Blog: Sound(anlagen) matters
Martins Hörprobe
OK, jetzt machen wir also auch das Blog-Ding. Sachen, die einen so gerade bewegen. Worüber könnte ich denn hier berichten? Meinen Kampf zwei Monitore sinnvoll mit dem ATI-Manager zu klonen? Geht so, vielleicht wenn ich eine Lösung hab. Welche Filme hab ich denn so grad gesehen? Hmmm, alles alt, wer will heute noch über Dark City und Highlander reden. Für Star Trek und Wolverine war halt noch keine Zeit da.
Wie wäre es mit Sound? Sound im Generellen. Sucht mal nach Threads über den besten Bildschirm für eine PS3. Da werdet Ihr tausendfach fündig, und auch wenn es keine endgültige Antwort zu geben scheint, mangelt es nicht an Inspirationen. Aber sucht doch mal nach der besten Soundanlage für Spiele. Wie viel genug ist, wie sich viel lohnt, welcher Verstärker, welche Boxen. Scheint keinen zu interessieren. Hören die wirklich alle den Kanonendonner von Killzone 2 über die eingebauten Speaker? Hoffentlich nicht. Um mit gutem Beispiel voranzugehen, berichte ich einfach mal über die vier Stufen, in denen ich mich in den letzten zwei Jahren dem idealen Sound annäherte und damit jedes Mal ein wenig mehr Spaß beim Spielen hatte.
Stufe 1 – Intern sucks!
Ok, eigentlich war es keine echte Stufe, aber ausprobiert habe ich es mal. Als ich zu faul war, die Xbox richtig zu verkabeln, steckte ich einfach das HDMI-Kabel in den TFT und schaltete die eingebauten Lautsprecher ein. Ganz klares „geht so“.
Call of Duty 4s Kriegslärm blieb diffus und dünn, der eigentlich epische Soundtrack waberte irgendwo im Hintergrund. Ein wenig erstaunt war ich dann doch über die relativ – sehr relativ – gute Bassleistung der im Samsung eingebauten Quäken. Ich hätte nichts erwartet und ein klein wenig dann doch. Wenn nichts anders da ist, kann man scheinbar mit dem sowieso Vorhandenem leben, aber Spaß macht es nicht.
Stufe 2 – Logitech. Wenn kein Platz da ist.
Irgendwann war ich für eine Weile wahnsinnig und schwor dem echten HiFi ab. Ich war meiner uralt-Sony-Bausteine von Anfang der 90er überdrüssig, entsorgte sie zusammen mit den riesigen Yamaha-Standboxen und baute das extrem handliche Logitech Z-5450 auf. Klein ist es ja, der Preis war mit knapp unter 300 Euro sehr fair und der Gegenwert in Form von Sound angemessen. Die kleine Basisstation verkraftete drei optische Kabel und war so für alle wichtigen Aufgaben gerüstet. DTS kann sie und THX steht auch drauf. Nicht, dass das viel bedeuten würde. Ein Standard ist nicht viel wert, wenn der Nutzer sich nicht an dessen Vorgaben beim exakten Aufbau hält.
Aber egal. Laut war für das 5450 kein Problem, Präzision schon eher. Damit meine ich nicht die Aufteilung und Einmessung der fünf den Subwoofer umgebenden Boxen. Automatisch läuft das zwar nicht, aber mit ein paar Hörproben kommt alles in der richtigen Dosierung aus der richtigen Richtung. Es sind die Mitten und Tiefen, mit denen das eigentlich als Luxus-PC-Lautsprecher ausgelegte Set zu kämpfen hat. Der Bass bei Rainbox Six Vegas wabert dröhnend und unpointiert vor sich hin und geht eine ein wenig zu fließende Ehe mit den mittigen Tönen ein. Das Bild ist ein schwammiger Soundteppich, der zwar druckvoll, aber unbefriedigend kommt.
Wesentlich heimischer fühlt sich das System bei Soundtracks, die hoch-fröhlich vor sich hinplätschern. Helles Klingenklirren, untermalt von niedlichen Fantasyweisen bei Oblivion, lag dem Logitech mehr als alles, was eher düster und bedrohlich daherkommt. Es wurde also problematisch, sobald es hinab in den Dungeon ging...
Der Gesamteindruck ist keine Katastrophe und für eine Weile ließ es sich gut mit dem Logitech leben. Gerade alle, die keinen Dreh oder Platz für ein großes Baustein-System haben, dürfen ruhig mal einen Blick auf die gehobenen Systeme von Creative und Logitech werfen. Für das geforderte Geld bekommt man hier ein effektives, anspruchsloses System, das unspektakulär arbeitet und auf keinen Fall mit zu vielen Erwartungen an die Präzision überfordert werden sollte.
