Battlefield 4 - Test (Kampagne)
Meh. Schon wieder. Lasst mich zurück in den Mehrspielermodus!
Bringen wir es hinter uns. Dieser Satz reicht, um den ersten Teil meines großen Tests zu Battlefield 4 zusammenzufassen. Auch wenn die Einzelspieler-Missionen von DICE' neuestem Baby etwas unterhaltsamer sind als die des Vorgängers - und bestimmt mit hohem Produktions-Aufwand in Szene gesetzt wurden - hat sich an der alten Weisheit nichts geändert: Keiner kauft sich Battlefield wegen der Kampagne. Oder sollt es tun.
Die Story ist ein einziger Klischee-Sumpf, ohne Mut zu Experimenten. Entwickler DICE versucht mal wieder, Call of Duty die Stirn zu bieten. Das Ergebnis kommt näher ran als die Kampagne von Battlefield 3, ist aber immer noch kaum mehr als ein fünfstündiger Ritt aus dem Baukasten für Standard-Militärshooter. Ein ordentlich produziertes Abhaken der üblichen Features:
Holzschnitzartige Soldaten-Vorlagen? Check. Übertriebene Action-Spektakel-Zerstörungs-Feuerwerke? Check. In Zeitlupe? Auch Check. Möglicher Love-Interest mit überraschenden Kämpferqualitäten? Halbes Check. Patriotische Ansprachen? Klaro, Check. Rettungsgriffe am Abgrund in letzter Sekunde? Mehrfach Check. Mindestens eine Schleichsequenz? Grad noch so, Check. Ein magisches Sichtgerät, das Feinde durch Wände markiert? Logo, Check. Sprung über einen Abgrund an eine Leiter (mit Rückkehr zum letzten Checkpoint bei Absturz)? Leider ja, Check. Die obligatorische Folterszene? Aber sowas von Check. Mehrere Enden mit aufgesetzt wirkenden dramatischen Entscheidungen? Puh, braucht man wohl auch. Check.
Das Ausgangsszenario wäre sogar Michael Bay zu simpel konstruiert gewesen. Ein Inner-Chinesischer Putsch mit russischer Beteiligung, der zum Angriff auf die USA führt. So ungefähr. Die richtigen Schlüsse aus dem verworrenen Geplapper während der Zwischensequenzen zu ziehen, ist alles andere als leicht. Die Einleitungsfilme vor den (insgesamt sieben) Einsätzen sollen übrigens die langen Ladezeiten kaschieren und lassen sich deshalb nur bedingt vorzeitig abbrechen. Auch eine Methode, um den Leuten einen papierdünnen Plot einzutrichtern.
Herzhaft lachen musste ich, als die Autoren ihre Helden in die eisige Berglandschaft von Kunlun entkommen lassen - ohne Vorräte, warme Kleidung oder Ausrüstung - um dann das primitivste Instrument aus der Werkzeugkiste für Schreib-Neulinge zu ziehen: Die Flüchtlinge kauern zitternd um ein Lagerfeuer. Schnitt. "Zwei Tage später". Schnitt. Schon sitzen die Recken kerngesund in einem Jeep, unterhalten sich entspannt und brettern über eine Landstraße Richtung Tashgar, flankiert von sattem Grün und bei schönstem Sommerwetter. Für solche Drehbücher wird man bezahlt? Echt? Wo kann ich meine Bewerbung hinschicken?
Ein Team auf Schienen und beißende Käfer
Die Vehikel-Highlights des Mehrspielerparts fehlen hingegen mal wieder: Darf man Hubschrauber fliegen? Nö. Darf man Jets fliegen? Auch nö. Darf man Jeeps, Panzer und Boote fahren? Ja. Aber nur, wenn das Skript es erlaubt, und selbst dann ausschließlich in mehr oder weniger offensichtlichen Schläuchen. Die großen Maps des Multiplayers schrumpfen auf überschaubare Häppchen, so sie denn auftauchen. In manchen Sequenzen reißen euch die NPCs zu allem Überfluss das Steuer aus der Hand und verdammen euch zum Schienen-Shooter. Pfui.
Die Kollisionsabfrage der KI-Kollegen erweist sich als nicht minder lästig. Meinen Mitstreitern fehlt jedes Feingefühl.
Die Kollisionsabfrage der KI-Kollegen erweist sich als nicht minder lästig. Meinen Mitstreitern fehlt jedes Feingefühl. Ich muss mich herumschubsen lassen und werde den Feinden vor die Flinte geschoben: Eure sturen Mitstreiter pflügen nämlich zu ihren gescripteten Wegpunkten, ohne Rücksicht auf eure Person. Blöd, dass mein Kampfgewicht offenbar nicht ausreicht, um dem etwas entgegen zu setzen - ich werde gnadenlos weggeschoben, sobald ich im Weg stehe. Umgekehrt wird während enger Passagen ein Rückzug unmöglich, weil man nicht an diesen Dumpfbacken vorbeikommt. Im Extremfall drängeln sie mich sogar aus meiner Deckung, weil sie selbst dort niederkauern wollen. Mehr als einmal war ich deshalb versucht, mein Team hinterrücks zu meucheln und allein weiterzuziehen. Lieber lass ich mich vorm Militärgericht verurteilen als mich mit solchen Deppen an der Front herumschlagen zu müssen.
