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BlazBlue: Calamity Trigger

Das seltsame Dutzend

Das Spieltempo selbst dürfte allerdings etwas sein, das lustigerweise den Pro zumindest kurzfristig mehr verwirrt als den Einsteiger. Die Figuren lassen sich nicht wie Street Fighter oder Guilty Gear handhaben. Das Boden- und Sprungtempo ist niedrig und zuerst scheint BlazBlue träge und behäbig. Dann erkennt ihr, welche Möglichkeiten die meisten Charaktere haben. Schnelle Sprints sind lebenswichtig und noch bedeutsamer ist es, mehrfache Sprünge zu beherrschen, um das unglaubliche Tempo, das in den Kämpfen steckt, dann erst zu erreichen und schließlich zu meistern. Eines ist nämlich sicher: Der Computer beherrscht es ab dem mittleren Schwierigkeitsgrad und vernichtet euch, solltet ihr nicht schnell genug umdenken.

All den anderen Prüglern war in der Regel dann auch die Präzision der Eingabe extrem wichtig. Sowohl SNK als auch Capcom wollen Perfektion am Fighting-Stick sehen, BlazBlue ist da weit vergebender. Der Kern des Spiels besteht darin, die Taktiken der verschiedenen Fighter zu ergründen, ihre Möglichkeiten zu erforschen und den richtigen Rhythmus für jeden Kampf finden. Bei den Millisekunden der Eingabe gönnt sich das Spiel den Luxus der Vergebung und es fällt leichter als sonst üblich, einen Special-Move auszuführen. Ihn dann sinnvoll und taktisch punktgenau einzusetzen, das steht auf einem ganz andern Blatt.

Typ mit Schwert: Ok, selbst wenn er 'Bang' heißt. Aber: WAS ZUR HÖLLE IST DAS ANDERE DING?!

Damit erledigt sich zumindest teilweise die absolute Notwendigkeit eines Aracde-Sticks. Es geht immer noch besser mit, dank der vergebenden Eingabe macht das PS3-Pad aber keine schlechte Figur. Nur auf der 360 würde ich vom Pad wegen des minderwertigen Steuerkreuzes abraten. Die Spielmodi entsprechen den gängigen Standards. Ja, Street Fighter IV, ein Story-Mode oder etwas Ähnliches ist inzwischen Standard. Hier kommt die Geschichte, wie schon angesprochen, nicht zu kurz. Wer das nicht braucht, nimmt den Arcade-Modus oder prügelt sich ein wenig mit seinen Freunden im Offline-Versus. Nichts wurde vergessen, auch nicht der Online-Modus.

Die spannende Frage lautet natürlich, was der taugt. Es hat sich inzwischen herumgesprochen, das für den Moment Zero-Lag ein mystisches Märchen bleibt, aber BlazBlue trickst genug herum, um es fast wahr erscheinen zu lassen. Gegen Spieler auf diesem Kontinent konnte ich praktisch keine Verzögerungen ausmachen, als sie mit meinen Kämpfern den Boden gründlich aufwischten. Erst bei einem Match, dessen Gegenpart in Japan saß, schien es doch ein paar Mal für Millisekunden zu haken. Es blieb immer aber noch gut spielbar. Und selbst wenn zu Beginn der Runden mitunter mal ein Hänger kommt, kann man doch guten Gewissens sagen, dass der Online-Code in BlazBlue zu den derzeit Besten gehört.

Und so sieht es aus, wenn DAS ANDERE DING seinen Special reißt.

Damit am Ende keiner sagen kann, dass er ja eigentlich gewonnen hat und gar nicht weiß, warum sein Kämpfer zu Boden ging, lässt sich jedes Online-Replay in voller Länge speichern und Frame-by-Frame zerlegen. Für die ganz Harten halt. Oder die, die sich im Detail an der erstaunlich hübschen Symbiose aus 3D-Hintergründen, 2D-Figuren und Effekten erbauen wollen. Im Angesicht des heute technisch Machbaren hätte ich mir zwar noch ein paar mehr Animationsdetails gewünscht, aber das hohe Tempo hätte die am Ende wahrscheinlich sowieso Lost in Distortion geschickt. Also einfach nur: Wirklich schick, kreativ wertvoll und, wie auch schon die ersten Guilty Gears, ein frischer Wind mit einem Cast, der halt mal nicht nur recycelt wurde. Und es spielt peinlicher J-Heavy-Hard-Rock-Pop. So muss es sein und nicht anders.

Ein neues Franchise auf einem Markt einzuführen, der von tollwütigen Fanatikern dominiert wird, die sich mit den letzten Feinheiten ihrer teilweise seit Jahrzehnten vertretenen Lieblinge auskennen, ist mutig. Es wäre für Arc System Works sicher einfacher gewesen, ein HD-Update von Guilty Gear herauszuhusten und es gut sein zu lassen. Aber diese Jungs hier sind ambitionierter und, wie BlazBlue: Calamity Trigger beweist, talentierter als das. In diesem Spiel stecken unglaublich viele Ideen und jede einzelne davon ist spielerisch optimal umgesetzt.

So viel Spielbalance und Feingefühl beweisen nur die Besten. Der Cast zeugt von einem gesunden Halb-Anarchismus des Designs gegenüber der Konvention und, auch wenn er mit einem Dutzend Kämpfern etwas mager ausfiel, so schöpferisch wertvoll muss man erstmal sein. Sich an dieses neue Gefühl der Freaks hier heranzutasten und es zu meistern, dürfte einer der lohnendsten Erfahrungen in einem Prügler seit Jahren sein.

Darin liegt aber auch die größte Gefahr für BlazBlue. Die meisten Spieler wollen am Ende keine Neuerungen, sondern lieber das hart antrainierte Prügeltier füttern. Für BlazBlue muss man ein wenig umdenken. Wer sich diese Mühe macht, findet hier ein Game, das mit den Besten auf dem Podest ganz oben steht.

Lange hats gedauert, aber ab dem 25. März wird BlazBlue endlich in Deutschland offiziell erhältlich sein.

9 / 10

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