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Batman Arkham Origins - Kann der dunkle Ritter Prequels cool machen?

Batman gibt sich in seinem zweiten Jahr noch roh und ungeschliffen.

Es ist so eine Sache mit Prequels. Hier als Lückenfüller verschrien, dort als kreative Bankrotterklärung, stecken dahinter oft aber auch durchaus spielgestalterische Überlegungen. Als ich vor kurzem Arkham Origins das erste Mal vor Ort in Hamburg anspielen konnte, wollte ich von Ben Mattes, Executive Producer des Spiels bei Warner Bros Montreal, wissen, weshalb das dritte Arkham-Batman den Blick in die Vergangenheit, genauer gesagt ins Jahr zwei der Fledermaus richtet.

Also, was hat Batman, was Kratos nicht hat, der jüngst mit Ascension eine kommerziell enttäuschende Origin-Geschichte spendiert bekam? "Ich habe natürlich auch bemerkt, dass Leute allgemein Prequels nicht so sehr mögen. Aber tatsächlich waren wir es, die ein Prequel machen wollten", erinnert sich Mattes. Das habe dabei nicht einmal daran gelegen, dass Rocksteady die Zukunft Batmans für sich gepachtet hätte. "Wir hatten eine bestimmte Geschichte zu erzählen. Wir lieben einfach die frühe Batman-Laufbahn. Meiner Meinung stammen einige der aufregendsten Geschichten aus der Zeit, als er noch jung und roh war", erklärt er. "Er ist furchterregend und spielt mit dem Element der Angst. Er hat noch nicht diesen Grad an Vertrautheit erreicht, den er später hat, als ihn sogar die Cops um Hilfe bitten."

Blick zurück im Zorn

"In einem der Comics, der während seiner frühen Laufbahn spielt, gibt es diese wundervolle Szene", rekapituliert Mattes. "Er sprengt eine Gangsterversammlung buchstäblich, als er eine Wand explodieren lässt. Da steht er dann, umhüllt von Rauch, die Flammen beleuchten ihn von hinten und nur seine Augen leuchten aus der Silhouette heraus. Die Gangster machen sich beinahe in die Hose. Da ist ein Monster in ihrem Haus! Das ist ein sehr aufregender Bereich, eine Geschichte zu erzählen", erklärt der Produzent. "Warner hat uns nur gefragt, ob wir ein Batman-Spiel zu einem bestimmten Zeitpunkt liefern können und uns dann gefragt, was wir damit machen wollten. Wir wollten diese frühe Geschichte machen, weil wir dort etwas zu erzählen hatten."

Batmans Kostüm sieht noch eher nach SWAT-Ausrüstung aus als nach echtem Superhelden-Fummel.

Diese Geschichte sei besonders aufregend, weil man wüsste, was aus den Charakteren wird. Das 'Wie' sei dabei entscheidend. "Unser Batman beginnt als komplett andere Person als die, die er in Arkham Asylum ist. Und die Geschichte, die wir erzählen, hilft dabei, ihn zu dieser Figur zu machen, die wir bereits kennen und lieben. Wie er dahin gelangt, ist für eine aufregende Narrative gut". Und doch bleibt der Gedanke: Ähnliches könnte man von God of War: Ascension ebenfalls sagen, das uns den Menschen Kratos zeigen wollte, bevor er zum Monster wurde. "Ich finde, im Gegensatz zu Kratos hilft uns, dass es bereits ein Verständnis davon gibt, was Batman in seinen frühen Jahren war oder ist. Das ist bei Kratos nicht der Fall", ist Mattes überzeugt.

"Er ist ein relativ neuer Charakter und wenn man die Geschichten eins, zwei und drei erzählt hat und man nun eine vierte erzählen will, ist es fast egal wohin man geht: Wenn es nach den Fans geht, kann man genau so gut Geschichte null erzählen, weil der Charakter in dieser Form im Bewusstsein der Leute noch nicht existiert". Bei Batman sei dies anders. "Viele unserer Spieler kennen den Unterschied zwischen dem erfahrenen und dem jungen Batman. Sie kennen den Unterschied zwischen seinen Anfängen und seiner späteren Karriere. Was sie nicht kennen, ist unsere Version dieser Geschichte. Wir haben einige sehr aufregende Dinge über diese Zeit zu sagen."

50 Mio. Dollar Kopfgeld für die Fledermaus

Abgesehen vom frühen Szenario, bei dem Bösewicht Black Mask eines Heiligabends eine Horde Super-Killer auf Batman ansetzt, präsentiert sich Arkham Origins aber in bester Serientradition. Zweimal so groß wie Arkham City, setzt sich diese Spielwiese aus einer Nord- und einer Südinsel zusammen, die durch eine gigantische Brücke verbunden sind. Und doch ist es sofort eindeutig als die selbe Welt zu erkennen. Düster, verfallen und doch mit einer kunstfertigen Ausstattung versehen, die verrät, dass diese Orte einmal der liebevoll umsorgte Nabel der Welt für ihre Bewohner waren. An der Mischung aus Erkunden, Prügeln und Gargoyle- respektive Lüftungsschacht-Stealth wurde nicht eine Sekunde gerüttelt. Spielerisch verspricht dies eine hochsolide Angelegenheit zu werden, so viel ist nach nur fünf Minuten schon klar.

"Das Pacing ist vielleicht eines der stärksten Elemente dieser Serie, fast schon ihre 'geheime Soße'" - Ben Mattes, Executive Producer

Warner Montreal möchte, dass ihr eure Gadgets dieses Mal auch im Kampf häufiger einsetzt.

