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Bioshock: The Collection - Test (PS4, Xbox One)

Pflicht. Wenn ihr diese nicht schon erfüllt habt.

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Ein auf Konsole deutliches Upgrade zweier der atemberaubendsten Welten, die ihr gesehen haben müsst. Wenn ihr das nicht schon habt.

2008 war die Bioshock-Demo eine Offenbarung. Die "Next-Gen" war noch frisch, der erste HD-TV nicht zu sehr eingestaubt, alles war noch neu und aufregend. Und diese 10 Minuten, diese Fahrt in die Tiefe sagten einem ganz klar: Gut, dass du dir all den Kram hierhin gestellt und all das Geld ausgegeben hast. Du hättest sonst wirklich was verpasst.

8 Jahre, drei TVs und eine Konsolen-Generation später... Wow, ich bin immer noch beeindruckt. Es ist nicht die Technik, die einen gebannt verfolgen lässt, was da passiert. Es ist der Stil, mit dem es inszeniert wird, die Kraft des Designs, das in der unwirklichen Welt von Rapture steckt, die so düstere wie verheißungsvolle Stimme ihres Schöpfers - es zieht einen immer noch mühelos in seinen Bann. Im Inneren ist es sicher nicht der Kampf, schon gar nicht das etwas aus der Zeit gefallene Shootern, das einen umwirft. Das hat Bioshock noch nie getan, auch wenn die verschiedenen Fertigkeiten damals noch deutlich frischer waren. Heute kann gefühlt jeder Held Feuer spucken und Blitze furzen, übernatürliche Kräfte, sponsored by Technik sind das Alltagsgeschäft. Nein, es ist nicht wie ihr kämpft, es ist, was ihr bekämpft. Big Daddy führt hier ganz klar den Reigen an und seinen Entwurf in Bewegung zu sehen, wie er brummend hinter seiner kleinen Schwester her stampft und ohne jegliche Gnade ihre Feinde zerpflückt, ist immer noch verstörend genug.

Mit dem Leuchtturm hat man sich eines der stärksten Symbole der Geschichte ausgesucht. Ausnahmsweise nicht innovativ, aber sehr wirkungsvoll.

Die Anlehnung an das Art Deco mit jüngeren, eingestreuten Elementen ist nach wie vor absolut brillant und rechtfertigt Studien über Welt-Design noch für Generationen, denn kaum ein Spiel nimmt sich in diesem Punkt so viel heraus, wie es die Bioshocks tun. Wenige Welten wurden mit dieser Liebe zu absurden Details umgesetzt, die dabei helfen, die bedrückende Stimmung eines sterbenden Traums unter dem Ozean zu zeigen und auch, was er hätte sein sollen. Es ist eine ganz kleine, eigene, traurige Apokalypse, die sich viel schwerer anfühlt, als es jede Zombie-Wüste je tat.

Das funktioniert heute noch und es funktioniert auch für beide Nachfolger. Bioshock 2 war damals ein wenig ins Hintertreffen geraten, da eben genau dieser eine, definierende Wow-Moment ausblieb. Es war eine Rückkehr zu etwas Geliebten, aber es war eben nicht die Entdeckung einer ganz neuen Liebe. Das ist auch nett, aber es schneidet in der Regel auf der Herzfrequenzsteigerungsskala etwas weiter unten ab. Trotzdem, die Geschichte um den eigentlichen Protagonisten, diese atemberaubende Welt, wird intelligent weitererzählt und eine gute Geschichte ist bekanntlich zeitlos.

Wenn ich eine Villa hätte, das wäre die Eingangshalle. Nicht unter Wasser, das zieht zu viele Probleme mit sich. Und ohne Gen-Experimente.

Bioshock Infinite wiederum spinnt den Bogen weiter und weiter, bis er meiner Meinung nach brach und ein in sich nicht schlüssiges Wrack zurückließ, über das ich mit Hingabe und Ausdauer schimpfen kann. Was nicht heißen soll, dass ich auch nur eine Minute des Spielens reue und auch hier schon deutlich weiter bin, als es für einen Remaster-Test nötig gewesen wäre. Eine Geschichte, deren Ausdiskutieren mindestens zwei Flaschen Rotwein und einen längeren Abend erfordert, macht schon mal viel richtig, wenn so klare Fraktionen in dem Gespräch möglich sind, wie es hier der Fall ist. Selbst wenn ich mich danach über Teile des Ganzen aufregen kann, es war die Zeit wert und der Blick auf die schwebende himmlische Heimsuchung, die Columbia ist, sowieso.

