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Broken Age: Akt 1 - Test

Irgendwie vertraut und doch frisch verliebt.

Viel Gewese war es für ein am Ende drei Stunden langes Adventure. Aber wer diese so bezaubernd füllt, darf sich auf die Schulter klopfen.

Broken Age ist die Revolution des Adventure-Genres! Okay, nein, nicht wirklich. Aber sofern ihr euch das vielleicht von Double Fines Kickstarter-Phänomen erhofft habt, dürftet ihr wohl eher enttäuscht sein. Was euch jedoch nicht enttäuschen wird ist das, was nun am Ende dabei herausgekommen ist - oder zumindest beim ersten Akt, denn mehr gibt es ja momentan noch nicht.

Obwohl die Entwicklungen vom Juli 2013 hinsichtlich der Aufsplittung des Titels in zwei Teile sicherlich für die eine oder andere Sorgenfalte sorgten - zugegebenermaßen auch bei mir - , so waren diese Bedenken im Nachhinein doch eher unbegründet.

Zwei Welten

Broken Age setzt die beiden Hauptcharaktere Vella und Shay in den Mittelpunkt des Geschehens, die sich an gänzlich unterschiedlichen Orten befinden und zumindest auf den ersten Blick so ziemlich nichts miteinander zu tun haben. An dieser Stelle kann ich euch auch gleich einmal beruhigen. Ihr werdet hier natürlich keine großen Spoiler lesen. Nur so viel: Habt ihr den ersten Akt von Broken Age gespielt, werdet ihr auch verstehen, warum Double Fine Angst davor hatte, dass vor dem offiziellen Release zu viele Infos ans Tageslicht gelangen. Broken Age spielt ihr daher wirklich am besten, ohne vorher irgendetwas darüber zu wissen.

So sieht wahre Begeisterung aus.

Jedenfalls ist Vella ein Mädchen, das auserwählt wurde, um sich für ihr Dorf zu opfern, damit es im Gegenzug von einem großen Monster verschont wird. Das hat auf dem Planeten mittlerweile Tradition und wird regelrecht zelebriert. Allerdings hat Vella etwas dagegen einzuwenden und will nicht mitspielen. Der junge Shay (vertont von Elijah Wood) hingegen befindet sich auf einem Raumschiff und lebt sein Leben vor sich hin, während er vom Schiffscomputer - gesprochen von Jennifer Hale - bemuttert wird, und das zuweilen auf eine eher gruselige Art und Weise. Dass er irgendwann die Nase voll davon hat, versteht sich von selbst.

Beide Charaktere sind also unzufrieden mit sich und ihrer Situation, suchen nach Veränderung und wollen sich von ihren Eltern beziehungsweise Beschützern lösen, aus der Routine und den Rollen, die man offensichtlich für sie ausgewählt hat, ausbrechen. Und sie tun quasi alles dafür, um dieses Ziel auch zu erreichen. Ihr könnt dabei jederzeit zwischen ihnen hin- und herspringen. Es ist egal, ob ihr zuerst den einen Handlungsstrang komplett absolviert und erst dann den anderen oder ob ihr alle 30 Minuten wechselt, weil ihr es könnt oder wollt.

Klassisch und vertraut

Alleine schon der standardmäßige Cursor erinnert an die gute, alte LucasArts-Adventure-Zeit und effektiv unterscheidet sich Broken Age auch spielerisch nicht allzu sehr davon. Ihr plaudert mit Charakteren, wählt dabei aus verschiedenen Dialogoptionen aus, um mehr über sie oder andere Themen zu erfahren oder ein Rätsel zu lösen. Davon abgesehen sammelt ihr Items, untersucht sie, kombiniert sie miteinander, mit der Umgebung oder mit euch selbst. Die Krönung wäre gewesen, wenn es noch die klassischen Verben-Kommandos á la Monkey Island geben würde, aber man kann ja nicht alles haben.

"Broken Age ist keine Revolution des Genres. Das muss es aber auch nicht sein, denn so wie es ist, funktioniert es perfekt."

Auf jeden Fall eine meiner Lieblingsfiguren.

