Bigben Racing Seat 4in1
Der komplette Rennsitz zum Verstecken
An Tasten gibt es ebenfalls keinen Mangel. Um so viel Unterstützung mit genug Knöpfen abzudecken, wurden nicht weniger als 15 Buttons, vier Hebel hinter dem Lenkrad, ein Hebel zur Einstellung der Lenkempfindlichkeit, ein Steuerkreuz und natürlich zwei Pedale vorne untergebracht. Alle lassen sich mit normalgroßen Händen beim Lenken vernünftig erreichen und die reine Positionierung kann eigentlich nur als vorbildlich bezeichnet werden. Was die Haptik angeht, hängt es ein wenig davon ab, wo sich die Tasten befinden. Die vorderen sind allesamt ok, auch der Gummi-Grip des Lenkrads selbst fühlt sich ordentlich an. Die Hebel hinter dem Steuer machen dafür einen leicht wabbeligen Eindruck mit zu wenig Widerstand. Auch die beiden Pedale für den rechten Fuß – das linke ist ein Trick und nur eine Fußablage – könnten ein wenig mehr Gegendruck gebrauchen. Letztlich liegt das alles aber immer noch deutlich über dem, was ich angesichts des sehr erschwinglichen Preises erwartet hätte und damit in qualitativ sicheren Gefilden.
Wie steuert es sich jetzt? Ordentlich. Zumindest, wenn man erst mal den Kampf mit der Konfiguration überstanden hat. Die sehr universelle Tastenauswahl muss bei praktisch jedem Spiel erst einmal angepasst werden, aber hat man das hinter sich, stimmt das Gefühl. Wichtig ist es die Sensibilität richtig einzustellen. Ein Gran Turismo 5 Prologue will mehr Feingefühl sehen als ein DiRT 2, und das lässt sich brauchbar anpassen. Feingefühl, Widerstand oder Drehkreis des Lenkrads – keine 720 Grad – liegen zwar unter den besten des Fachs, trotzdem ist es eine deutliche Spaßsteigerung gegenüber dem reinen Pad-Lenken. Und es gibt, auch in dieser Preisklasse, noch viel Luft nach unten, wie mancher Konkurrent bewiesen hat. Gesundes oberes Mittelfeld.
Der größte Kritikpunkt ist die Mittelstellung, die das Lenkrad, egal bei welcher Konfiguration, ein wenig zu zögerlich verlässt. Ein paar Grad Spielraum sind da links und rechts, die bei wirklich feinfühligen Lenkmanövern für eine gewisse Verzögerung sorgen. Man gewöhnt sich ein Stück weit daran und der Normal-Rennfahrer ohne übertriebene Ambitionen wird sich auch nicht zu sehr daran stören. Der Profi aber, der die Millisekunden in jeder Kurve herausfeilt, wird nicht damit leben können und ist hiermit ausdrücklich gewarnt. Der Racing Seat steigert den Spielspaß, aber bessere Rundenzeiten als mit einem Pad lassen sich damit nur schwer erreichen.
Eine weitere Sache darf man bei der Benutzung auch nicht vergessen. Wer nach vier Stunden aus der Sitz-Stellung aufsteht, sollte das nicht zu schnell tun. Aua, Aua, Aua. Als nicht jünger werdender Mitt-Dreißiger merkt man hier schnell die Jahre und die eigene Unbeweglichkeit. Aber denkt man an das Aussteigen aus einem realen Auto der unteren Mittelklasse nach vier Stunden, spricht das wohl eher für den Realismus des Racing Seat.
Ich muss sagen, dass mich das Paket positiv überraschte. Ich hatte hier ehrlich gesagt, angesichts der Ambition, einen kompletten, allkompatiblen Rennsessel für unter 100 Euro anzubieten, mit ziemlichem Ramsch gerechnet. Umso überraschter war ich dann, dass die Konstruktion einen halbwegs vertrauenserweckenden Eindruck hinterlässt, während der teilweise kontrolliert rabiaten Testphase nicht kaputtging und das ganze Teil wirklich eine Menge Spaß macht. Der Hardcore-Racer wird damit schon wegen des fehlendem letzten Rest an Präzision nicht glücklich werden, wer aber einfach nur mal gerne ein wenig mehr Renn-Gefühl haben möchte, ohne die Wohnung umzudekorieren, ist mit dem Racing Seat 4in1 überraschend gut bedient.