Wie gesagt, rein spielerisch betrachtet haben alle Titel ihre Macken. Die ersten beiden steuern sich beim Shootern nach heutigen Maßstäben sehr ungelenk. Man merkt die viel zu direkte Beschleunigung des Fadenkreuzes ohne ausgleichendes Momentum, um die Unzulänglichkeiten eines Sticks gegenüber einer Maus einzufangen. Daran hat sich in dem Remake praktisch nichts geändert und ihr werdet ein wenig brauchen, bis ihr euch daran gewöhnt habt. Sonderlich innovativ spielt sich auch keine der Fertigkeiten und sie wirken heute noch viel mehr wie ein eher atmosphärisches Story- als ein wirklich cleveres Spiel-Element. Plasmide sind sicher keine Portal-Gun.

Bioshock Infinite bekam das Jahre später deutlich besser in den Griff und das Schießen fühlt sich weit natürlicher an. Auch die Fertigkeiten sind spannender, wobei es nach wie vor schade ist, dass man nur zwei im Schnellzugriff haben kann und andere erst umständlich umbelegen muss. Ich merkte wieder, wie ich viel zu schnell bei einer bestimmten Zweier-Kombi hängeblieb und den Rest ignorierte. Und das Einsammeln von Krams wirkt heute noch überkommener als sonst. Drei Spiele lang krieche ich in jede Mülltonne, nur um ein paar Münzen für mehr Powers zu finden. Andererseits, wahrscheinlich ist das immer noch besser als manches überbordende Crafting heutzutage, insoweit will ich nicht zu sehr drauf rumreiten. Vor allem, weil ich bei aller Detail-Kritik auch mit den Spielen immer noch sehr viel Spaß hatte, mehr als mit manchem aktuellen Titel. Nicht so sehr wie mit der Welt in der die Bioshocks spielen, aber mehr als nur gut genug.

Der Unterschied zu Rapture könnte nicht dramatischer sein und auch die Welt selbst befindet sich in einem ganz anderen Zustand des Verfalls, wie ihr langsam erfahren werdet.

Auf den Konsolen habe ich technisch an dem Remaster auch nichts auszusetzen. Sicher, alle drei Spiele sahen umwerfend aus als sie erschienen, aber gerade Bioshock 1 und 2 bekamen noch mal den Schub und die paar Details extra, die sie brauchten. Klar, würde ein großes Studio sich heute an ein ganz neues Spiel dieser Art setzen, dann würde es noch mal anders aussehen. Aber als Remaster zum kleinen Preis - umgerechnet 20 Euro pro Spiel plus Extras - leistete man sehr solide Arbeit, die das Auge erfreut. Bioshock Infinite sticht dabei natürlich noch mal heraus. Es wurde nur ein wenig poliert und gestriegelt, es könnten mehr Polygone sein und vor allem die Gesichter normaler NPCs sind schlecht gealtert. Aber insgesamt ist es immer noch ein atemberaubend schönes Spiel, das komplett in seine Licht-Effekte und Farbgestaltung verliebt ist. Das auch völlig zu recht.

An Extras bekommt ihr so ziemlich alles, was es schon gab. Am meisten hat mich das Bioshock-Museum beeindruckt, in dem ungenützte Entwürfe ausgestellt sind. Das ist richtig, ihr blättert nicht durch ein paar Bilder, sondern lauft durch ein Untersee-Art-Deco-Museum mit Big Daddys, die nie waren. Die Entwickler liebten ihrer Werke und hier zeigt sich das noch mal in aller Deutlichkeit. Bioshock 2 bietet natürlich den hervorragenden Minerva's Den DLC, den manche weit mehr schätzten als das eigentliche Spiel, so gut ist er. Dazu kommen bei Infinite die beiden gelungenen DLC-Episoden und bei allen ein paar kleine Action-Spielmodi, falls man einfach ein wenig mehr haben möchte. Wirklich neu sind nur Filmrollen mit Ken-Levine-Interviews, was jetzt nicht ganz so spektakulär ist, um es vorsichtig zu sagen, aber andererseits habt ihr drei große Spiele plus ein paar Boni, das ist ein ordentliches Paket. Ach, und übrigens ist nun alles unzensiert, das heißt, dass hier und da noch ein wenig mehr Blut im ersten Bioshock spritzt. Aber nicht viel. Nur die richtige Menge.

