Battletech - Test
Bis an die Zähne bewaffnete Stahlkolosse auf zwei Beinen.
Gemächlich nimmt der kolossale Mech Anlauf und stampft über den Boden. Die Laufschritte lassen die Erde um ihn herum erzittern, während er sich dem feindlichen Kampfläufer nähert. Wenige Meter vor ihm kommt er zum Stehen, holt aus und verpasst ihm einen Hieb mit seinem mächtigen Arm aus Stahl. Zu viel für den Gegner, der diesen wirkungsvollen Treffer nicht verkraftet und explodierend zu Boden sackt. Währenddessen hält sich ein Mitstreiter im Hintergrund auf, visiert einen anderen Kontrahenten aus der Ferne an. Eine Sekunde später zucken Laserstrahlen effektvoll durch die Landschaft, gefolgt von einem Schwarm Raketen. Deren Antrieb hüllt die dunkle Umgebung in Licht, bevor sie im Ziel einschlagen und das rechte Bein des Mechs zerfetzen, der daraufhin hinterrücks umfällt und vorerst hilflos wie ein Käfer auf dem Rücken liegt. Davon erholt er sich nicht mehr, denn Teamkollege Nummer drei rückt an und gibt dem im Dreck liegenden Widersacher mit einem festen Tritt den Todesstoß.
Das Leben als Kommandant eurer eigenen Mechwarrior-Truppe ist in solchen Momenten einfach und erfreulich. In anderen Situationen beißt ihr unter Umständen in die Tastatur. Zum Beispiel wie ich in einer Mission, als ich mich mit einer feindlichen Übermacht konfrontiert sah. Am Ende ging ich mit einem zerstörten, einem so gut wie zerstörten und zwei angeschlagenen Mechs erfolgreich aus diesem Kampf hervor. Es war ein hart erkämpfter Sieg. Einer, bei dem es auf Taktik, Glück und Entscheidungen ankommt.
Wer mit der Tabletop-Vorlage vertraut ist, kennt das Prinzip. Und hat sich in all den Jahren gewundert, warum es bislang kein rundenbasiertes Strategiespiel wie Battletech gab. In Mechwarrior habt ihr aus der First-Person-Perspektive gekämpft, in den Mech-Commander-Titeln ging es in Echtzeit zur Sache. Und hier zieht ihr Runde für Runde ins Gefecht, während ihr euch als Anführer einer Söldnertruppe mit diversen Aufträgen über Wasser haltet. Nicht nur das: Eine alte und totgeglaubte Bekannte meldet sich auf der Bildfläche zurück und bittet euch bei der Rückeroberung ihres rechtmäßigen Throns um Hilfe. Die Entscheidung, in einen interstellaren Krieg einzutreten, trefft ihr nicht alle Tage.
Es versteht sich von selbst, dass ihr die Guten unterstützt und ihren bösen Onkel seiner gerechten Strafe zuführen möchtet, schließlich hat er euch damals ebenfalls übers Ohr gehauen. Rache ist ein Gericht, das am besten kalt serviert wird. Battletech bietet viel Hintergrundgeschichte ohne großes Getöse. Das hier ist ein Kickstarter-Projekt, was jetzt ein bisschen negativ klingt. Damit möchte ich sagen, dass es gewisse Einschränkungen in Bezug auf das vorhandene Budget gibt. Die Zwischensequenzen sind spärlich animiert und dennoch stimmungsvoll. Die Dialoge nicht vertont und trotzdem lesenswert.
Im Kern zählt am Ende mehr das Gameplay als die Geschichte und wenn wie in diesem Fall beides gut ausfällt, ist das umso besser. Dass sich Battletech Elemente von Spielen wie XCOM entleiht, ist anhand der Qualität des Vorbilds zu begrüßen. Selbstredend sind das hier keine flinken und agilen Soldaten, die über das Schlachtfeld huschen. Erwartet daher nicht, dass Mechs sich hinter Deckung verstecken. Klar, wenn ein Felsen im Weg ist, dient der als natürlicher Schutz vor Feindfeuer. Vorwiegend geht es aber darum, dass ihr euch in die richtige Position bringt, in die gewünschte Richtung dreht und, sofern ein Gegner in Reichweite ist, diesem Saures gebt.
Maximal vier Mechs schickt ihr über unterschiedliche Planeten und Schlachtfelder, von vereisten Regionen über Wüsten bis hin zu staubigen Monden ist alles dabei. Wie erwähnt sind die Bewegungsabläufe im Grunde simpel: Ziel auswählen und dann schießen. Ihr habt nicht die Möglichkeit, mit dem normalen Angriff gesonderte Teile des Gegners auszuwählen, die getroffenen Teile und den Schaden bestimmt der Zufall. Lediglich mit fokussierten Attacken, die Moral kosten, visiert ihr gezielt einzelne Bestandteile der Mechs an. Solche Angriffe fallen sehr effektiv aus und zerstörten einzelne Körperpartien zuverlässig. Es ist daher euer primäres Ziel, den Gegner kampfunfähig zu machen. Das gelingt zum Beispiel auch dann, wenn ihr dem Piloten ausreichend Verletzungen zufügt, ohne den Mech zu zerlegen. Zerstört ihr Beine, setzt ihr Gegner vorübergehend außer Gefecht.
