Baphomets Fluch 5: Der Sündenfall (PS4, Xbox One) - Test
Der sechste Teil kommt bestimmt.
Adventures sterben nicht und sie gehen nicht mal weg. Schaut man sich die Historie von zum Beispiel Monkey Island und - im Rahmen dieses Tests ganz spontan ausgewählt - Baphomets Fluch an, dann haben diese beiden Serien in den letzten Jahrzehnten wahrscheinlich öfter was vom Aussterben gehört als so manche wirklich gefährdete Art. Aber der Punkt ist: Sie sind immer noch da. Es geht ihnen gut. Adventures verkaufen sich ganz okay. Es ist halt nur so, dass sie sich irgendwann in den 90ern vom restlichen Verkaufszahlenhype von Tomb Raiders und Co. abkoppelten und bis heute im Idealfall bei ein paar Zehn- bin Hunderttausend stagnieren. Aber sie hatten und haben einen gewaltigen Vorteil: Der technische Anspruch hält sich im Vergleich in Grenzen. Sicher, man muss mit Liebe zum Detail arbeiten, es müssen schöne Hintergründe und nette Figuren sein, ein paar brauchbare Sprecher haben noch nie geschadet, aber all das braucht eben nicht die neueste Ausgestaltung einer aktuellen Engine mit teuren Texturen. X-Millionen-Budgets werden nicht gebraucht und sie sind auch nicht da. Es sind keine Triple-A-Spiele mehr wie in ihrer Entstehungszeit. Aber deshalb sind sie noch lange nicht tot.
Dass sie auch jenseits des PCs zumindest technisch funktionieren können, und das als weit klassischere Version, als es Sherlock Holmes oder Telltale vormachen, zeigt Baphomets Fluch 5: Der Sündenfall. Nach der PC-Version, bei der die Maussteuerung ja gottgegeben wie sinnvoll scheint, und der Touch-Version für die Tablets nun also mit Pad. Das gab es zuvor und es funktionierte, hier ist das nicht anders und keine große Überraschung. Die PS4-Version unterstützt das kleine Touchpad, aber persönlich empfand ich das als deutlich unpräziser, als den Zeiger mit dem Stick zu lenken. Da die einzelnen Bereiche nie zu groß sind, als dass ihr sie nicht im Überblick oder zumindest Hinterkopf hättet, kommt euch diese etwas langsamere Zeigeoption nie in die Quere. Und da auch das Inventar sowie die vielen, vielen Gesprächsoptionen simpel wie elegant gelöst wurden, spricht nichts gegen eine der neuen Konsolenfassungen. Noch dazu hat Revolution die eh schon schicken Bilder mit ein paar Details, Animationen und Scroll-Ebenen angereichert, sodass es die derzeit hübscheste Version des fünften Baphomet ist.
Die Frage ist jedoch, ob es sich überhaupt lohnt, die Zeit in dieses Adventure zu stecken, nachdem die PC-Version ja eher mit gemischten Gefühlen aufgenommen wurde. Frank teste damals den ersten und zweiten Teil des Abenteuers, die auf dem PC noch mit etwas Verzögerung zueinander veröffentlicht wurden, und sein Enthusiasmus war angefacht, aber kam offenbar nie so richtig aus dem Knick. Und ja, jetzt, nach meinem persönlich ersten Durchgang durch das Spiel, kann ich so vieles davon gut nachvollziehen. Die weder besonders hübschen und noch zügigen Animationen kriechen lustlos über den Screen. Ende der 90er wäre das akzeptabel gewesen, so entsteht ein deutlicher Kontrast zwischen den traumhaft schönen Hintergründen und den Figuren, sobald sie sich rühren. Insgesamt immer noch viel fürs Auge, aber handgezeichnete Animationen sollten für einen sechsten Teil überdacht werden.
Aber nicht nur die Animationen, vor allem der schleichende Gang ist langsam, das Spiel braucht ziemlich, um aus dem Knick zu kommen. Gerade die ersten Stunden ziehen sich ganz ordentlich. Die Handlung gibt viel Exposition und bei aller Liebe zu den Referenzen zu früheren Teilen, etwas mehr Dramatik hätte der Dramaturgie wirklich nicht geschadet. Es wirkt nun, da alles in einem Schwung geliefert wird, nicht mehr so unbefriedigend wie damals, als es mit Episode 2 richtig losging. Es bleiben ein paar nette Dialoge, ein paar schöne Orte, ein paar (manchmal etwas gezwungen) witzige Figuren und vor allem eine Handlung, die ab Stunde fünf dann endlich aufwacht.
