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Black Mirror - Test

The horror! The horror!

Nettes Reboot des Adventure-Klassikers. Ohne allzu konfuse Rätsel und mit Gruselatmosphäre, leider aber holprig inszeniert und recht kurz.

Ich habe eine gewisse Vorliebe für die großen Klassiker des Horrors von Edgar Allan Poe oder H. P. Lovecraft und freue mich, wenn die Atmosphäre aus deren Büchern in Filmen und Spielen zum Leben erweckt wird. Das Point-and-Click-Adventure Black Mirror hat das im Jahr 2004 schon relativ gut hinbekommen, bedenkt man die technischen Möglichkeiten dieser Zeit. Ebendiesem Spiel hat Entwickler KING Art jetzt ein Reboot spendiert. Black Mirror bewegt sich dabei auf den erzählerischen Pfaden seines Vorbilds, weicht aber hier und da vom Weg ab. Ihr schlüpft in die Haut von David Gordon, der nach langer Zeit in Indien wieder aufs schottische Land zurückkehrt, um dort gewisse Erbschaftsangelegenheiten zu regeln. Wie ihr nämlich im Prolog erfahrt, hat sich sein Vater vor einigen Jahren bei einem so rätselhaften wie bizarren Ritual in einem Steinkreis selbst in Brand gesteckt, anscheinend verfolgt von einem unbekannten Grauen.

Kerzen sind in Black Mirror die am häufigsten verwendete Lichtquelle. Die Sonne scheint nur sehr sparsam.

Während sich das klassische Black Mirror noch relativ streng an den Konventionen der guten alten Point-and-Click-Adventures orientierte, versucht KING Art mit dem Reboot einen neuen Weg zu gehen, der sich irgendwo zwischen den Gabriel-Knight-Titeln und einem modernen Telltale-Spiel bewegt. Soll heißen: Ihr steuert frei und direkt durch eine Spielumgebung, könnt Gegenstände aufnehmen, sie kombinieren und das Ergebnis an anderer Stelle wieder einsetzen. Aber: Die Rätsel sind allesamt relativ logisch, ihr müsst also nirgends mit einer Katze, einem Besenstil und einem Trichter eine Schallplatte abspielen oder aus einem Kaugummi, einer Büroklammer und fünf Zehennägeln einen Fusionsreaktor konstruieren (Rätsel vom Autor frei erfunden). Tatsächlich empfand ich es als erfrischend, wenn ich ein Schloss einfach mal mit einer Büroklammer knacken durfte, in einem Schreibtisch mal ein paar Akten fand und Licht machen konnte, indem ich mit Streichhölzern eine Kerze angezündet habe.

Das hat aber natürlich auch seine Schattenseiten, denn es macht die Rätsel trivial. Das Spiel bietet euch nicht einmal die Möglichkeit, per Drag and Drop einen Gegenstand mit einem anderen zu kombinieren. Stattdessen blendet es euch kontextsensitiv automatisch das richtige Item an, um eine Situation zu lösen, wenn ihr es nur im Inventar habt. Müsst ihr doch mal ein etwas komplexeres Rätsel lösen, geht es eben darum, einen Schlüssel zurechtzubiegen oder ein paar Scheiben in die richtige Position zu bringen, damit sich eine Tür öffnet. Was ihr als nächstes machen müsst, ist dabei ebenso ziemlich klar, ein Blick ins Menü genügt. Zudem sind nur wirklich jene Stellen im Spiel Hotspots, mit denen ihr auch wirklich etwas anstellen müsst. Das treibt das Spielgeschehen einerseits voran, wirkt aber andererseits auch wieder seltsam - dann nämlich, wenn an einer Wand zwar fünf Bilder hängen, David aber nur zu einem von ihnen ein Kommentar einfällt.

Solche Visionen haben einen entscheidenden Nachteil: David kann in ihnen sterben.

Seine Stärken hat Black Mirror eher in seiner Atmosphäre. Wenn Protagonist David zu Beginn in einem dunklen Herrenhaus ankommt, das zwar seiner Familie gehört, in dem er sich aber fremder nicht fühlen könnte und in dem niemand mit offenen Karten zu spielen scheint, stellt das dieser Art von Gothic-Mystery-Abenteuer doch eine schön passende Bühne hin. Das Erkunden der Zimmer, Gänge und Hallen des Hauses verbreitet schon zu einem gewissen Grad Gänsehautstimmung, obwohl eigentlich noch gar nichts passiert. Nachdem David aber anfängt, Dinge zu sehen, die gar nicht da sein dürften, gerät er selbst in eine Zwickmühle. Sein rationales Ego sagt ihm, dass das, was er da sieht, eigentlich gar nicht da sein kann, er kann sich aber trotzdem nicht davon freimachen und beginnt bald, sich um seine eigene geistige Gesundheit Sorgen zu machen.

