Borderlands
Kreatives Meisterwerk
Eine weitere Parallele zu Action-Rollenspielen: Eure Aufträge holt ihr euch bei Questgebern ab. Zum Beispiel dem obskuren Dr. Zed, der zwar nicht mehr als Mediziner arbeiten darf, aber auch allzu gerne mit dem Seziermesser bearbeitet. Die verschrobenen Einwohner von Fyrestone bitten euch um Gefallen, lassen euch Endgegner flachlegen oder spezielle Items finden. Als Belohnung für eure Mühen gibt es Geld, Erfahrungspunkte und manchmal einen hilfreichen Gegenstand. Leider ist die Grenzstadt bis auf die Questgeber momentan noch etwas leer. Da die Leute Angst vor den Räubern haben, gibt es somit zwar eine Erklärung dafür, trotzdem hätten ein paar herumlaufende NPCs die Atmosphäre weiter verdichtet.
Nichtsdestotrotz wirkt der Titel wie aus einem Guss. Die Comic-Grafik passt hervorragend zu dem überzogenen Stil der Figuren. Die trostlose Wüste verbreitet durch die klaren Flächen und schwarzen Schatten ein Gefühl der Einsamkeit. Unschärfe und Pixel-Effekte sorgen für packende Actionsequenzen. Was auf Standbildern noch primitiv wirkt, gewinnt in Bewegung deutlich an Qualität. Für mich eine willkommene Abwechslung zum Gears-of-Halo-Killzone-blutig-dreckig-Look.
Die Areale selbst sind riesig und können später auch per Fahrzeug durchquert werden. In der Vorschau-Version gab es zwar nur einen zweisitzigen Buggy mit Raketenwerfer und Maschinengewehr, im finalen Spiel soll aber deutlich mehr Auswahl vorhanden sein. Die Spielwelt hat indes nicht ganz die Ausmaße von Fallout 3. Stattdessen werden kleinere Bereiche durch Zugänge miteinander verbunden und erinnern so eher an ein Zelda oder Metroid Prime. Neben thematisch anderen Gebieten warten auch Dungeons auf euch. Ihr wagt euch in kristallbesetzte Höhlen, räuchert Endgegner aus ihren Hütten aus oder macht eine Basis der Gegner im Mad-Max-Look dem Erdboden gleich.
Unterm Strich fehlt zwar etwas optische Abwechslung, aber so ein Wüstenplanet wird nun mal selten grün. Und wer weiß, was hinter der großen Mauer lauert. Mit Level 17 – weiter ging es in der Vorschau-Version nicht – wurden wir rüde als "zu schwach" abgewiesen. Zum Glück hatte ich noch ein paar Nebenmissionen vergessen und konnte wenigstens noch ein paar Minuten herausquetschen. In der Vollversion werdet ihr dieses Problem nicht haben. Um den Maximallevel zu erreichen, könnt ihr das Spiel mit dem gleichen Charakter ein zweites Mal durchspielen. Und um es dabei nicht zu einfach zu machen, werden die Level der Feinde dann an eure aktuelle Stufe angepasst. Genial.
Borderlands hat mich wirklich positiv überrascht. Der neue Grafikstil und die ungewöhnliche Mischung aus Shooter und Rollenspiel funktionieren einfach. Selbst die unfertige Vorschau-Version hat mich über zehn Stunden an den Bildschirm gefesselt, ein Novum. Man hangelt sich von Level zu Level, entdeckt ständig neue Waffen und unverbrauchte Aufgaben. Die Kämpfe sind spannend inszeniert, dank Fahrzeug gibt es nur kurze Laufwege und das Balancing ist schon jetzt hervorragend. Wirklich fasziniert hat mich aber die taktische Vielfalt, die euch dutzende Lösungswege erlaubt. Trotz der grundsätzlich gleichen Spielmechanik funktioniert jeder Charakter vollkommen unterschiedlich und lädt dazu ein, den Titel gleich mehrmals durchzuspielen.
Aber es gibt noch ein paar Fragen, die wohl erst die Vollversion vernünftig beantworten kann. Zum Einen wirken die Fahrzeuge etwas aufgesetzt, ganz wie in Mass Effect. Dank unendlicher Munition und dem extremen Schaden macht es mehr Sinn, einen Trupp Gegner aus dem bequemen Inneren eurer Blechschüssel auszulöschen als euch ungeschützt und zu Fuß in die Höhle des Löwen zu wagen. Strategisch gut platzierte Straßensperren verhindern zwar das Schlimmste, trotzdem wirkt der Raketenbuggy momentan noch zu übermächtig. Außerdem gibt es noch ein paar Quest-Bugs, die hoffentlich noch ausgemerzt werden.
Und auch die Geschichte gewinnt erst zum Ende der Vorschau-Version etwas an Profil. Zu Beginn wirken Charakter und Aufgaben nur wie Staffage, die Spielwelt und speziell die erste Siedlung zu leer. Ein Grund: Ohne Introsequenz geht momentan etwas die Orientierung verloren. Dennoch freue ich mich auf den Oktober. Schon jetzt ist Borderlands ein heißer Anwärter auf mein ganz persönliches Spiel des Jahres. Gearbox könnte damit endlich die Emanzipation gelingen. Shooter, Rollenspiel und Koop. Ein Traum geht in Erfüllung. Ich hoffe, dass es die Käufer ähnlich sehen.
Borderlands erscheint am 23. Oktober für Xbox 360 und PS3. Die PC-Fassung erscheint eine Woche später am 30. Oktober. Neue Bilder zum Spiel seht ihr in der Screenshot-Galerie zu Borderlands.