Aber nicht nur ab da, sondern auch bis dahin glänzen immer wieder ein paar der Rätsel und zeigen, was das Genre kann. Von Zeit zu Zeit seid ihr gut beraten, zu Papier und Stift zu greifen und die Hirnzellen manuell um ein Puzzle kreisen zu lassen. Andere Stellen verlassen sich auf eher simple Dialogrätsel und ein paar extrem krude und künstliche Konstellationen gibt es auch. Keines der Rätsel läuft komplett aus dem Ruder, aber die Bandbreite zwischen absurd konstruiert und brillant ertüftelt ist ein wenig zu gleichmäßig verteilt, als dass es für mehr als eine „Gehobene Puzzlekost"-Einschätzung reichen würde. Wer stecken bleibt, hat jederzeit ein abgestuftes Tippsystem an seiner Seite, das mit „Denk doch mal darüber nach" startet und erst im letzten Hinweis ganz klar sagt, was zu tun ist.
Die Handlung selbst hat auch ihre Schwächen, vor allem eben, dass sie die ersten Stunden etwas zu selbstgefällig dahinmäandert. Dabei gehört das bewährte Heldenduo durchaus zu den unterschätzten Figuren der Spielegeschichte. Vielleicht weil sie relativ normal daherkommen und der Funke zwischen ihnen immer auf einem züchtigen Level bleibt, vielleicht auch weil ihnen einfach das Verrückte so vieler anderer Adventure-Helden fehlt. Vergesst das, das Spiel lebt vom Geplänkel der beiden und, wie die Vorgänger auch, von einem guten Mysterium.
In bester Dan-Brown-Manier - wobei dessen Diabolus 1998 erschien und das erste Baphomets Fluch schon 1996 - wird Fiktives als Einstieg für Historisches genommen und zu einer guten Verschwörung verquirlt. Da ist mal wieder genug Material, um Interesse zu wecken, zu Wikipedia zu wandern und vielleicht sogar ein wenig tiefer einzusteigen. Als jemand, der das Foucaultsche Pendel mittlerweile halb seziert hat, waren die frühchristlichen Nag-Hammadi-Schriften ja fast schon alte Bekannte, um die sich ein paar wundervolle Verschwörungsmärchen ranken. Schön, sie hier neu gesponnen zu sehen, und sicher ein guter Grund, sich mal wieder in ein paar Dinge einzulesen. Es ist immer gut, wenn ein Spiel diese Art von Hintergrund bietet, und sicher eine der echten Stärken auch dieses Teils der Reihe.
Also ja, es bleibt definitiv ein positiver Eindruck nach dem Dutzend Stunden und die neue Umsetzung mag kein Grund sein, noch einmal loszulegen, aber wenn ihr klassischen Rätsel-Adventures nicht abgeneigt seid und bisher nicht das Vergnügen hattet, wird euch hier keine Pad-Hürde abhalten, das nachzuholen. Die Stärken liegen in einer Vielzahl guter Rätsel, solider Dialoge, partieller visueller Schönheit und einer spannenden Thematik. Dass diese dafür mitverantwortlich ist, dass die eigentliche Handlung, vorsichtig gesagt, etwas länger braucht, um dann doch mal zu starten, dass einen mitunter krude Rätsel unfair ausbremsen und die Animationen stocksteif daherkommen, verhindert jedoch eine höhere Weihe als eine Empfehlung für Genre- und Serienfans. Schade, denn es steckt mehr Potenzial in der Reihe. Aber wie gesagt, Adventures sind nicht tot, Baphomets Fluch 5: Der Sündenfall funktioniert auch auf den modernsten Plattformen tadellos. Ein weiterer Kickstarter wird uns hoffentlich ein weiteres Charles-Cecil-Schmuckstück bescheren, das sich dieser Macken dann annimmt.