Besonders gelungen sind dabei die Lichteffekte. Die Entwickler zeigen oft nicht viel mehr als unbedingt nötig, der Schein einer Kerze reicht gerade aus, um die unmittelbare Umgebung des Protagonisten auszuleuchten. Umso seltsamer wirken die stoischen Bediensteten des Hauses, denen weder die Dunkelheit noch die ständige Zugluft irgendetwas auszumachen scheint und die im Haus ihren Aufgaben nachgehen wie Roboter. Ich hatte ständig das Gefühl, sie würden David gerne mit offener Feindseligkeit begegnen, können aber nicht, weil er nun mal der zukünftige Eigentümer dieses Spukhauses ist.

Leider aber reißen die Entwickler an vielen Stellen gleich wieder ein, was sie so mühsam aufgebaut haben. Die Animationen wirken hölzern, die Mimik der Figuren aus der Zeit gefallen. Diese Schwächen haben mich leider immer wieder aus der eigentlich dichten Atmosphäre gerissen. Hinzu kommen Ladezeiten, die mir im Hinblick auf diese technischen Schwächen erst recht nicht einleuchten wollen. Wenn ihr mal eben von Zimmer zu Zimmer lauft, aber an jeder Tür einige Sekunden warten müsst, bis eure Spielfigur in den nächsten Raum stolpert, bremst das eben den Spielfluss. Gern gesehen hätte ich auch deshalb eine Übersichtskarte, mit der ich zumindest ein bisschen schneller durch das Spiel navigieren kann. Stattdessen müsst ihr wirklich immer manuell von A nach B laufen, was umso nerviger ist, weil die Steuerung nicht gerade flüssig von der Hand geht. Die Kamera ist nicht frei drehbar, sondern bewegt sich nur geringfügig hin und her, fast schon im Stil des ersten Resident Evil. Ihr steuert nicht per Maus, sondern via WASD oder Analogstick. Dabei verliert ihr schon mal die Orientierung. Ich denke an dich, Geisterhauskeller!

Ein Blick ins Inventar: Mikrowellen, Kettensägen und eingefrorene Hamster sucht ihr hier vergebens.

Je länger das Spiel dauert, desto mehr verspielt Black Mirror auch seine erzählerischen Stärken. Die anfängliche Spannung weicht mehr und mehr einer Geschichte, die so auch aus Geisterjäger-John-Sinclair-Heftchen stammen könnte. Ich bin mir durchaus bewusst, dass auch dieses Format eine feste Fangemeinde hat, aber das Spiel startet eben ambitionierter. Wenn dann aber David plötzlich irgendwelche Mordvisionen hat, mit denen er noch dazu interagieren muss, weil er sonst von Zombie-artigen Kreaturen gefressen wird, gleitet eine noch so tolle Geschichte eben irgendwann in Richtung Trash ab. Zumal diese Sequenzen völlig ohne Not ins Spiel eingebaut wurden. Wohl dem, der daran gedacht hat, vorher zu speichern, denn ein viel schlaueres Vorgehen als Versuch und Irrtum ist hier nicht drin. Klickt im richtigen Moment auf einen Hotspot und ihr lebt, wenn ihr versagt, sterbt ihr. Und ihr wisst noch nicht einmal durch wessen Hand. Mit durchschnittlichem Adventure-Talent habt ihr Black Mirror nach sechs Stunden dann auch schon durchgespielt.

Selten versteht ihr wirklich, was die Visionen bedeuten, mit denen euch das Spiel konfrontiert.

Keine dieser sechs Stunden fühlte sich wie Zeitverschwendung an - Black Mirror ist definitiv kein schlechtes Spiel. Es hat nur einige unnötige Schwachpunkte, die dem Gesamterlebnis einen faden Beigeschmack geben. Das Spiel versprüht eine dichte Gruselatmosphäre, die durch roboterhafte Animationen torpediert wird. Es könnte einen flotten Spielfluss haben, wären da nicht die langen Ladezeiten und die unnützen Tode des Protagonisten. Und schließlich verliert auch die Geschichte selbst gegen Ende an erzählerischem Anspruch. Schade, denn in der Anfangsphase scheint das Potenzial des Spiels durch die veraltete Grafik hindurch wie Kerzenschimmer durch eine blutbefleckte Tischdecke. Spieler, die sich mit den Schwächen arrangieren können, mal wieder etwas mit ähnlicher Stimmung wie das Original erleben möchten, und für die klassisches Point-and-Click keine Grundvoraussetzung ist, dürfen trotzdem einen Blick in den Schwarzen Spiegel riskieren.

Entwickler/Publisher: KING Art/THQ Nordic - Erscheint für: PC, PS4, Xbox One - Preis: 29,99 Euro - Erscheint am: erhältlich - Getestete Version: PC - Sprache: deutsch - Mikrotransaktionen: Nein

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