Was die PC-Version angeht: Ihr bekommt das Update für Bioshock 1 und 2 umsonst, es gibt also eigentlich keine neue Collection, zumal alle Spiele auch für gefühlte Cent-Beträge - Humble Bundle! - seit Jahren immer wieder zu haben waren. Wer da nicht zugeschlagen hatte: Pech gehabt, jetzt kosten die Spiele natürlich einzeln 20, Infinite 30 und zusammen 60 Euro. Aber keine Sorge, der nächste Steam-Sale kommt bestimmt. Für euch ändert sich auch am wenigsten. Die PC-Versionen von Bioshock 1 und 2 sahen vor allem sahen damals mit 60Fps besser aus, jetzt läuft es halt auch auf der Konsole in dem Tempo - zumindest 98 Prozent der Zeit. Die Maus-Empfindlichkeit muss immer noch nachjustiert werden. Es berichten ein paar zu viele Leute über gelegentliche Abstürze und Performance-Einbrüche, als dass das frei erfunden sein dürfte, aber nachvollziehen ließ sich davon hier (leider?) nichts. Läuft (hier) tadellos, sieht ein klein wenig besser aus, als es eh schon der Fall war, aber ist sicher nicht der deutliche Hüpfer, den Konsolenspieler erleben werden. In Bioshock Infinite tat sich jetzt nicht viel, dort gibt es auch keine Remaster-Version für den PC. Im Bundle kauft ihr also das bekannte Spiel und wenn ihr zwei oder gar alle drei der Titel für den PC schon habt: Spielt sie einfach noch mal, wartet auf den nächsten Sale für das vielleicht fehlende, 60 Euro müsst ihr derzeit sicher nicht investieren.

Spielerisch? Insgesamt immer noch alles gut genug bis sehr gut, aber auf die Sammelei, um diese hübschen Automaten zu füttern, hätte ich verzichten können.

Das güldene Logo bezieht sich damit in erster Linie auch auf die Konsolen-Version wie auch der Titel des Tests zart andeutet. Hier muss man einfach sagen, dass der Unterschied zu früher an der Konsole gerade bei Bioshock 1 und 2 sehr deutlich ist und auch Infinite noch mal dieses kleine gewisse Extra bekam, das es brauchte. Angesichts dieses Pakets kann ich leicht verschmerzen, dass es keine großartig neuen Inhalte gibt. Alle drei Spiele sind nämlich Pflicht. Ja, Pflicht. Selbst wenn ihr die finale Auflösung von Infinite - ich und drei andere würden diese Ausrede einer solchen kaum so nennen wollen - ebenfalls so dämlich findet, man muss sie kennen. Sie ist Teil der Videospiel-Bildung für gehobene Foren-Kreise. Die Welten, alle beide, sind Pflichtprogramm eines jeden Gaming-Touristen und ihr Design ein Meilenstein, der in seiner Polygonzahl leicht, aber nicht in seiner Kreativität alterte. Viele ähnlich groß angelegte Spiele träumen davon, solche Orte zeigen zu können, euch solche Widersacher entgegenzusetzen und sind doch weit davon entfernt, auch heute noch. Sicher, spielerisch hat jedes der drei seine Macken. Aber der pure Größenwahn von Rapture und Columbia wäre genug, um selbst drei schlechtere Spiele immer noch in die Geschichte eingehen zu lassen. Drei gute wie hier und diese Welten dazu? Pflicht.

Und wenn ihr alle drei schon habt und kennt...? Nun, nein, nicht unbedingt. Wenn ihr Fan seid. Die Updates gegenüber 360 und PS3 sind da und deutlich, aber ihr solltet schon sicher sein noch mal Lust drauf zu haben, bevor ihr 60 Euro auf den Tisch legt. Ihr habt eure Pflicht bereits erfüllt.

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