem auch der Tag mit einer richtig stussigen Mail versüßt.

Diese Mail, die ich euch hier einfach mal nicht verheimlichen möchte, gehört in die Kategorie der Link-Fischer-Mails. Das sind mehr oder weniger fragwürdig recherchierte Top-irgendwas-Inhalte, die man doch bitte gleich nutzen sollte, aber wenn, dann bitte mit einem Link auf die eigene zu vermarktende Webseite. Das sind häufig genug irgendwelche Casinos oder fragwürdige Finanzdienstleister. Keine Sorge, auf nichts davon verlinke ich hier oder sonst wo.

Mails dieser Art kommen täglich. Aber heute war das Thema besonders seltsam aufbereitet.

Meist sind diese „News“-Textbausteine harmlos. Welche Spielesoundtracks laufen auf Spotify am häufigsten, welche Influencer verdienen wie viel, welche Spieleserien hatten die meisten Fortsetzungen. Die meisten dieser Informationen sind schlecht bis gefühlt gar nicht recherchiert und entsprechend oft auch falsch, aber vom Thema her nicht weiter verwerflich. Manchmal kurz die Mail aufmachen, meist nicht, nie was damit machen, auf keinen Fall einfach veröffentlichen.

Heute aber bekam ich eine Mail dieser Art, die einfach so surreal ist, dass ich sie euch nicht vorenthalten möchte. Das Thema lautet „In diesen Ländern auf der Welt gibt es das billigste Festleitungs-Internet“. Okay, sehr spezifisch, aber warum nicht. Wenn man das recherchiert, auf Leistung der Anbieter, Einkommen im Land und so weiter umrechnet, ist das eine sehr komplexe Angelegenheit, aber nicht uninteressant. Dass Deutschland da nicht gut bei wegkäme, das glaube ich sofort, aber zu sehen, was man in anderen Ländern für wie viel bekommt, sicher, warum nicht.

Nicht gelogen, das Internet in der Ukraine ist billig. Bis zu 100 Mbit für knappe 7 Euro im Monat ist ein Schnäppchen. Wenn man ein deutsches Durchschnittsgehalt bekommt und in einem Haus ohne Raketenlöcher lebt.

Stattdessen lese ich, dass das Land mit dem billigsten Internet-Zugang die Ukraine ist. Für 6,50 Dollar umgerechnet bekomme ich angeblich Internet. Welches Internet und ob da schon der Gratiszugang zu Star-Link mit eingerechnet ist, wenn ich die Gefechtsdaten aus meinem Kommandostand übermitteln möchte, ist unklar. Wahrscheinlich nicht, weil es ja um den Preis für Festleitungs-Netzzugang geht, auch wenn die verlinkte Statistik dies in keiner Weise hergibt. Aber die Aussage allein, ohne jegliche Erwähnung der Situation im Land im Zusammenhang mit dieser Zahl ist, nun, gewagt? Bescheuert? Bestenfalls nichtssagend.

Es geht fröhlich unkommentiert weiter, dass der Festleitungs-Netzzugang in Russland und Belarus auch sehr billig sei. Seht ihr, ihr könnt da zwar nicht alles im Internet sehen, aber das, was noch nicht zensiert wurde, ist zumindest billig. Juhu. Aber nicht nur das billige Ende der Welt wird genannt, nein, auch das teuerste Festnetz-Land macht seine Aufwartung: Eritrea mit 2666 Dollar. Woher diese Zahl kommt, welcher Anbieter, gibt es andere Infrastruktur im Land? Egal, wird schon passen.

Nun, wenn man sich auch nur die Wiki-Seite zu Eritrea ansieht, dann könnte man zu dem Schluss kommen, dass dieser Preis ein Schnäppchen ist. Der letzte echte Infrastrukturausbau fand unter den Besatzern vor und kurz nach dem Zweiten Weltkrieg statt (Italien und England). Die wichtigste Bahnlinie des Landes wird von einer Dampflok befahren und bei allen Indizes was Korruption und Stabilität angeht, steht das Land, nun, sagen wir mal nicht ideal da. Für eine zumindest stabile Leitung nur 2666 Dollar klingt gar nicht so schlecht. Zumal, wer ein wenig weiterliest, wird feststellen, dass ein privater Interzugang praktisch verboten ist. Auch, dass es landesweit nur ein 2G-Netz gibt. Dass private Handys egal welcher Art selten sind, dass in der Handvoll Internet-Cafés in der Hauptstadt ständig Wachen herumlungern, ob man nicht eine staatsfeindliche Webseite aufmacht. Relativ viele Seiten sind wohl staatsfeindlich. Jap, 2600 Dollar für einen Privatzugang klingen nach einem Schnäppchen.

Das AWeT StartUP Cafe' in Eritreas Hauptstadt Asmara. Wusstet ihr, dass das die Hauptstadt von Eritrea ist? Und dass das zwar aussieht wie Berlin Mitte in billig, aber die Bandbreite wahrscheilich kaum eurer ersten ISDN-Leitung entspricht?

Danach wird noch ein wenig in der Mail auf Mbps pro Dollar umgerechnet, was aber wenig neue Erkenntnisse bringt. Schließlich endet die Mail nach etwas mehr als zehn Zeilen mit der Bitte, doch auf die Webseite zu verlinken, in deren Auftrag man diese tollen Zahlen zusammentrug. Ich schließe sie mal mit diesem Goldstückchen: "Edith ..., die Finanzanalysten von ..., stellt fest: Die Ukrainische Breitband und Mobile Infrastruktur ist ausgezeichnet und erlaubt den Nutzern große Datenmenge zu einem Bruchteil der durchschnittlichen Kosten zu bewegen. Das bedeutet, dass Ukrainer sich an schnellem, zuverlässigem Internet erfreuen, dass sie weit weniger kostet, als es in anderen Ländern der Fall wäre. Mit mehr und mehr täglichen Internet-Nutzern wird die Nachfrage nach bezahlbarem Internetzugang weiter steigen." Das ist jetzt wohl nicht vollkommen verkehrt, auch wenn ich die Verlässlichkeit infrage stellen möchte, wenn mein Nachbarland viel Energie und Raketen darauf verwendet meine Kommunikations-Infrastruktur lahmzulegen.

Das war eine Mail, die war anders. Aber dann doch nicht sinnlos. Am Ende konnte ich ein paar interessante Fakten über ein Land mitnehmen – Eritrea – über das ich sonst so wenig nachdenke wie der Rest der Welt das tut.

Und jetzt zurück zu Spielen. Und dass es viel zu warm ist. Aber wahrscheinlich nicht so warm wie in Eritrea und ich habe preiswertes Internet, in dem ich an Seiten öffnen kann, was immer ich mag. Wenn auch nicht so billig wie in einem aktiven Kriegsgebiet. Nun, man kann wohl nicht alles haben.

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