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Brütal Legend

Musik- und Schlachtfest in Absurdistan

Witzig: In der eigenen Basis könnt ihr euch je nach Ausbaustufe unter anderem ans Mischpult stellen, die Lautstärke erhöhen und die dadurch entstehenden Schallwellen als Abwehrmaßnahme gegen Feinde nutzen. Oder die Belagerer mit Trockeneis bombardieren. Alternativ zeigt Tim Schafer, wie sich Eddie hinter einen Scheinwerfer klemmt und ihn als Geschützturm missbraucht.

Der Kult-Spielemacher und sein Kollege zeigen an diesem Tag ein Eins-gegen-eins-Duell. Es soll aber möglich sein, dass sich bis zu acht Teilnehmer in zwei Teams virtuell die Köpfe einschlagen. Auch bei mehr als zwei Spielern bekommt jeder seinen eigenen Action-Avatar und die Ressourcen werden aufgeteilt.

Neben Eddies Eisenköpfen warten als wählbare Fraktionen die „Drowning Doom“ um Rockerbraut Ophelia und die „Tainted Coil“ des bereits eingangs erwähnten Dämonenkriegers Doviculus. Jede Partei hat bestimmte Kernfähigkeiten. So setzen etwa die Ironheads vorwiegend auf Feuer, während die Tainted Coil das Wetter beeinflussen.

Einheiten zu beschwören, scheint einfach von der Hand zu gehen. Tim Schafer öffnet per Knopfdruck ein kreisförmiges Menü, in dem pro Kriegsfraktion rund zehn Truppentypen angezeigt werden – von rechts nach links im Uhrzeigersinn die ressourcensparenden beziehungsweise mächtigeren Kampfgenossen. Der Mann am Gamepad wählt einen KI-Kumpel aus und schon wächst vor seinem kleinen Eddie binnen Sekunden ein sogenannter „Thunderhog“ aus dem Boden. Dabei handelt es sich um ein Unterstützungs-Fahrzeug, das in der nähe befindliche Infanterieeinheiten heilt; einen Priester auf Rädern, um es massentauglich und Online-Rollenspiel-gemäß auszudrücken.

Seine Einheiten rottet man mit einer Gitarreneinlage à la Guitar Hero zusammen.

Wie eingangs angedeutet, lebt der Mehrspielermodus von Brütal Legend hauptsächlich von den skurrilen Einheiten. Deshalb schoss mir auch sofort durch den Kopf, dass dieses Spiel einfach nur krank, krank, krank und krank ist. Und krank. Und natürlich krank. Kampfnonnen, Typen mit im Bauch wachsenden Killerratten und Kinderwagen, in denen bissige Babys hausen, gehören da fast noch zum Standardprogramm.

Aufseiten von Doviculus hat mich ein Dingensbumsenskirchen besonders beeindruckt, das sich – und da haben wir's wieder – äußert schwierig beschreiben lässt. Man stelle sich zwei mindestens fünf Meter lange Storchenbeine vor, zwischen denen ein Folterkäfig baumelt. Neee, es gibt weder einen Rumpf, noch einen Kopf dazu, es handelt sich tatsächlich nur um zwei Gliedmaßen. Was sich auch auch immer in dem Käfig dazwischen befindet, es blutet wie ein Schwein. Und zwar so sehr aus jeder Pore, dass man es nicht erkennen kann. Fest steht nur, dass die hektorliterweise herausseuchende rote Suppe Feinde verätzt. Nein, ich möchte wirklich nicht wissen, was Herr Schafer und seine Kollegen in ihrer Freizeit für Pilze rauchen.

Ähnlich augenbrauenhebend wirkt ein fetter Sklave, der auf allen Vieren übers Schlachtfeld schwabbelt. Noch so ein Sado-Maso-Heinz! Im Rücken stecken mehrere Speere, sodass eine Hobby-Akupunktur beim Metzger um die Ecke dagegen Erholung pur verspricht. Natürlich kann Herr und Gebieter Doviculus auf dem Speckgebirge reiten. Er rupft sogar die Spieße aus dem Kreuz, um diese auf Feinde zu schleudern. Womit wir bei der sogenannten „Double Team“-Funktion wären.

Doviculus ist einer der im Multiplayer-Modus spielbaren Avatare.

Nahezu jede Einheit hat im Zusammenspiel mit ihrem Feldherrn eine besondere Fähigkeit. Die headbangenden Rocker von Eddie etwa formen auf Wunsch um ihn herum einen Moshpit. Mit der Thematik nicht vertrauten Lesern sei erläutert, dass es sich dabei um einen aus tanzenden/zuckenden Menschenleibern gebildeten Kreis handelt, der normalerweise vor Konzertbühnen entsteht. Im Fall von Brütal Legend schützt dieser Ring den Helden. Und noch ein zweites Beispiel: Ophelias „Grave Digger“ schaufeln Gräber, in die ihre Meisterin springen, sich anschließend unterirdisch fortbewegen und mit einer gewaltigen Explosion zwischen Feinden wieder auftauchen kann. Rock 'n' Roll, Baby!

Wer mich kennt, der weiß, dass ich Strategiespiele ähnlich sexy finde wie Frau Merkel. Das wird im Fall von Brütal Legend kaum anders sein. Herrn Schafer bei seinem absurden Treiben zuzuschauen, hat aber außergewöhnlich viel Spaß gemacht. Deshalb glaube ich, dass der Mehrspielermodus seines neuen Babys viele Freunde findet. Besonders in geschlossenen Nervenheilanstalten. Natürlich hängt viel davon ab, wie die Balance der Kriegsparteien und Einheiten ausfällt. Das lässt sich derzeit nicht abschätzen, ich wiederhole mich aber gern: Wenn jemand virtuelle, comicartige Charaktere erschaffen kann, die so bizarr und einzigartig wirken, dass sie sich kaum mit Worten beschreiben lassen, hat er schon mal ganz viel richtig gemacht.

Brütal Legend soll am 15. Oktober für Xbox360 und PlayStation 3 erscheinen – komplett auf Deutsch und ungeschnitten.

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