Auch sonst gibt es diverse Fehler im Programmcode, denen sich DICE dringend widmen sollte. Zum Beispiel als ich im sechsten Einsatz von meinen Kollegen per Jeep durch die Gegend kutschiert werde, verpassen die Intelligenzbolzen offenbar ihren eigenen Trigger auf der Map. Die Folge: Wir sitzen unbeweglich minutenlang herum, plötzlich verschwindet der Jeep und ich laufe ohne HUD und Knarre durch die Stadt. Super. Neustart.
Ein anderer fieser Bug erwischt mich in Singapur, wo ich mit meinem Team ein Flugfeld zerstören soll. Ich klettere eine Leiter aus der Kanalisation nach oben, plötzlich dreht sich der Bildschirmausschnitt und ich finde mich unter der Map im Wasser wieder. Über mir schweben meine Begleiter in der Luft, weil ich durch die Bodentexturen hindurch sehen kann. Die Leiter ist unerreichbar. Auch ein Neustart des Checkpoints hilft nicht - ich bleibe im Wasser stecken und darf die Mission ganz von vorn beginnen. Vorher mache ich mir noch den Spaß, unter dem Level durchzuschwimmen bis zum Flugfeld. Die KI-Kollegen folgen mir tatsächlich wie brave Supersoldaten durch den Level und mähen unterwegs diverse Feinde nieder - ich kassiere sogar Punkte für Team-Abschüsse.
It's the Deckung, stupid!
Der Schwierigkeitsgrad hat einigermaßen Biss, allerdings mit Gschmäckle.
Der Schwierigkeitsgrad hat einigermaßen Biss, allerdings mit 'Gschmäckle'. Die Lebenspunkte der feindlichen Soldaten geben selbst im leichtesten Modus mehr als nur einen Treffer her. Meine Widersacher suchen Deckung, werfen Granaten, nutzen die Zerstörbarkeit der Umgebung und ballern meine Verstecke zu Klump. Freilich haben es die Entwickler den Computerkriegern leicht gemacht: solange diese sich nur im engen Korsett des Skripts zurecht finden müssen und bei jeder neuen Welle bequem an die Front zu ihren vorgesehenen Deckungen gekarrt werden, hat die KI keine Probleme.
Wird das Schlachtfeld aber zu offen (was selten der Fall ist) schaut die Lage schon anders aus. Da erweisen sich die Feinde einerseits selbst mit leichten Maschinengewehren als ausgesprochene Scharfschützen, glotzen andererseits aber ziemlich hilflos ins Zielfernrohr meines Präzisionsgewehrs und lassen sich sogar zu Kamikaze-Sprints übers offene Gelände hinreißen, wenn man nur lange genug wartet. Die eigenen Mitstreiter sind oft genauso blöd - allerdings unverwundbar und mit unendlichen Munitionsvorräten. Es ist ein besonderes Erlebnis, Kamerad Irish fünf Minuten dabei zu beobachten, wie er sinnlos auf den Boden vor seinen Füßen ballert, obwohl längst alle Feinde im Jenseits Harfe spielen.
Die Waffen fühlen sich realistisch genug an, verziehen oder behindern euch durch Rückstoß. Nach einer Sequenz im Wasser zittert mein Soldat (leider gescriptet), so dass meine Schüsse knapp über die Köpfe zweier Wachen zischen. Die Stealtheinlagen sind kaum der Rede wert. Es gibt einen Abschnitt, in dem man mit dem Messer Wachen ausschaltet und sich möglichst in den Schatten drückt. Doch man spürt, dass aus Marine Recker niemals ein Agent Sam Fisher wird: Leichen lasst ihr einfach liegen - ohne Konsequenz. Doch ein Schuss weckt sofort den Radarsinn sämtlicher Gegner im Level, die euch von da an mit traumwandlerischer Sicherheit und selbst durch Wände hindurch erspüren. Wachposten aus einem Kilometer Entfernung niedersnipern und den Standort wechseln geht ebenso wenig. Bei derartigen Super-Instinkten wird jeder Kriminal-Ballistiker neidisch.
Lohnt es sich, die Kampagne von Battlefield 4 zu spielen? Tja. Es schadet zumindest nicht. Mehr als eine solide fünfstündige Dreingabe zum Mehrspielermodus darf man nicht erwarten. Kein Kaufgrund, aber ganz nett. Ein paar spektakuläre Momente sind drin, wie zum Beispiel das Gefecht auf dem Deck eines sinkenden Flugzeugträgers. Ansonsten werdet ihr zu oft in einen engen Schlauch gezwängt und unter gescripteten Events begraben, als dass sich das geliebte Battlefield-Feeling des Mehrspielerparts einstellen könnte.
Optisch mag das dank der Frostbite-3-Engine beeindruckend ausschauen, doch spielerisch bleibt es Durchschnitt. Nicht einmal die (begrenzt) zerstörbare Umgebung sorgt für Stimmung. Die Bugs, die lästige Kollisionsabfrage eurer Mitstreiter und die Schwächen der KI sind zudem ärgerlich für einen Triple-A-Titel, auch wenn er zu 90 Prozent aus dem Mehrspielerpart besteht. Was sich die Entwickler wohl dabei gedacht haben? Vielleicht das gleiche, was auch die Battlefield-Fans denken, wenn sie im Battlelog auf den Button für die Kampagne klicken: "Bringen wir es hinter uns."
EDIT: Den Test des Mehrspielermodus mit abschließender Gesamt-Wertung lest ihr hier