Stufe 3 – Zurück zum HiFi.
Während eines spektakulären Wasserschadens hauchte das Logitech seine Existenz in meinem Wohnzimmer aus und schneller Ersatz musste her. Die Kampfkasse war leider alles andere als prall gefüllt und so wurde es das Einsteigerset von Yamaha, ein Receiver, Modell 363 mit dem passenden kleinen 5.1-Set gleicher Firma, alles in einem handlichen Umzugskarton geliefert.
Neben den üblichen Soundfeatures wie DTS und einem sehr effektiven MP3-Enhancer war dies mein Erstkontakt mit den HDMI-Features eines AV-Receivers. Und damit, dass die PS3 ihr HDMI 1.3 ernst nimmt. Während die 360 und der DVD wunderbar in den Yamaha reinfanden und auch wieder hinaus über den kombinierten Output, kapitulierte der Repeater bei Sonys Konsole. Na egal, es sind eh nur zwei Eingänge dran, also wird die PS3 halt per Toslink tontechnisch angeschlossen.
Ahhh, hätte ich gar nicht erwartet. Mit etwas über 400 Euro war das System kaum teurer als das Logitech, der Leistungssprung war trotzdem unüberhörbar. Call of Duty 4 hatte sich bei mir inzwischen zur Referenz aller Tonlagen hochgearbeitet und es bestand den Test. Nicht ganz mit fliegenden Fahnen, aber der Bass kam deutlich differenzierter. Dass die Mitten nach wie vor vor sich hinwaberten, na gut, man kann nicht alles haben. Mit den Höhen gab es hier ebenfalls keine Problem. Alle Schmerzensschreie klangen auf den Punkt, gut ortbar und genau richtig.
Nur hätte es im unteren Bereich einfach mehr sein können. Die Explosionen bei Killzone waren da und sie kamen auch ziemlich auf den Punkt, nur fühlte ich sie nicht, selbst wenn ich den Bass komplett reindrehte und den Sub bis an die Grenze kurz vor Verzerren drehte. Erst bei unangenehmen Lautstärken kam dann auch die Wucht mit, nur macht das halt nicht so viel Spaß, wenn man ständig von Freund und Helfer gestört wird, die die Tür eintreten wollen, um für Ruhe zu sorgen. Und Tinitus klingt lustig, ist es aber nicht. Vertraut einem alten Metaler in diesem Punkt.
Trotzdem zauberte das kleine Yamaha für kleines Geld ein insgesamt schönes Klangbild in den Raum, das an den Extremen nicht zaubern konnte, sich bei klanglich ausgewogenen Games wie Ratchet & Clank oder Tomb Raider aber pudelwohl fühlte.
Stufe 4 – The Battleship.
Die Finanzkrise kam und alle Bürger waren gefragt, Ihr Bestes für die Konjunktur zu geben. Einen Kleinwagen hatte ich leider schon vor der Abwrackprämie gekauft und sammeln muss man die Dinger ja nun auch nicht. Also HiFi. Und zwar richtig. Nach etwa zweimonatiger Recherche, in denen ich viele, für das allgemeine Leben auf dem Planeten nicht ganz so wichtige Wörter lernte, entschied ich mit für einen neuen AV-Receiver. Und dass ein Review ihn nicht umsonst „The Battleship“ nannte, zeigte sich beim Auspacken des Pioneer VSX LX-70. Das verdammte Ding ist mit Kabeln einen halben Meter TIEF! Gut, für 1200 Euro sollte man neben Klasse auch ruhig ein wenig Masse erwarten können.
Da dieses Geschoss sich wohl kaum mit den Yamaha-Boxen zufrieden geben würde, musste was Anständiges her. Klein war neben Klang die Priorität und da führt eigentlich kaum ein Weg an den Winzlingen eines Bose Acoustimass vorbei. Für ein ganz aktuelles Modell reichte es nicht mehr, aber ein Gebrauchtes 5.1 10er-System für 700 Euro muss man ja auch nicht verachten.
Es dauerte einen Tag, einen Platz für das Pioneer-Monstrum zu finden, mit dem auch die Frau des Hauses einverstanden war – die Halbkastration nach Nennung des Kaufpreises hatten wir da schon hinter uns –, die zuvor verlegten Lautsprecherklingeldrähte gegen 2,5mm Kabel auszutauschen und vor allem zu verstehen, dass moderne AV-Receiver ein gründliches Studium der 150 seitigen Anleitung – nur Deutsch, keine acht Sprachen – voraussetzen. Auch das Einmessen der einzelnen Kanäle klappt dank Mikrofon erst mal zügig, bis alles wirklich passt, vergeht aber auch hier Zeit.
