Bericht: Ubisofts Stukturen haben sich nach Belästigungsvorwürfen angeblich kaum verbessert
Insider berichten von kleinen Maßnahmen mit wenig Effekt.
- Toxische Unternehmensstrukturen sollen bei Ubisoft noch immer ein Problem sein
- Nach zahlreichen Belästigungsvorwürfen ergreift Ubisoft geringe Maßnahmen
- Beschuldigte und Opportunisten sollen aber noch immer in der Firma tätig sein
In den letzten Jahren kamen einige Vorwürfe über eine toxische Arbeitsatmosphäre und sexuelle Belästigung gegenüber Ubisoft-Mitarbeitern auf. Diese konzentrierten sich auf verschiedene Führungspersönlichkeiten der Firma. Dagegen wollte das Unternehmen Maßnahmen ergreifen, die sollen aber bisher noch nicht viel genützt haben.
Die Vorfälle haben Ubisoft laut der französischen Zeitung Le Télégramme offenbar ein Gerichtsverfahren eingebrockt, das nun verhandelt werden soll. Dabei handelt es sich wohl um eine Sammelklage, die der Spiele-Gewerkschaftsverband Solidaires Informatique Jeu Vidéo ins Leben gerufen hat und sich gegen die beschuldigten Angestellten und das angebliche Versagen der Führungsebene richtet.
Zum einen gab es mehrere schwere Vorwürfe an Managern wie Andrien Gbinigie, Hugues Ricour oder Stone Chin. Auch gegen Maxime Béland, Tommy Francois und mehr hohe Tiere wurden Anschuldigungen erhoben, Mitarbeiterinnen sexuell belästigt oder sich Angestellten gegenüber schikanierend und toxisch verhalten zu haben. Auch Creative Director Ashraf Ismail wurde beschuldigt, seine Führungsposition für sexuelle Handlungen ausgenutzt zu haben.
Im vergangenen Jahr folgte dann sogar noch die Anschuldigung einer Insider-Quelle, es gäbe beinahe "Mafia-artige Strukturen" bei Ubisoft, in denen sich die Täter in den höheren Ebenen gegenseitig schützen und wenig Konsequenzen zu fürchten hätten. Einige der Beschuldigten wurden aus der Firma entlassen. Andere, wie zum Beispiel Personalleiterin Cécile Cornet, räumten nach derartig viel Kritik am Arbeitsklima ebenfalls ihre Posten.
Nachdem sie im Sommer 2020 zurückgetreten war, wurde sie durch Anika Grant ersetzt und Raashi Sikka wurde zur "VP of Global Diversity" ernannt, um die bisherigen Strukturen aufzubrechen und Diversitäts-Kampagnen zu etablieren. Ein gewählter Vertreter des sozialen und wirtschaftlichen Komitees bei Ubisoft sieht in der Veränderung allerdings nur wenig Hoffnung.
Viele aus der Personalabteilung, die Beschuldigte gedeckt und toxische Strukturen so unterschwellig gestützt hatten, seien nämlich noch immer angestellt - und nicht nur das. Auch einige der Beschuldigten selbst sind noch immer in der Firma.
Florent Castelnérac, Leiter des Tochterunternehmens Nadeo, wurde von verschiedenen Seiten der Belästigung bezichtigt und ist trotzdem noch immer im Amt, wie das französische Magazin berichtet. Auch Hugues Ricour, ehemals Manager von Skull and Bones, ist nun zwar nicht mehr in derselben Position, aber offenbar noch immer an anderer Stelle bei Ubisoft tätig und wurde nur versetzt.
Laut einer Quelle habe sich bei Ubisoft in Kanada zum Beispiel kaum etwas verändert. Da ist es kein großes Wunder, denn derart tiefreichende Strukturen und Probleme in der Führungsetage lassen sich wohl nur schwer antasten. Auch kam es seit Sommer 2020 wieder zu Belästigungsvorwürfen bei Ubisoft, die aber laut Le Télégramme mehr oder weniger unter den Teppich gekehrt wurden.
Letztes Jahr wurde angekündigt, man wolle gegen die Vorwürfe vorgehen, aber was ist seither eigentlich geschehen, außer einigen Medienwirksamen Entlassungen oder Versetzungen? Der Vorschlag, Maßnahmen für einen höheren Frauenanteil in der Firma zu ergreifen, wurde beispielsweise nicht aufgegriffen und umgesetzt, wie die französische Zeitschrift berichtet.
Stattdessen wurde Belästigung in einem neuen Verhaltenskodex für den Sommer 2021 als "nicht verhandelbares Verbot" eingefügt. Außerdem wurden, wie es heißt, ca. 20.000 Angestellte gleich einen ganzen halben Tag lang auf ein Verhaltenstraining geschickt - Manager-Positionen mussten dabei "fortgeschrittenere Sitzungen" bestreiten, wie gamesindustry.biz schreibt.
Von außen betrachtet klingt das auch bereits nach einem sehr halbseidenen Alibi-Programm, vor allem wenn zahlreiche Mitverantwortliche der Krise noch immer in der Firma tätig sind. So tiefgehend wie die problematischen Strukturen bei Ubisoft von verschiedenen Quellen beschrieben wurden, dürfte das Ganze nicht mit ein paar billigen Maßnahmen anzugreifen sein.