Wie gesagt, Broken Age ist keine Revolution des Genres. Das muss es aber auch nicht sein, denn so wie es ist, funktioniert es perfekt. Auch wenn euch der Nutzen eines Gegenstandes vielleicht nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich ist, wenn ihr ihn aufnehmt, geht euch doch irgendwann ein Lichtlein auf. Und manchmal ist es hilfreich, ein wenig herumzuprobieren, wenn ihr nicht sofort auf den Gedanken kommt, dieses mit jenem zu kombinieren. Alles in allem hält sich der Schwierigkeitsgrad der Rätsel aber in Grenzen. Hinter jeder Aufgabe steckt eine logische Lösung, auf gut Glück müsst ihr hier nichts versuchen.

Darüber hinaus lohnt es sich immer wieder, einen genauen Blick auf die Umgebung und euer Inventar zu werfen. Zwar hätten es gerne noch etwas mehr interaktive Elemente in der Spielwelt sein dürfen, aber alleine schon der Versuch, bestimmte Items mit anderen Objekten oder Figuren zu kombinieren - auch wenn sie nicht passen -, wird jedes Mal mit einem einzigartigen Kommentar belohnt.

Charmant bis zuletzt

Spielerisch bietet Broken Age also Point-and-click-Standardkost und somit ein solides Grundgerüst. Aber es gibt ja noch so viel mehr Dinge, die ein wirklich gutes Adventure ausmachen. Grundsätzlich sei gesagt, dass Broken Age schon eine eher ernsthaftere Geschichte erzählt, was aber nicht bedeutet, dass der Humor zu kurz kommt. Und in Double Fines neuem Werk hat selbst ein sprechender Baum, der so ziemlich alle Menschen aufgrund seiner Erfahrungen mit einem Holzfäller für Axt-schwingende Mörder hält, mehr Persönlichkeit als viele Charaktere in anderen Spielen.

"Broken Age versprüht von der ersten Sekunde an dank seiner von Hand gezeichneten Hintergründe einen ganz eigenen Charme."

Jennifer Hale spricht die bemutternde KI.

In Sachen Humor und Design driftet Broken Age immer wieder ins Absurde ab, ohne dabei jedoch lächerlich zu wirken. Also ganz so, wie man es von Tim Schafers früheren Adventures kennt. Besonders gelungen ist Double Fine die visuelle Darstellung. Broken Age versprüht von der ersten Sekunde an dank seiner von Hand gezeichneten Hintergründe einen ganz eigenen Charme. Aber das gilt für so ziemlich alles andere auch, ob das nun Charaktere oder Objekte sind. Das Spiel strotzt nun nicht vor Details, die bis zum letzten, fein säuberlich dargestellten Sandkorn reichen, aber es wirkt in sich stimmig, fast wie an animiertes Kinderbuch. Hinzu kommt die wunderbare Vertonung - sowohl Sprache als auch Orchester-Musik - dieses Abenteuers mit einer Mischung aus bekannten und eher unbekannten Stimmen, darunter die bereits erwähnten Elijah Wood und Jennifer Hale, aber auch Jack Black, Wil Wheaton und Masasa Moyo als Vella. Ihr habt das Gefühl, das hier wirklich jedes noch so kleine Zahnrädchen perfekt sitzt.

Ein kleiner Wermutstropfen ist da nur die Spielzeit des ersten Aktes von Broken Age. Das hängt sicherlich auch ein wenig davon ab, wie viel Zeit man für die Lösung der Rätsel benötigt, aber ich selbst war so ziemlich genau nach drei Stunden durch. Aber wie heißt es so schön: In der Kürze liegt die Würze. Und in diesen drei Stunden - oder eben mehr - wird man bestens unterhalten.

Ob Broken Age das geworden ist, was man sich erhofft hat, muss am Ende jeder mit sich selbst ausmachen. Ich als Unterstützer des Projekts wurde jedenfalls nicht enttäuscht, mein Geld wurde offensichtlich gut investiert. Double Fine hat einen bezaubernden ersten Akt abgeliefert, dem die Balance zwischen ernsthafter Geschichte, Humor und Absurditäten perfekt gelingt. Noch dazu würde ich nach dem Ende des ersten Aktes am liebsten sofort weiterspielen. Und wenn ein Spiel dieses Begehren weckt, ist das schon mal kein schlechtes Signal. Sofern der Schlussakt dann noch etwas länger wird als Teil 1, wäre ich wirklich vollends zufrieden.

8 / 10

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Benjamin Jakobs Avatar
Benjamin Jakobs ist Leitender Redakteur, seit 2006 bei Eurogamer.de und schreibt News, Reviews, Meinungen, Artikel und Tipps.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

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Broken Age

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