Skip to main content

Battle Fantasia

Fantasievoller Schlagabtausch

Wenn eine böse Macht über ein friedliches Fantasy-Ländchen herfällt, dann gibt es mehrere praktikable Vorgehensweisen. Gängigstes Gegenmittel: Eine bunt gemischte Truppe Minderjähriger zieht los. um dem Bösewicht nach vielen kleinen Abenteuern den Garaus zu machen. Auch beliebt: Ein einzelner Held, der besonders gut draufhauen kann, erlegt die dunklen Armeen und ihren noch dunkleren Anführer im Alleingang.

Den unpraktischsten Ansatz finden wir aber im Beat’em-Up-Genre: Da verprügeln sich alle guten und bösen Helden erst mal gegenseitig, bis am Schluss einer gegen den übermächtigen Obermotz antreten darf, der nach zwei Runden schließlich fällt und klein beigibt. Wenn man drüber nachdenkt, ist das nicht wirklich praktisch, aber wenn das Spiel an sich Spaß macht, dann kann man da schon mal über eine gewisse Sinnlosigkeit hinwegsehen.

Denn auch wenn dieser Ansatz den ehrgeizigen Geschichtenschreiber hinter mancher Prügelei in leichte Erklärungsnöte bringt, so sorgt er doch zumindest für eine bunte, abwechslungsreiches Kämpferriege. Den Beweis für diese Theorie tritt hier Arc System Works´ Battle Fantasia an. Im neuen Prügler der Guilty Gear-Macher treten zwölf farbenfrohe Fantasy-Recken und –Reckinnen an, um einer bösen Macht, die ihre Welt bedroht, entgegen zu treten.

Da ist zum Beispiel Urs Van de Land – Sohn eines legendären Helden, der aus dem Schatten seines Vaters treten will und ein mächtiges Kettensägenschwert schwingt. Oder Urs kleiner Bruder Marco. Der ist zwar recht klein geraten, schwingt aber das Schwert seines Vaters wie ein Profi. Prinzessin Olivia deckt den quietschig-niedlich-Faktor ab, Zwergenchef Donvalve stellt die XXXL-Fraktion, Catgirl-Kellnerin Coyori bedient gleich mehrere Fetische auf einmal und für die Mädels, die ein Faible für unschuldige Knaben mitbringen, geht Messdiener Cedric in Hotpants an den Start. Kurzum: Unter den zwölf Kämpfern sollte sich für jeden Spieler die richtige Figur finden, mit der man sich in den Kampf stürzen kann.

Katzenmädel Coyori findet Hasenmagier Watson ziemlich appetitlich.

Wie Capcoms Street Fighter IV ist auch Battle Fantasia ein 2,5D-Prügler. Auch wenn die Figuren polygonal modelliert wurden, orientieren sie sich in Sachen Hintergrundgestaltung, Spielbarkeit, Steuerung und Animationen doch an den goldenen 2D-Zeiten des Prügel-Genres. Die Kämpfe laufen auf einer 2D-Ebene ab, Sprungangriffe sind ein elementarer Bestandteil des Spielablaufs und Spezialattacken werden in klassischer Halb- und Viertelkreis-Manier ausgeführt.

Spielerisches Vorbild scheint dabei aber weniger Capcoms Street Fighter-Reihe als vielmehr SNKs Samurai Shodown zu sein. Urs, Marco und Co. treten ja nicht nur mit Waffen an, sie setzen auch auf eher auf einzelne, gezielte Treffer, als auf lange Kombo-Attacken. Zusammen mit der überschaubaren Palette an Spezialattacken macht das Battle Fantasia zu einem angenehm einsteigerfreundlichen Beat’em-Up, das nicht durch zu viel Komplexität erschreckt und so angenehm schnell erlernt werden kann – im Umkehrschluss heißt das natürlich auch, dass Profis hier auf lange Sicht weniger gefordert werden, aber selbst die dürften sich über ein paar flotte, unkomplizierte Runden im Fantasy-Ring freuen.

Selbige verbringt man im Arcade-, Story-, und natürlich im wichtigen Versus-Modus. Während Ihr im Arcade-Modus einfach einen Gegner nach dem anderen in angenehm unblutigen Kämpfen auf die Matte legt, verfolgt Ihr im Story-Modus die Geschichte Eures Schützlings. Im Grunde läuft das schlicht auf normale Kämpfe heraus, die Geschichte selbst bietet wenig mehr als halbgare Erklärungen, warum beispielsweise Urs jetzt gegen Bruderherz Marco antreten muss.

Dreikäsehoch Marco trifft in der düsteren Kirche Odile und ihren magischen Stab Dokurod.

Eine kleine Eigenheit nimmt sich Battle Fantasia im Lebensenergie-System heraus: Hier borgt sich der Entwickler die Hitpoints klassischer Rollenspiele. Neben dem obligatorischen Lebensbalken wird die Lebensenergie der Kämpfer auch als Zahlenwert angegeben, zudem jeder Attacke sofort ein Schadenswert zugeordnet. So hat zum Beispiel der füllige Donvalve eine ganze Menge mehr Einsteckvermögen als die zierliche Coyori. Spielerisch sorgt das für etwas mehr Transparenz, ändert aber unterm Strich nicht viel, schließlich kann auch Street Fighter-Ringer Zangief einiges mehr einstecken als seine kleine Kollegin Sakura.

Grafik und Sound von Battle Fantasia reichen von grundsolide bis hochwertig: Viele Hintergründe sind ebenso geschmackvoll wie detailliert gestaltet, die Designs der Kämpfer wurden recht stimmig polygonalisiert, auch wenn sich mir der Eindruck aufdrängt, dass die meisten als hochauflösendes 2D-Sprite noch eine Spur hübscher anzusehen wären. Und mit den Street Fighter IV-Kämpfern und ihrer expressiven Mimik kann die Batte Fantasia-Truppe natürlich auch nicht ganz mithalten.

Trotzdem hat mich Battle Fantasia überzeugt – es ist wahrlich keine Schade, im Kampf gegen Capcoms Mega-Prügler den zweiten Platz zu belegen. Und mit seinem stimmigen Design, den originellen Figuren und der ausgesprochen zugänglichen Spielbarkeit stellt Battle Fantasia eine sehr gute und auch frische Fantasy-Alternative zu Capcoms Straßenkämpfern dar.

Arc System Works´ bunte Prügelei verbindet gekonnt moderne Präsentation mit klassischen Prügel-Tugenden, erschlägt den Spieler nicht mit komplizierten Spezialmanövern und führt eine angenehm unverbrauchte Kämpfertruppe ins Feld. Fans des gepflegten Zweikampfs in 2D können hier ihren Beat’em-Up-Etat guten Gewissens anlegen.

Battle Fantasia ist für die PS3 und Xbox360 als europäische PAL-Version, trotz deutscher Texte aber nicht als offizielle deutsche Fassung im gut sortierten Fachhandel erhältlich.

7 / 10

Schon gelesen?