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Beijing 2008

Krampf im Finger

In diesem Sommer stehen mal wieder die Olympischen Spiele an. Passend dazu haben wir uns im April bereits Summer Athletics von Publisher dtp angeschaut. Das Spiel lässt zwar die offizielle Lizenz vermissen, sorgte aufgrund der gelungenen Steuerung aber dennoch für einen guten Ersteindruck.

Und nun steht nach Mario & Sonic bei den Olympischen Spielen die nächste offizielle Olympia-Versoftung von Sega ins Haus: Beijing 2008. Aber leider lässt das Spiel genau in dem Bereich zu wünschen übrig, den wir bei Summer Athletics noch gelobt haben.

Ausführlich anspielen konnten wir dazu eine zu 75 Prozent fertige Version. Und gerade im Hinblick auf die Steuerung hat Entwickler Eurocom noch eine Menge Arbeit zu erledigen. Mitunter resultieren die Disziplinen nämlich eher in einem Fingerkrampf als in Spielspaß.

Nehmen wir als Negativbeispiel den Sprint: Damit sich die Läufer von ihrer Startposition abstoßen, muss ein entsprechend dafür vorgesehener Energiebalken per wiederholtem Tastendruck aufgefüllt werden. Erreicht man allerdings vor dem Beginn die rote Markierung an dessen Ende zu früh, resultiert das in einem Fehlstart. Erschwert wird die Sache durch einen fehlenden Indikator dafür, wann es denn nun genau losgeht. Und da der Balken immer wieder an Energie verliert, war meine Spielfigur bei keinem der grob geschätzt 20 Versuche in der Lage, zeitgleich mit den anderen Sportlern zu starten. Bis man die Anzeige letztendlich gefüllt hat, vergeht nämlich durchaus mindestens eine wertvolle Sekunde.

Ich kann fliegen.

Bei der Wii-Version von Summer Athletics galt es, lediglich die Arme nach oben zu reißen und schon war man unterwegs. Einfach und präzise. Ein einzelner Tastendruck beim Start hätte hier also auch genügt. Was jedoch den eigentlichen Krampf verursacht, sind die Rennen an sich. In diesem Fall hämmert man beispielsweise stets abwechselnd auf die beiden gleichen Tasten oder bewegt den Analog Stick hin und her. Und mit hämmern ist hier wirklich hämmern gemeint. Wer langsam drückt, hat sowieso schon verloren.

Diese Tatsache fällt gleich bei vielen der Disziplinen auf, etwa dem Speerwurf. Auch hier ist es erst erforderlich, abwechselnd in Sekundenbruchteilen auf die Buttons einzuschlagen. Ansonsten lacht der Energiebalken höchstens über einen. Eigentlich kann man nur hoffen, dass es sich dabei noch um einen Fehler beziehungsweise um nicht vorgenommene Optimierungen handelt. Spaß macht so etwas nämlich sicher nicht. Generell hat man es übrigens sehr oft mit Energiebalken zu tun. Verglichen mit der Wii-Steuerung von Summer Athletics fällt Beijing 2008 in Sachen Präzision jedoch deutlich ab.

Es geht aber auch anders, wie das Bodenturnen zeigt. Keine hektischen Bewegungen. Man schaut dem Akteur zu, wie er seine Performance absolviert und drückt lediglich zur rechten Zeit den passenden Knopf. Was genau dann passieren sollte, wenn der Fuß oder ein anderes Körperteil den Boden berührt. Welcher der Buttons gedrückt werden will, sieht man wiederum auf der Matte.

Hinter der aktuell recht schlimmen Steuerung steckt jedenfalls noch ein umfangreiches Spielepaket. Letztendlich wird Beijing 2008 mehr als 35 unterschiedliche Disziplinen im Aufgebot haben. Leider waren davon noch nicht alle integriert, was sich gleichzeitig negativ auf den Modus „Olympische Spiele“ auswirkte. Darin verteilt man Punkte auf verschiedene Attribute seines Athleten, zum Beispiel Präzision, Ausdauer, Agilität oder Geschwindigkeit. Wie sich das letztendlich weiterentwickelt, hätte ich mir gerne angesehen. Leider muss man am ersten Qualifikationstag schon an einem derzeit nicht vorhandenen Schwimmwettbewerb teilnehmen. Da sich der nicht überspringen ließ, ist eine genauere Einschätzung somit unmöglich.

Schön präzise zielen.

Nebenbei steht noch das Training zur Verfügung. Hier wählt man jede einzelne Disziplin nach Belieben an und probiert sie so oft aus, wie man will – egal, ob mit Mann oder Frau. In der Variante „Wettbewerb“ darf man derweil seine eigenen Turniere mit bis zu vier Teilnehmern ausrichten und dazu beliebige Sportarten aneinanderreihen. Wer will, fängt etwa erst mit Bodenturnen an, geht anschließend über zum Bogenschießen und absolviert danach eine Partie Tischtennis.

Optisch braucht sich Beijing 2008 ebenfalls nicht zu verstecken. Die Sportler wurden durchweg gelungen gestaltet und mit flüssigen, realistischen Animationen versehen. Gleichermaßen überzeugend sind die einzelnen Schauplätze, an denen die Wettbewerbe stattfinden. Zumindest, sofern sie schon in einem nahezu vollendeten Zustand vorlagen. Was nicht überall der Fall war. Einige Bereiche erfordern noch etwas mehr Liebe zum Detail und Optimierung, etwa die Tischtennishalle, in der der Boden derzeit noch nervig flackert. Die fehlende Kantenglättung der PS3-Version macht sich ebenso einmal mehr negativ bemerkbar.

Klar, das Spiel ist noch längst nicht fertig. Dennoch ist mein erster Eindruck von Beijing 2008 leider eher negativ. Das mag durchaus an der in meinen Augen fast schon katastrophalen Steuerung liegen. Oder ich bin einfach noch zu verwöhnt von Summer Athletics, wo alles wirklich locker flockig von der Hand ging.

Was auch immer der Fall ist, bis zum Release muss Eurocom noch kräftig schuften, ansonsten steht uns hier eine eher durchwachsene Umsetzung der Olympischen Spiele ins Haus. Was ich nicht hoffe, denn mit einer ordentlichen Kontrolle dürfte Beijing 2008 sicherlich Spaß machen – speziell im Zusammenspiel mit mehreren Freunden.

Beijing 2008 kommt Ende Juni in den Handel.

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