Battleborn - Test
Zwischen Lust und Frust
Der Untertitel verrät ja bereits, wie ich nach knapp einer Woche zu Battleborn stehe. Eigentlich will Battleborn mit seinen abgefahrenen Charakteren, dem schrägen Humor und der vielseitigen Comicwelt ja geliebt werden. Ich gebe mir auch alle Mühe, dem nachzukommen. Allerdings sorgen ein paar Aspekte immer wieder dafür, dass der Spaß in Frust umschlägt. Doch fangen wir von vorne an.
Battleborn macht schon vieles richtig. Ein gutes Beispiel wäre der Koop-Story-Modus, den ich hier nur noch am Rand erwähne, im Artikel Battleborn Story-Modus: Gemeinsam sterben oder alleine kämpfen? habe ich alles dazu gesagt, was dazu zu sagen war. Nach längerer Testphase auch der restlichen Spielmodi von Battleborn bleibt dem nur noch hinzuzufügen, dass die Koop-Story nicht nur als eigener Spielmodus dient, sondern auch gut mit dem PvP-Modus harmoniert. Man sammelt dort Dinge wie die In-Game-Währung "Credits", Erfahrungspunkte für den Rang des Accounts und Ausrüstungsgegenstände, die man dann auch im Versus-Modus benötigt.
Zudem lassen sich im PvE-Modus hervorragend frisch freigeschaltete Charaktere ausprobieren. Man kann mit den Talenten experimentieren und die Level der jeweiligen Charaktere steigern, um neue Mutagene zu aktivieren. Letztere fügen im Helix-Skilltree eine dritte Talentoption zu den pro Aufstieg zwei Bestehenden hinzu. Oftmals erweisen sich gerade die als besonders hilfreiches Element in PvP-Schlachten - beispielsweise mit einem Betäubungseffekt statt eines Rückstoßes.
Größere Probleme konnte ich im Story-Modus nicht feststellen, einzig am Spawnpunkt festhängende Gegner waren des Öfteren der Fall. Wenn man nicht gerade auf Bestzeiten aus ist, sind die nur bedingt lästig, da die nächste Angriffswelle einfach nach kurzer Wartezeit losgeschickt wird. Wer aber Topzeiten hinlegen will, der hat leider Pech gehabt und muss die Zwangspause fluchend aussitzen. Ein hoffentlich bald folgender Patch sollte das Problem schnell beheben. Abseits meiner eigenen Erfahrungen berichten Spieler in Foren aber auch von fehlenden Sounds, hängenden Animationen, Rucklern, Kapitel-Neustarts und anderem. Davon war bei mir aber bislang noch nichts zu merken.
Kommen wir zum Versus-Modus, der für Spieler auf lange Sicht wohl der nteressantere und vielversprechendere ist. Hier wird Battleborn gerne mit Overwatch verglichen, doch nachdem ich beide Spiele ausgiebig zocken konnte, kann ich guten Gewissens behaupten, dass sich die Titel doch recht unterschiedlich spielen und jeder für sich eine Daseinsberechtigung hat. Während man sich in Overwatch wie in typischen Arena-Shootern gezielt gegenseitig ans Leder geht, liegt der Aspekt bei den drei verschiedenen PvP-Modi von Battleborn eher darauf, die eigenen NPCs zu schützen, feindliche zu eliminieren und das gegnerische Team mit allen Mitteln daran zu hindern, ihrerseits dasselbe zu tun.
Am besten verdeutlichen das die Überfall-Karten, die den MOBA-Aspekt von Battleborn am stärksten zur Geltung bringen. Wie im MOBA-Genre üblich, sucht man auch hier zu Beginn eher weniger den Konflikt mit den Gegenspielern, sondern versucht erst einmal, seinen Charakter hochzustufen und Splitter zu sammeln, um die eigenen Ausrüstungsgegenstände zu aktivieren, zusätzliche NPC-Verstärkung anzuwerben und hilfreiche Anlagen zu errichten.
Natürlich gibt es auch zu Beginn ein paar Geplänkel, doch so richtig geht die Post erst ab, wenn alle Charaktere etwas Zeit für sich hatten. Dann wird aus der vergleichsweise eher ruhigen Vorbereitungsphase ganz schnell ein hektisches Durcheinander, in dem einem die Spezialfähigkeiten nur so um die Ohren fliegen und alles wild blinkt und leuchtet - das typische MOBA-Chaos, nur eben aus der ersten Reihe. Dafür reichen auch die ein bis zwei Angriffe, zwei Fähigkeiten plus ein spektakulärer Ultimate-Angriff eines jeden Battleborn locker aus. Schließlich ist man mehr damit beschäftigt, am Leben zu bleiben, wichtige Ziele und die eigenen Mitspieler im Auge zu behalten und gute Positionen zu finden.
Die anderen beiden Modi - Capture und Schmelze - sind vergleichsweise weniger MOBA-lastig. Capture ist, wie der Name schon sagt, ein drei Punkte Capture-the-Flag-Modus, der komplett auf NPCs verzichtet. Dadurch rückt das gegenseitige Spielergemetzel in den direkten Vordergrund. Der Modus spielt sich von allen dreien am schnellsten und erfordert eine gut harmonisierende Gruppenzusammenstellung, bei der die einzelnen Charaktere auch schon im niedrigen Stufenbereich eine hohe Überlebenschance bieten. Es erfordert etwas Erfahrung und Übung, bis man den richtigen Dreh raushat und nicht nur als Opferlamm in den Schlachten herhalten muss.
