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Bit.Trip Beat

Trippiger Trip in die Vergangenheit

Jeff Minter, britischer Experte für Huftiere, Gesichtsbehaarung und höchstwahrscheinlich auch so manche bewusstseinserweiternde Substanz, schuf 1994 einen Präzedenzfall. In seinem Remake des 81er Arcade-Hits Tempest kombinierte er das Spielprinzip von Dave Theurers Kult-Shooter mit psychedelischen Farb- und Tonspielereien und verschaffte so nicht nur Ataris glückloser Jaguar-Konsole einen dringend benötigten Hit, er legte mit Tempest 2000 auch die Blaupause vor, wie man einen klassischen, simplen Arcade-Hit stimmig neu auflegt.

15 Jahre später, mittlerweile haben sich auch ähnliche Titel wie Tetsuya Mizugushis Rez und Lumines größter Beliebtheit erfreut, schickt jetzt das kleine Entwicklerstudio Gaijin Games Bit.Trip Beat, den ersten Teil der auf fünf Teile angelegte Bit.Trip-Reihe ins Rennen. Und Bit.Trip Beat treibt das Minter-Prinzip auf die Spitze: Es basiert nämlich auf dem simpelsten aller Videospiele – Pong.

Als Spieler kontrolliert Ihr einen gewöhnlichen Balken am linken Spielfeldrand. Den bewegt Ihr in klassischer Pong-Manier durch Neigung der WiiMote nach oben und unten und schlagt so kantige Pixelbälle zurück, die von der rechten Seite des Bildschirms auf Euch zufliegen. Hier kommt das Rhythmus-Element ins Spiel: Denn die Pixel schlagen im Takt der untermalenden Elektro-Beats auf Euch ein. Schlagt Ihr sie zurück, mischen sich die Sounds harmonisch mit der Musik. Verpasst Ihr sie dagegen, zehrt das an Eurer Energieleiste und der Musik fehlt ein Beat.

Wenn die Pixel wild über den Bildschirm fliegen, dann ist Konzentration gefragt.

Insgesamt gilt es, zwei Energieleisten zu beachten. Die untere Nether-Leiste leert sich, wenn Ihr zu viele Bälle verpasst, die obere Mega-Leiste füllt sich dagegen, wenn Ihr lange Kombos erreicht. Und selbige schickt Euch, wenn sie ganz voll ist, in den Mega-Modus, der den Sound üppiger klingen lässt und die Punktzahlen noch einmal dramatisch erhöht. Füllt sich dagegen die Nether-Leiste, dann wird es eng.

Farben und Musik verschwinden, übrig bleiben nur schwarz-weiß und piepsige Sounds. Macht Ihr jetzt zu viele Fehler, heißt es Game Over. Haltet Ihr tapfer durch, könnt Ihr bald wieder mit frischer Energie im normalen Modus weiterspielen. Bit.Trip Beat fängt klein und harmlos an, steigert sich dann konstant. Die ersten 20-30 Bälle werden dank der sehr flüssigen und genauen WiiMote-Steuerung souverän pariert, aber je komplexer die Formationen und je psychedelischer die Grafik wird, desto größer auch die Herausforderung. Und so sind spätestens die Bosskämpfe, die die drei langen Levels des Spiels abschließen, eine schweißtreibende Herausforderung, die das Adrenalin zum kochen bringen.

Gut, drei Levels, das ist tatsächlich nicht so viel, aber meiner Meinung nach der ideale Umfang für Bit.Trip Beat. Denn trotz toller Präsentation und cleverer Ball-Formationen ist das Spielprinzip von Bit.Trip Beat im Grunde sehr einfach gestrickt. Und durch den überschaubaren Umfang packt das Spiel sein ganzes Aha- und Spielspaß-Potenzial in drei durchdachte Levels, anstatt sich künstlich in die Länge zu ziehen und so Gefahr zu laufen, den Spieler irgendwann zu langweilen.

Lasst Euch nicht von den Grafiken im Hintergrund ablenken!

Und nicht zu unterschätzen ist auch der Preis-Faktor: Für 600 Wii-Punkte, also genau 6 Euro, ist Bit.Trip Beat ein echtes Schnäppchen, das sich Fans von Spielen á la Tempest und Rez auf keinen Fall entgehen lassen sollten. Natürlich ist die Idee „klassisches Spielprinzip + trippige Präsentation“ heute nicht mehr so frisch wie noch vor ein paar Jahren, trotzdem zeigt Bit.Trip Beat eindrucksvoll, wie viel Spielspaß sich selbst aus einem so simplen Spielchen wie Pong noch herauskitzeln lässt.

Auch wenn ich mich über eine Möglichkeit, erreichte High-Scores auf Online-Leaderboards zu verewigen, gefreut hätte und auch der Mehrspielermodus eher wie ein Nachgedanke wirkt, so ist Bit.Trip Beat doch einer der interessantesten WiiWare-Titel der letzten Wochen und Monate, und wieder einmal ein Spiel, das für die neue Download-Welt geradezu maßgeschneidert ist.

Zu klein und einfach für einen regulären Retail-Titel, aber genau richtig als schneller, günstiger, motivierender Download für Zwischendurch, der genauso den Retro-Knochen alter Veteranen anspricht als auch moderne Spieler durch die poppige Präsentation zu motivieren weiß. Also, investiert die 6 Euro und holt Euch Bit.Trip Beat auf Eure Wii!

Bit.Trip Beat ist ab sofort für 600 Wii-Punkte in Nintendos Online-Store erhältlich.

8 / 10

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Thomas Nickel Avatar
Thomas Nickel: Fest in der 16Bit-Ära verwurzelt, lehrt der freie Autor Spielegeschichte an der Frankfurter Games Academy. Wird eher selten vor Ego-Shootern gesichtet.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

Bit.Trip Beat

iOS, Nintendo Wii, PC

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