Blackguards 2 PS4 und Xbox One - Test
Bis Divinity: Original Sin 2 habt ihr doch eh nichts Besseres vor.
Blackguards 2 hat eigentlich alles. Eine relativ düstere und verwobene Story, eine große Karte mit zig optionalen Dingen, die detaillierten Hintergründe eines ausgefeilten und beliebten Rollenspiel-Systems, taktische Rundenkämpfe mit vielen Variablen. Es ist nicht erstaunlich, dass es mit all diesen auch noch richtig angewendeten Zutaten ein wirklich gutes Spiel wurde. Viel mehr verwundert, dass der kurzen Blackguards-Reihe nie mehr Erfolg zuteilwurde als sie bis heute verbuchen kann. Was in Verkaufszahlen gemessen wohl nicht so richtig üppig war.
Umso netter ist es, dass der zweite Teil nun trotzdem noch für die Konsolen erscheint. Die Umsetzung ist dabei recht simpel gehalten, schließlich war das Spiel jetzt nie ein grafisch imposantes Epos und für die Schönheit wird es, trotz all des Charmes, den es schon hat, kaum jemand spielen. Hier gibt es keine Überraschungen, Blackguards 2 sieht auf der PS4 oder Xbox jetzt nicht groß anders aus als zuvor auf dem PC - Test siehe hier .
Der kritische Punkt ist natürlich, immer eine Maussteuerung auf ein Pad zu übertragen und das wäre es wohl auch, wenn das PC-Spiel nicht auch schon mit Pad im Hinterkopf entworfen und damit zu lenken wäre. Die Figuren zu ziehen ist einfach, das Schlachtfeld zu scrollen und alles im Blick zu behalten ebenfalls. Dabei hilft ungemein, dass ihr zwar den vertikalen Blickwinkel des 3D-Feldes stufenlos von der Vogel- in die Seitensicht kippen könnt, die horizontale Achse aber fest ist. Ihr dreht also nicht das ganze Feld, was Übersicht gewährleistet, ohne dass ich jetzt behaupten könnte, dass es das Spiel einschränkt. Die Menüs sind halbwegs schlüssig strukturiert, einiges wirkt etwas sperrig, aber angesichts der Masse an Optionen, Talenten, Zaubern, Ausrüstung und noch mehr ist das leicht verzeihlich. Da gibt es ganz andere Kandidaten, Blackguards 2 hat sein Zimmer gut genug aufgeräumt.
Was das Spiel selbst angeht, ist es einer der Schwarze-Auge-Titel, die immer gern etwas dunkler und erwachsener sein wollen. Das klappt hier auch ganz gut, da seltsamer Inzest und kindische Blut-Dämonen-Rituale weitestgehend außen vor bleiben und das Ganze viel mehr in Richtung Game of Thrones geht. Die verstoßene Königin flieht mental leicht derangiert nach Jahren aus dem Dungeon und rekrutiert einen zwergischen Drogenhändler, einen geflohenen Ex-Gladiator und magisch mittelmäßig talentierten Sklaven, indem sie ihn für ein Taschengeld kauft. Man nimmt halt, was man kriegen kann. Diese Truppe und andere mit der Zeit rekrutierte NPCs führt ihr von Schlacht zu Schlacht, wobei die allermeisten von ihnen mal in die Haupt- und mal in kleinere Nebenhandlungen eingebaut sind und alle ein paar Eigenheiten zu bieten haben.
In manchen der Hexfeldkämpfe müsst ihr nur durchkommen, ohne von einer nicht enden wollenden Gegnerschwemme überwältigt zu werden, in anderen müsst ihr euch geschickt mit Fallen verschanzen, wieder andere sind klassische "Kill 'em All"-Szenarien. Ihr habt Alarmglocken, von denen ihr Gegner fernhalten solltet, Verbündete und neutrale Monster, die befreit werden können, ihr könnt Steingeröll lostreten, wenn der Feind richtig steht. Jedes Schlachtfeld hat andere kleine taktische Elemente und ihr werdet sie auch brauchen. Gutes Personal habt ihr nicht vom Start weg und das Spiel ist nicht zu großzügig mit Erfahrungspunkten und Gold. Nutzt ihr nicht alle Möglichkeiten, werdet ihr oft einen Kampf neu starten, denn gespeichert wird immer nur dazwischen.
Was noch zwischen den Kämpfen passiert, ist alles andere, was hier nicht wenig ist. Ihr habt eine Karte, auf der ihr eigentlich fast immer eine Wahl habt, wo es nun weitergehen soll. Manchmal dürft ihr eine Stadteroberung auf unterschiedliche Weisen angehen, oft gibt es optionale Gelegenheiten, für die eigene Armee zu rekrutieren oder etwas Gold zu sammeln. Von diesen Optionen erfahrt ihr aber meist nur, wenn ihr auf den recht statischen Zwischenbildschirmen mit lokalen NPCs redet, sie auch mal bestehlt oder bedroht und auch mit den eigenen Verbündeten immer wieder einen Schnack haltet. Wie ihr euch dabei benehmt, entscheidet darüber, ob euch Leute aus Liebe und Treue folgen oder aus Furcht. Beides kann effektiv sein und beides öffnet euch eigene Wege. Als Bonus hebt das sogar den Wiederspielwert. Nicht, dass Blackguards 2 mit 25+ Stunden sonderlich kurz wäre.
Blackguards 2 auf den Konsolen fliegt etwas unter dem Radar, mehr noch als das zu seinem PC-Release schon der Fall war. Dabei ist das zugebenermaßen technisch nicht sonderlich auffällige Spiel aber ein echter Geheimtipp für die Konsolen, gerade in diesem Jahr. Die Geschichte reißt keine Bäume aus, bietet aber genug interessante Charaktere, das taktische Spielsystem kombiniert abwechslungsreiche Arenen mit einem felsenfesten und komplexen Regelset, ihr habt genug Spielraum, um euch nicht nur linear von Schlacht zu Schlacht hangeln zu müssen, und genug Umfang, um euch für ein paar lange Abende locker bis durch den Herbst zu kämpfen. Blackguards 2 steht dabei auf der Konsole nicht mal in der Steuerung dem PC nach - hier und da ein umständliches Menü gab es da schon genauso - und so spricht alles für dieses aktuell letzte Hurra des Pen&Paper-Sauriers Das Schwarze Auge. Gönnt es euch, es ist die perfekte Überbrückung bis Divinity: Original Sin 2 dann für diese Plattformen fertig ist.