Die dritte Option, Schmelze genannt, kann man als Mittelweg zwischen den beiden anderen Modi ansehen. Beide Teams müssen auf drei Bahnen ihre NPCs bis zu einer Opferstätte eskortieren und dabei versuchen, die des Gegners abzufangen. Um das möglichst leicht und effizient zu lösen, schickt man die Gegenspieler am besten wieder zurück zum Spawn-Punkt. Es gibt keine größere Vorbereitungsphase, es geht schnell zur Sache. Unterm Strich spielen sich alle drei Modi okay, wobei der Überfall-Modus am meisten Laune macht.
Hört sich alles also gar nicht so schlecht an, wären da nicht ein paar Störfaktoren. (Relative) Kleinigkeiten wie, dass bei zusammengewürfelten Gruppen niemand einen Heiler spielen will, weil es vom Spiel so gut wie nicht belohnt wird, kann ich noch verschmerzen - mach ich's halt selber. Viel mehr stören mich im PvP die quietschbunte Comic-Welt und die bombastischen Animationseffekte der Helden. Die kommen zwar im Story-Modus super zur Geltung, da man häufig an mehreren Fronten verteilt kämpft. Bei großen PvP-Raufereien ist allerdings genau das Gegenteil der Fall. Da fokussiert sich das gesamte Geschehen auf einen Punkt und genau da sorgen die unzähligen Effekte dann dafür, dass man sehr leicht den Überblick verliert. Besonders schlimm ist das als Nahkämpfer. Hier kennt man sich bei all den Feuerpfützen, Raketensalven, Energiewellen, und was sonst noch alles auf einen niederprasselt, überhaupt nicht mehr aus. Da steht man lieber am Rand und wirft seine einzige Fernkampfattacke in die Runde.
Aber das, was mir momentan die größten Kopfschmerzen bereitet, ist das Matchmaking. Damit meine ich nicht die Tatsache, dass viele Spieler einfach stundenlang keine Mitspieler zugewiesen bekommen (ist mir selbst nicht passiert, auch nicht auf der PS4 und lässt sich anscheinend mit einer anderen Regionsauswahl beheben). Viel mehr drängt sich mir die Frage auf, ob die Gruppen überhaupt anhand von Kriterien wie Kommandorang, Sieg- und Niederlagenrate oder sonst irgendwas zusammengestellt werden. Oder ob zwei Minions am Würfeltisch hocken und das Ganze ausrollen respektive die Sternenkonstellationen danach befragen. Anders kann ich es mir nicht erklären, wenn eine Neueinsteigergruppe im Stufenbereich von eins bis 15 wiederholt gegen Truppen mit Charakteren zwischen Level 20 und 30 antreten muss.
Eventuell hatte ich die letzten Tage ja einfach nur Pech (dann aber sehr, sehr oft hintereinander). Vielleicht waren auch zu den Zeitpunkten nicht genügend feste Gruppen angemeldet, sodass nach zu langer Wartezeit einfach irgendein zusammengewürfeltes Team als Gegner auserkoren wurde. Was auch immer ist, als Neueinsteiger hat man wohl kaum dazu Lust, sich von haushoch überlegenen Stammgruppen überfahren zu lassen, bevor man überhaupt die Chance hatte, sich zurechtzufinden.
Gleiches gilt natürlich auch, wenn man auf der anderen Seite sitzt. Okay, ein paar Neulinge abmurksen ist zwar zwischendrin schon mal ganz lustig, doch eigentlich sucht man eine Herausforderung, die in der Regel nur ein äquivalentes Team bietet. Falls es also ein Matchmaking-System im Sinne eines ausgeglichenen Schwierigkeitsgrads für beide Teams gibt, dann möge man es bitte einschalten. Oder die Würfel-Minions besser füttern, damit sie sich mehr Mühe geben.
Das Ganze bringt mich gleich zu einem weiteren Punkt. Hat man genug davon, sich zum zigsten Mal in Folge abfarmen zu lassen, und verlässt das laufende Match, kann man auch genauso gut gleich Alt+F4 drücken. Das liegt am Leaver-Schutz, der verhindert, dass man einem anderen Match- und Spielmodus als dem noch laufenden beitreten kann. Erst wenn das aktuelle Spiel beendet wurde, darf man sich wieder für etwas Neues anmelden - ein weniger aggressiver Ansatz, meinetwegen nach drei verlassenen Spielen, hätte es auch getan. Folglich hat man als gefrusteter und vor allem eigentlich legitimer Flüchtiger einer Runde eine halbe Stunde Zeit für eine andere Beschäftigung - aus dem Fenster starren und Wolken zählen beispielsweise...
Battleborn bietet viele coole und einzigartige Helden mit sehr individuellen Fähigkeiten und schrägem Humor in einer abwechslungsreichen und sehr bunten Comicwelt. Egal, ob man sich lieber mit anderen Spielern in schnellen und gewaltigen PvP-Schlachten kloppt, im Koop-Story-Modus zusammen fiese Computergegner bekämpft oder besseren Ausrüstungsgegenständen, Titeln, Erfolge, Bestzeiten oder Topstatistiken hinterherjagt: Es gibt immer etwas zu tun. Zudem ist die Mischung aus Shooter- und MOBA-Elementen sehr gut gelungen und erweist sich als Glanzstück des Spiels.
Leider gibt es auf der anderen Seite auch ein paar echte Probleme wie die schlechte Übersicht bei größeren PvP-Rangeleien durch zu viele Effekte. Oder die zum Teil sehr unterschiedlich stark zusammengestellten Gruppen des manchmal völlig überforderten Matchmaking-Systems, die einem schnell den Spielspaß rauben können. Wer damit leben kann, das Ganze als "nicht so dramatisch" ansieht, ein wenig Geduld und Ausdauer mitbringt oder einfach auf baldige Updates vertraut, der bekommt mit Battleborn einen spannenden Hero-Shooter, der euch lange beschäftigen kann.