Blitz: The League 2
Dreck, Blut und Steroide
„Vier Sekunden... Vier Sekunden sind eine Ewigkeit... wir haben eine Ewigkeit Zeit!“
Dummerweise ist das Leben langweiliger als Hollywood. Normalerweise kommt es im American Football nicht auf diese vier Sekunden an. Spiele sind zu 98 Prozent vorher gewonnen oder verloren. Es läuft halt nicht auf das Drama hinaus, das Oliver Stones Football-Epos „An jedem verdammten Sonntag“ zelebriert. In der schnöden Wirklichkeit sind die großen Läufe, die wirklich heroischen Tackles und brillanten Pässe nicht die Norm, sondern der seltene Moment, auf den mancher Sportler sein ganzes Leben vergeblich wartet. Selten hat es ein Spieler in der Hand, in diesen vier Sekunden das Blatt zu wenden und sein Talent zwischen Sieg und Niederlage entscheiden zu lassen.
Aber Videospiele sind ja bekanntlich nicht die Wirklichkeit, etwas, was sich inzwischen selbst in die hinteren Reihen der CSU herumgesprochen haben dürfte. Warum also eine normale, technisch perfekte und äußerst real umgesetzte Partie American Football im Stile des Übervaters Madden spielen, wenn Ihr jeden Tag pures Sportadrenalin durch Euer Pad fließen lassen könntet? Jeden Tag und jedes Spiel „Große Kämpfe“, „Große Taten“, „Große Verletzungen“ und diese berühmten „Großen Vier Sekunden“.
Weil Madden eben eine Simulation ist und Midways Blitz: The League 2 ein echtes Arcade-Vergnügen. Für jeden Tag das Richtige, und für diese gewissen rauen Tage bietet Blitz 2 alles auf Steroiden. Die Menüs verkaufen Dreck und harten Metal-Rap-Mix, illegales Doping ist Teil des Konzepts und der Kommentator quatscht Euch durch das Tutorial hindurch voll, als hättet Ihr mit ihm den Turf im Chicagoer Ghetto geteilt.
Alles fast zu angestrengt cool und ungefähr so realitätsnah wie „An jedem verdammten Sonntag“. Was aber nicht heißt, dass es keinen Spaß machen würde. Im Gegenteil, ich liebe diesen Film und Blitz 2 gerät hier praktisch ungewollt zur gelungenen Filmumsetzung.
Ihr startet Eure Laufbahn in der imaginären Blitz-Liga, angereichert mit phantasievollen und spektakulären Arenen, durch eine spaßige Pressekonferenz, in der die Antworten die Fertigkeitspunkte Eures Starplayers verteilen. Es macht halt einen Unterschied, ob Ihr als Kind durch geschickte Haken den Bullies ausgewichen seid oder selber einer der Bullies wart. Anschließend geht es unvermittelt in die erste Begegnung, da die Kohle weder für bessere Ausrüstung noch für ein paar Shots vom semilegalen Medikamenten-Markt reicht.
Regengüsse stürzen herab, während die beiden Teams ihre Startaufstellung beziehen. Kick Off und los geht’s. Für ungefähr drei Sekunden, bis Ihr getackelt am Boden liegt und nicht den Hauch einer Ahnung habt, was gerade passiert ist. So stelle ich mir meine Wenigkeit auf dem Platz selbst vor. Nur dort dann verbunden mit mehr Schmerzen.
Das schiere Tempo des Gameplays fällt als erstes ins Auge und unterstreicht den Action-Aspekt. Vier Sekunden SIND eine Ewigkeit und nur die wenigsten Spielzüge dauern so lange. Ihr müsst eigentlich noch nicht einmal allzu viel von American Football gehört haben, um Blitz 2 zu spielen. Klar gibt es über 1000 Offense-Spielzüge und ca. 400 in der Verteidigung. Und auf einem sehr theoretischen Level ist es auch nicht ganz unwichtig, welchen Ihr davon wählt. Auf einem spieltechnisch weit realeren meist schon.
Die Formationen lösen sich in Sekundenbruchteilen und belohnen gute Reaktionen höher als ausgefeiltes Stellungsspiel. Ihr bekommt das Ei und müsst sofort zwei Verteidigern entgehen. Dank der Zeitlupenfunktion gelingt es Euch auf den Beinen zu bleiben, während vier Eurer Receiver sich freilaufen. Entscheidet jetzt binnen eines Lidschlages, ob Ihr per Tastendruck lieber hart und schnell werft oder hoch und weit, so dass der Fänger etwas mehr Zeit hat.