Für den Multikonsolero geht dann aber ein Traum in Erfüllung. Sofern Ihr ein Gerät mit Faroudja-Skalier-Chip wie eben den LX-70 Euer Eigen nennt, könnt Ihr hier jede digitale und analoge Quelle anschließen und der Receiver gibt es auf 1080p skaliert am HDMI-Ausgang aus. Seitdem läuft vom Mega Drive über die Wii bis zur PS3 alles durch ein Kabel zum TV, bequem ausgewählt am Verstärker. Perfekt.
Leiser Trommelwirbel. Zeit für den Soundcheck. Und endlich läuft Call of Duty 4 zu dem auf, was es sein kann. Ein Bruckheimer-eskes Feuerwerk des Sounds, in dem Euch die Kugel um die Ohren peitschen, jede Explosionen mit kalter, eiserner Präzisionen einen Schlag mitgibt, untermalt vom genau richtig im akustischen Raum platzierten Soundtrack. Es ist Ohren-Kino aus Sound-Hollywood, das den Filmen kaum nachsteht und das Spielgefühl in einem Maße aufwertet, das ich so nicht für möglich hielt. Schöne Optik ist gut, aber guter Sound lässt einen ganz in die Illusion der virtuellen Wirklichkeit eintauchen.
Und es sind nicht nur die Effekt und Donner-Orgien, bei denen sich die zugegeben nicht ganz kleine Investition bezahlt macht. Nehmt zum Beispiel Aquanauts Holiday auf der PS3, das komplett friedliche Unterwasser-Erkundungsgame (Test in Kürze). Hier war es das Anlaufen der U-Boot-Motoren, was für Gänsehaut sorgte. Mit einem dunklen, durch den Raum laufenden Rumpeln setzt sich das Boot in Bewegung und Ihr hört es nicht nur. Ihr fühlt es mit dem ganzen Körper. Kein grafischer Trick ist dazu in der Lage.
Auch Kleinigkeiten bleiben Pioneer und Bose nicht verborgen. Wo vorher der schöne Soundtrack von Kameo eher im Hintergrund blieb und von Effekten überlagert und zersetzt wurde, hört Ihr jetzt eine perfekte Abmischung aller Tonlagen, die die richtigen Akzente setzen und zeigen, dass bei Rare durchaus geschickte Soundtüftler werkeln. Nicht jedes Spiel profitiert im gleichen Maße. Bei GRID verläuft sich das Motorengeräusch sowieso eher unspektakulär und die Präzision des neuen Systems wird hier nicht so gefordert. Es klingt besser, ein neues Spielgefühl entsteht daraus aber nicht.
Das findet Ihr überraschenderweise wieder bei Mirror's Edge. Die minimalistische Einbindung des Soundtrack, mit dem unmittelbaren Gefühl aller Geräusche aus der Egoperspektive, intensiviert das Gefühl von Nähe zum Hauptcharakter noch einmal. Es wird näher, fühlbarer, dynamischer und ergreifender. Es macht einfach mehr Spaß.
Stufe 5 – Häusliche Gewalt.
„Hey, Schatz. Ich glaube es ist mal wieder Zeit, das Heimkinoerlebnis aufzuwerten. Du willst doch auch, dass Keinohrhasen noch besser klingt, oder? Es gibt da diese Vor- und Endstufe von Denon...was das kostet? Naja, murmel, räusper, so was um die Zwölftausen...Autsch, Aua, nicht schlagen! OK, war ja nur so ein Gedanke! Lass mein Ohr los, ich schwöre, ich kauf's nicht!!“
Ich bezweifle allerdings auch ernsthaft, dass das wirklich noch einmal den Boost für das Spielgefühl mit sich bringt, den die vorigen Wechsel bedeuteten. Irgendwann ist im normalen Haushalt sowieso einfach Schluss und ein System, das 500 Quadratmeter-Hallen beschallen kann, braucht nun wirklich kaum jemand in den eigenen vier Wänden.
Was will ich aber damit sagen? Will ich nur mit meiner coolen Stereoanlage prahlen? Ja, natürlich, auch das. Gute Grafik und der damit automatisch verbundene hochwertige TV oder Beamer sind wichtig, keine Frage. Aber das Thema Sound scheint von vielen Spielern noch unterschätzt zu werden. Schade das, denn was sich hier an Spielgefühl und – spaß herausholen lässt, ist unglaublich.
Es müssen am Ende vielleicht nicht die 2000 Euro und das Battleship sein. Aber verabschiedet Euch von eingebauten Lautsprechern, 100 Euro-reiß-auf-werf-weg-Komplettanlagen und beginnt, die Früchte der harten Arbeit der Soundtechniker zu genießen. Es lohnt sich. Versprochen.