Es gilt, diese Möglichkeiten taktisch einzusetzen. Ein Feind, der ein oder zwei Runden am Boden liegt, hat in der Zeit nicht die Gelegenheit, euch zu attackieren. Andere Faktoren spielen ebenfalls eine Rolle. Trefft ihr Munitionslager bestimmter Waffentypen, explodieren diese und fügen dem Mech weiteren Schaden zu. Neben all dem sind weitere Dinge zu berücksichtigen. Haben eure Mechs nicht genügend Kühlkörper installiert, heizen sie durch Waffenfeuer auf und auf maximaler Stufe beschädigt ihr damit euren eigenen Kampfläufer. Zur Abhilfe setzt ihr eine Runde aus oder stellt euch kurzerhand ins Wasser. Die Stabilität beeinflusst indes nicht nur der Zustand eurer Beine, auch Raketentreffer bringen Mechs ins Taumeln. Und liegen sie am Boden, sind sie für kritische Treffer anfällig.
Perfekt ist das System nicht. Die Feuerkraft ist entscheidend, daher lohnt es sich, auf die stärksten und effektivsten Mechs zu setzen, die euer Budget zulässt. Heißt: Mechs der mittleren und schweren Klassen in enger Formation, um maximalen Schaden zu verursachen. Leichte Kampfläufer sind schnell und eignen sich gut, um Gegnern eine Salve in die Flanke zu jagen. Dafür stecken sie wenig ein und erhöhen das Risiko. Und aus diesem Grund lohnen sie sich kaum. Es ist zu risikoreich, die Alternative zu effektiv. Was nicht heißt, dass es so ein Kinderspiel ist. Das Spiel fordert euch heraus und es ist zu vermeiden, unbedacht vorzugehen. Dinge wie mehr Mechs, Gegenmaßnahmen und zusätzliche, abwechslungsreichere Fähigkeiten hätten eine nette Ergänzung ergeben, so bleiben eure Optionen eher rudimentär und einfach.
Eine Reduzierung des Risikos ist ein Punkt für den oberen Platz auf eurer Agenda, da euer Budget knapp bemessen ist und ihr monatlich wiederkehrende Kosten habt. Zugleich kosten die Reparaturen und Neuanschaffungen der Mechs sowie die Heilung verwundeter Piloten und Rekrutierung neuer Mitstreiter Geld beziehungsweise Zeit. Und da Zeit bekanntlich Geld ist... Bedenkt folgendes: Habt ihr nicht genügend einsatzfähige Leute oder Mechs, entgehen euch Aufträge und ihr habt kein ausreichendes Einkommen.
Abseits dessen investiert ihr Bares in die Verbesserung eures Schiffes, um zum Beispiel mehr Mechs unterzubringen oder die Erholung eurer Piloten zu beschleunigen. Weiterhin ist eure Crew zwischendurch immer für einen Plausch gut und fest in die Geschichte des Spiels integriert. Was ihr hier habt, ist ein Machtkampf mit verschiedenen Häusern und Clans. Und inmitten dessen geht es darum, zu überleben. Ob ihr am Ende aus Überzeugung oder wegen des Geldes in den Krieg zieht, bleibt euch überlassen.
Im Endeffekt hätten Battletech ein gutes Stück mehr taktische Optionen nicht geschadet. Planeten, die so heiß sind, dass ihr euch aktiv im Schatten oder im Wasser aufhalten solltet. Oder Eiswelten, in denen eure Mechs einfrieren, wenn sie nicht in der Sonne stehen. Solche Dinge eben. Das ließe sich nachträglich einfügen und ich bin gespannt, wie die Entwickler auf das Feedback reagieren, nun da das Spiel erhältlich ist. Auch die dynamische Kamera hätte eine Überarbeitung nötig. Zum Teil liefert sie schöne Szenen, in denen sie das Interface ausblendet. In anderen Momenten kommt das, was gerade passiert, nicht so zur Geltung, wie es das eigentlich sollte, weil die Kamera sich zu langsam bewegt oder die Sicht ein wenig verdeckt ist.
Stellt euch folgende Frage: Sucht ihr ein aktuelles Strategiespiel im Battletech-Universum? Lautet die Antwort ja, dann macht ihr hier nichts falsch. Kauft euch dieses Spiel und seid glücklich damit. Es setzt die Vorlage gekonnt um, die Kämpfe machen Spaß und erfordern ein gewisses Maß an Taktik und Überlegung. Mehr taktische Optionen hätten nicht geschadet, aber für das, was es ist, macht es seine Sache gut. Battletech bewegt sich nicht auf XCOM-Niveau, als erster Schritt in diese Welt liefert es jedoch ein ordentliches Mech-Spektakel ab, wenn euch der Sinn danach steht. Ich erhoffe mir für die Zukunft mehr davon. Inhaltsupdates und Nachfolger nehme ich gerne mit. Luft nach oben ist vorhanden und Harebrained Schemes erhält hoffentlich die Gelegenheit dazu, das Konzept zu erweitern und zu verfeinern. Dass Potential vorhanden ist, haben sie mit diesem Spiel bewiesen.
Entwickler/Publisher: Harebrained Schemes/Paradox Interactive - Erscheint für: Windows, Mac, Linux - Preis: 39,99 Euro - Erscheint am: erhältlich - Getestete Version: Windows - Sprache: Englisch - Mikrotransaktionen: Nein