Kämpfe gegen große Gruppen an Schlägern sind definitiv weiter fester Bestandteil des Erlebnisses. So gut sie sind und so viel Spaß dieses fantastische Kampfsystem auch macht: Für mich persönlich haben Fights gegen ein Dutzend Schläger, aus denen ich siegreich hervorgehe, nicht so viel mit Batman zu tun, der für mich eher einen Weg an diesem Hindernis vorbei suchen würde. Warum hat Warner Montreal nicht die Gelegenheit genutzt, dem unerfahrenen dunklen Ritter auch einen entsprechend anderen Ablauf auf den Leib zu schneidern? Mattes zufolge habe sich die Versuchung, an der etablierten Balance etwas zu ändern, in Grenzen gehalten. "Hatten wir eine Motivation, mehr oder weniger Predator-Bereiche zu bringen? Nun, das Pacing ist vielleicht eines der stärksten Elemente dieser Serie, fast schon ihre 'geheime Soße'. Es ist die Abwechslung aus Kämpfen, Stealth und Erkundung, die niemals langweilig wird."

"Das ist etwas , das wir aus unseren Analysen von Arkham Asylum und Arkham City gelernt haben: Wir haben viel Zeit aufgewendet, jeden einzelnen Bereich zu bearbeiten, kürzen, verlängern, erweitern und modifizieren, um ein Spielgefühl zu erzeugen - und Playtests bestätigen uns darin -, bei dem die Leute stets mehr von etwas wollen, anstatt die Nase davon voll zu haben", gewährt Mattes Einblick in den Prozess bei Warner Montreal. "Es so zu mischen, bewirkt, dass die Spieler immer mehr wollen".

Ein bisschen was von allem

Pacing hin, bewährtes Kampfsystem her: Warum geht man nicht den Deus-Ex-Weg und gestaltet jedes Szenario so, dass man es komplett mit Stealth lösen kann? Für Mattes stand das nicht zur Debatte. "Ich sage nicht, dass die Idee nicht interessant ist, aber das ist einfach nicht die Arkham-Formel. Die sieht so aus: Das hier ist der Raum, in dem die unentdeckt vorgehen musst, dies der Ort für aggressives Vorgehen. Wenn man in jedem Raum alles sein könnte, haben wir Spieler die durchgehend den durchgeknallten Rambo-Batman geben und solche, die Super-Stealth-Sam-Fisher-Batman sind", so Mattes. "Das ist aber nicht das Erlebnis, das wir liefern wollen. Du sollst Batman sein und als Batman machst du im Verlauf des Spiels ein bisschen was von allem."

"Die Entwickler verstehen die Bosskämpfe als Art Abschlussprüfung, die vom Spieler die Perfektionierung einer Technik verlangen."

Das Batwing stellt die Schnellreisefunktion, etwa wenn es zu Penguins Schiff 'The Final Offer' gehen soll.

Als es dann zur Auseinandersetzung mit Deathstroke kommt, dem ersten Killer des Abends, wird aber auch klar, dass Warner doch ein paar Ideen hatte, wie man den bewährten Spielablauf noch besser machen kann. Die Entwickler verstehen diese Bosskämpfe als Art Abschlussprüfung, die vom Spieler die Perfektionierung einer Technik verlangen. Das ist kein unbekannter Gedanke, aber in diesem furios geschnittenen Fight fällt sofort auf, dass ein deutlich genaueres Timing als gewohnt vonnöten ist, um die Stab- und Katanaschläge des Ninjas abzuwehren und ihm Schaden zuzufügen. Hämmert man die Taste zu häufig, verschwinden sogar die Blitze über dem Kopf des Angreifers, die eine konterbare Attacke signalisieren.

Mattes erklärt dies so: "Sobald die Spieler die Konter-Anzeige sehen, fangen sie an, wild den Knopf zu drücken, was letztlich zu misslungenen Kontern führt und dazu, dass sie die fortschrittlicheren Techniken und Fähigkeiten nicht nutzen, die den Free-Form-Combat erst zu dem tiefen und belohnenden System machen, das es ist. Wir wollen, dass die Leute diese Tiefen verstehen. Indem wir dich also zwingen, hier genau in diesem Moment zu kontern, bringen wir dir die Techniken bei, die du in größeren Kämpfen später im Spiel brauchen wirst". Ich habe Deathstoke im Verlauf des langen Kampfes nicht besiegt und ehrlich gesagt habe ich viele der geskripteten Angriffsanimationen ein bisschen häufiger gesehen, als mir lieb war. Aber alleine den Willen, dem Spieler das Buttonmashing abzutrainieren, rechne ich Warner hoch an.

Prequel- und Origin-Überdruss schön und gut, Ben Mattes behält wohl tatsächlich recht, wenn er sagt, dass der junge Batman sein eigenes Spiel wert ist. Dies macht gerade die Vertrautheit der gezeigten und gespielten Abschnitte klar. Erst die Handlung taucht sie in ein ungewohntes Licht, denn in dieser einen Nacht ist Batman der Gejagte. Auf seinen Fersen befinden sich nicht nur acht hochtrainierte Killer, sondern auch die komplette Polizei von Gotham. Weder Jim Gordon noch - und das ist verdammt gewöhnungsbedürftig - Butler Alfred sind wirklich auf seiner Seite. Wo Kratos in Ascension letztlich nie aus seiner Komfortzone heraustrat, ist Batman in Arkham Origins kein Superheld, sondern rabiater Selbstjustiziar, der zwar einen moralischen Kompass, aber noch keine Karte hat. Und das ist definitiv eine Geschichte, die ich gerne erleben möchte.

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