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Bellwright vereint Mittelalter-Siedlungsbau mit der Immersion eines The Witcher

Meine Überraschung der gamescom 2023.

Die Klimaanlage direkt über dem gamescom-Stand von Bellwright wird nicht der alleinige Grund gewesen sein, dass sich regelmäßig eine beachtliche kleine Traube um ein Spiel scharte, das noch nicht einmal offiziell angekündigt worden war. Vielmehr sorgte die Tatsache für Aufsehen, dass der Titel aus Polen eine Aufbausimulation über die Schulter eines Rollenspiel-Helden in Szene setzt, noch dazu vor einer realistisch anmutenden und einladend ausgeleuchteten Unreal-Engine-5-Welt.

In Bellwright startet ihr als Sohn eines Rebellenführers, dessen Aufstand vor Jahren blutig niedergeschlagen wurde. Als Erwachsener wird auch auf euer Leben ein Anschlag versucht, der gerade noch vereitelt wird, was euch als Anlass genügt, die Arbeit eures Vaters zu Ende zu bringen: Diese mitteleuropäisch angehauchten und mit eigener Folklore zum Leben erweckten Ländereien endgültig zu befreien.

Screenshots sind das hier noch nicht. Aber die Stimmung wird ganz gut eingefangen.

Dazu müsst ihr natürlich erst einmal das Volk hinter euch bringen, und so errichtet ihr im ersten zugänglichen Sektor einer großen und sich nach und nach öffnenden Karte eine Siedlung. Das begionnt mit bloßer Ressourcenbeschaffung, Holzfällern und Jägern also, und nimmt dann immer zivilisiertere Züge an. Mit Schutzwällen, Wachtürmen und einer eigenen Armee. Donkey Crews CEO Florian Hofreither zeigte mir sein Dorf, das mit gut 40 Spielstunden und ebenso vielen Bewohnern schon eine ziemlich wehrhafte Trutzburg war.

Jeder Bewohner und jede Bewohnerin hat nach Rimworld-Vorbild einen eigenen Tagesablauf und darf von euch separat Aufgaben priorisiert bekommen. Alle haben bestimmte Fähigkeiten und Bedürfnisse und ihr könnt jedem von ihnen folgen und anhand ihrer Bewegungen auch Warenkreisläufe nachverfolgen. Alles, was sie von A nach B transportieren, verschwindet quasi “physisch” im Inventar der Untertanen und ordnet ihr den Bau einer Einrichtung an, seht ihr sie Stamm um Stamm entstehen und dürft sogar selbst mithelfen. Hofreither schätzt, dass die größten Siedlungen 60 oder 70 Bewohner haben werden, mehr sei in diesem Simulationsgrad und bei dieser Weltgröße vermutlich nicht drin. Die 40, die ich sah, erzeugten aber so schon den Eindruck einer lebendigen Gemeinschaft.

Die grundliegenden Zyklen kennt man bereits, aber es aus dieser Perspektive "mittendrin" zu erleben, das fühlt sich schon ziemlich cool an.

Aktuell fehlt es dem Spiel von ehemaligen Mount-and-Blade-Moddern, die mit Last Oasis zuletzt ein spektakulär-verlockendes und wahnsinnig kreatives, aber letztlich seinen Balance-Problemen erlegenes Survival-Spiel auf die Beine gestellt haben, noch an einigen kleineren Animationen. Aber es beeindruckt schon jetzt, wie das alles durchsimuliert ist. Die Verwandtschaft zu Mount-and-Blade sieht man sowohl an der Perspektive, dem direktionalen Echtzeit-Kampfsystem und der Befehlsgewalt über die Gefolgschaft, sollte es zu einem Angriff aus einer gegnerischen Festung kommen.

Hier wird Bellwright dann zum Mix aus Actionrollenspiel und Belagerungssimulation, bei der selbst Höhenunterschiede für Bogenschützen berücksichtigt werden. In jedem Bereich der handgestalteten Weltkarte gibt es Siedlungen samt Bewohnern, denen ihr helfen könnt, auch indem ihr ihnen beim Errichten von Infrastruktur unter die Arme greift, was wiederum neue Leute in die Euren treiben dürfte. Ist irgendwann dann die gegnerische Feste gestürmt, habt ihr auch keine Angriffe von dort zu befürchten.

Der Kampf ist nah an Mount and Blade.

Auch soll es diverse Quests geben, auf die ihr euch mal allein, mal zusammen mit NPCs begeben sollt, die unterschiedliche Belohnungen abwerfen. All das in topaktueller Technik und mit geschmackvollen Menüs und Fonts ausgestaltet, wirkte auf mich extrem stimmungsvoll. Vielleicht lag es am sonnigen Ton, in das 25-köpfige Team Bellwright tunkten. Die Sonne brennt geradezu urlaubig auf das satte Grün dieses Landes und bleicht das Grau der Gemäuer fast ins Mediterrane. Laut Hofreither trotz des ernsten Themas eine bewusste Entscheidung. Ihm zufolge gebe es schon genügend finstere Spiele in dieser Richtung.

Schon Last Oasis sprühte nur so vor Potenzial, und um die Herausforderung, ein kompetitives Survival-Spiel so auszutarieren, dass die Stärkeren nicht grundsätzlich automatisch die schwachen fraßen, beneidete ich das Team nicht. Als reines Solo- und Koop-Erlebnis hat Bellwright diesen speziellen Klotz nicht am Bein. Kaum auszudenken, was Donkey Crew, so befreit, zu leisten imstande ist. Dafür, dass ich bei meiner Ankunft auf der gamescom noch nicht einmal von diesem Spiel wusste, war ich am Ende umso beeindruckter davon.

Bellwright erscheint zunächst im Early Access. Geplanter Startschuss dafür ist Dezember 2023. Konsolenversionen sollen im nächsten Jahr folgen.

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