Baphomets Fluch: Reforged – Die haben doch alle einen Schatten!
Wie mithilfe von KI eine zeitgemäße Neuauflage entsteht.
Eine Stunde lang habe ich mich auf der gamescom mit Charles Cecil unterhalten, hauptsächlich über die frisch angekündigte Neuauflage des allerersten Baphomets Fluch. Dabei zeigte sich Cecil zunächst einmal sehr dankbar darüber, dass seine Spiele damals schon aufwändig lokalisiert wurden – so aufwändig tatsächlich, dass viele damalige Spieler je nach Herkunftsland noch heute davon überzeugt sind, dass Baphomets Fluch in Deutschland oder Frankreich entstand.
Ich kannte ihn als Menschen vorher ja nicht, aber Cecil erzählt das mit einer so ehrlichen, erfrischend ungefilterten Freude, dass einem richtig warm ums Herz wird. Spielt beim Besprechen des Inhalts freilich keine Rolle. Aber vielleicht interessiert es langjährige Fans ja dennoch, dass hinter einigen ihrer guten Erinnerungen ein mindestens nach außen hin so warmherziger Spielemacher steht, der zu allem „Überfluss“ auch wenig davon hält, irgendein einstudiertes PR-Programm herunterzuleiern, sondern mir auf eine Frage nach den neu hinzugefügten Echtzeit-Schatten einen Blick hinter die Kulissen gewährt.
Immerhin wurde die Grafik tatsächlich komplett renoviert – ein Aufdrehen der Auflösung hätte bei weitem nicht gereicht, um die alte Technik auf modernen Displays gut aussehen zu lassen. Davon könnt ihr euch später jederzeit selbst überzeugen, indem ihr per Tastendruck zwischen altem und neuem Bild wechselt. Daher hat sein Team in vielen Fällen die ursprünglichen Hintergründe frisch eingescannt und dieses Material als Grundlage verwendet.
Um auch den Charakteren mit ihren zahlreichen Animationsphasen ein frisches Aussehen zu verpassen, kam den Entwicklern hingegen die KI entgegen: Die wurde nämlich auf deren frisch gezeichnete Umrisse trainiert, um das komplette alte Material anschließend anhand dieser neuen Vorlagen automatisch aufzuwerten.
Danach verleihen Animateure jetzt den Händen und Gesichtern händisch leben, denn damit wäre die Software heute wohl noch nicht so zurechtgekommen, dass das Ergebnis überzeugend ist. Dass sich die Künstler dabei am Original orientieren, versteht sich von selbst. Allerdings modernisieren sie die damaligen Bewegungen so, dass die Figuren nicht mehr buchstäblich regungslos am Platz verharren, und hauchen ihnen ein wenig sichtbares Leben ein.
Und dann kommen eben auch neue Schatten hinzu, die es damals noch nicht gab. Doch wie verbindet man reine 2D-Umrisse mit einer Echtzeit-Beleuchtung? Hier zeigte Cecil mir und zwei weiteren Gästen, wie der Schatten natürlich die Form des jeweiligen Charakters hat und immer den Füßen dieser Figur folgt – was sein Programmierer gelöst hätte, ohne dass er händisch definieren musste, wann eine Figur den Fuß hebt, damit ihr Schatten das ebenfalls tun kann.
Über das manuelle Aktivieren und Bewegen einer fiktiven Lichtquelle erhalten die Schatten außerdem die richtige Neigung, bevor die Entwickler noch bestimmen, welche Farbe und Sättigung sie erhalten sollen, um glaubwürdig zu wirken. Ein reines tiefes Schwarz würde immerhin unrealistisch aussehen.
Glaubwürdig zu sein ist dabei Cecils Devise, wenn realistisch mal nicht möglich ist. Denn so ein nachträglicher Schatten auf einem nach wie vor zweidimensionalen Bild sorge durchaus für Artefakte, die nicht einfach zu beheben sind – es sei denn, man definiert einfach Bereiche wie zum Beispiel eine Laterne, auf denen er einfach nie zu sehen ist. Das fällt den Meisten nämlich niemals auf und damit auch nicht als seltsames Artefakt ins Auge.
Im Nachhinein gibt es allerdings auch ein paar Kleinigkeiten, die Cecil – da verzieht er ganz zerknirscht das Gesicht – heute gerne bereinigen möchte. Keine Sorge: Am Spiel wird sich nichts ändern. Dass nach einer Explosion ein umgekippter Barhocker nicht mehr umgekippt am Boden lag, wird aber korrigiert. Und auch die Tatsache, dass ein Charakter Kleidung trug, die keiner Logik entsprach, kann Cecil endlich beheben. Ach, und auch ein paar erweiterte Dialogzeilen, die einst zwar aufgenommen, aber nicht verwendet wurden, sollen zudem ihren Weg zurück ins Spiel finden.
Apropos modern: Wer kennt heute überhaupt noch Point&Click-Adventures? Klar… die meisten von euch. Allerdings beschreibt Cecil auch, dass einige seiner jungen Testspieler doch tatsächlich vor einem seiner Spiele gesessen haben wie vor einem Buch mit sieben Siegeln. Und denen will er natürlich unter die Arme greifen – mit einem optionalen Hilfesystem, das beim Aktivieren durch ein behutsames Blinken anzeigt, wo man etwas tun könnte.
Vielleicht finde so ja ein paar Spieler mehr noch Zugang zu dem Genre, dem genau wie dem PC schon vor Jahren nachgesagt wurde in Kürze auszusterben. Dem es heute allerdings so gut geht wie schon lange nicht mehr.