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Burnout Dominator

Licht am Ende des Tunnelblicks

220 Sachen auf dem Tacho, 400 PS auf der Straße und alle vier Schlappen im Gegenverkehr. Mit zusammengekniffenen Augen und fest umklammertem Joypad fliege ich in einem übermotorisierten Concept Car förmlich über den Mittelstreifen der zweispurigen Gegenfahrbahn und bekomme langsam Probleme mit der Sauerstoffzufuhr. Mit flacher Atmung scanne ich den gleißenden Horizont nach Hindernissen und schlittere durch den bestimmt ziemlich verstörten Gegenverkehr auf eine Kreuzung zu. Dann passiert es: Die Augen werden trocken, die Sicht verschwimmt. Kurz geblinzelt… und schon verschluckt die Wucht der Kollision mit einem gewaltigen Happs die eben noch Ohren betäubende Rockmusik.

„Bei ‘Rot‘ stehen, bei ’Grün‘ gehen“ hatte mein Fahrlehrer Eckhardt immer gesagt!

Vor mittlerweile sechs Jahren ist dem britischen Studio Criterion Games ein ganz großer Wurf gelungen: Die Guildforder Speed-Freaks prägten mit Burnout das „Look and Feel“ moderner Rennspiele so tiefgreifend und nachhaltig, dass mittlerweile alle Racer genau so sein wollen: Extrem laut, verdammt flashy und möglichst schnell. Kein Wunder, dass nach dem absolut spitzenmäßigen zweiten Teil Electronic Arts höchstselbst mit einem Koffer voller Geld vor der Tür stand, um die Lads and Gals von Criterion zu einem Teil ihres florierenden Spiele-Imperiums zu machen – ich hätte genau das gleiche getan.

Den finanziellen Segen verprasste man in der englischen Steppe aber nicht gleich bei Wein und Weib (wo auch?), sondern schraubte weiter emsig am Konzept des giftigsten Arcade-Racers, der niemals eine Spielhalle von innen gesehen hatte. Ein PSP-Ableger sowie Teil 3 und 4 haben ihre Abnehmer schon millionenfach gefunden, während die Serie derzeit mit Burnout Dominator und Burnout 5 parallel in zwei verschiedene Richtungen weiter entwickelt wird. Teil 5 will die offen ausgelegte Zerstörungsorgie der Revenge-Episode (Teil 4) mit Next-Gen-Pferdestärken auf die Spitze treiben, während sich das mir vorliegende Dominator (für PS2 und PSP) auf die Wurzeln der Serie zurückbesinnen möchte. Doch wo liegen die eigentlich?

Die Fahrzeuge sind erneut der Phantasie der Designer entsprungen – kein Wunder wenn man sich vor Augen hält, was Criterion damit so anstellt.

Es ist einfach so, dass die Criterion Studios schon immer ein bemerkenswertes Gespür dafür hatten, Games mit schlechtem Benehmen zu machen. Burnout zum Beispiel brüllt einen an, verpestet die Wohnzimmerluft mit dem Gestank verbrannten Gummis und treibt seinem Piloten mit teuflischer Freude vor Schreck die Farbe aus dem Gesicht. Die Reihe bringt gerade wegen ihrer harten Gangart in erstaunlicher Regelmäßigkeit die Endorphine aller möglichen Spielergattungen in Wallung. Der Fokus der ersten drei Teile war allerdings ein anderer als der, den Alex Ward und Konsorten derzeit favorisieren. Anstatt wie heute Urheber möglichst vieler, verdammt drastischer Crashs zu sein, war es in der guten alten Zeit das höchste der Gefühle, bei gefährlichster Fahrweise so lange in einem Stück zu bleiben wie man konnte. Mit den typischen Zeitlupen-Unfällen als fiese Schreckgespenster, die den Fahrer – unheilige Flüche ausstoßend – aus dem Sessel hochfahren ließen. Genau dort will Criterions Abschiedsgeschenk an die Playstation 2 wieder hin. Und ich sage schon mal „Danke im Voraus!“.

Von „offener Spielstruktur“ will man in Dominator nichts wissen. Hier stellt man sich ganz klassisch im Rahmen einer Karriere in sieben Fahrzeugklassen je 13 Herausforderungen und Rennen rund um den Globus – stets auf der Jagd nach Goldmedaillen, Rekorden und neuen Flitzern. In verschiedenen Events müsst Ihr lange Drifts hinlegen, eine maximale Anzahl an Takedowns schaffen oder möglichst viele Burnouts erreichen. Natürlich lädt auch ein sechsköpfiges Fahrerfeld regelmäßig zum Tanz zu lizensierter Rock-, Metal- und Indiemusik. Da man im besten Fall aber sowieso immer hochgradig riskant und halsbrecherisch zu Werke geht, um die Boostreserven nicht versiegen zu lassen, ist keine große Umstellung zwischen den einzelnen Challenges von Nöten.

Flanieren in Koblenz oder noch eine Runde drehen? Ein „Drinnen-Kind“ wie ich muss da nicht lange nachdenken!

Besonders positiv sind mir die Gesetze des KI-Verkehrs aufgefallen: Anstatt wie in Burnout Revenge bei einer Kollision mit dem Wagen des Spielers wie ein angefahrener Bierkasten durch die Luft zu fliegen, stellen die NPC-Sonntagsfahrer wieder erschreckend solide Hindernisse dar. Endlich schlängelt Ihr Euch wieder hochkonzentriert durch dichte Feierabendkolonnen und müsst eine allzu dichte Tuchfühlung mit den nichtsahnenden KI-Knallchargen vermeiden. Hat Euch Euer Augenmaß dann doch einmal getrübt, lenkt Ihr Euer funkenstiebendes Wrack per „Aftertouch“-Kontrolle vor den Kühler Eurer Verfolger. Getroffene Gegner belohnt die Rennleitung mit einem prall gefüllten Boost, sobald Ihr Euch auf der Strecke wiederfindet. Neu im Programm ist der Crashbreaker, der per Druck auf R2 den Tank Eures PS-Schleuder in einen flächendeckenden Feuerball verwandelt. Derart explosive Action könnte eventuell sogar den diesmal leider absenten Crash-Modus kompensieren – warten wir es ab!

Ganz bis in die Spitzen der Burnout-Wurzeln reicht der PS2-Dominator dann aber offensichtlich doch nicht zurück: Stattdessen präsentiert man uns hier gewissermaßen eine verbesserte Version des dritten Teils. Die Geschwindigkeit ist höher denn je und so überlasst Ihr erneut notgedrungen einen Teil der Lenkarbeit der (meist) gnädigen Streckenbegrenzung. PS2-Besitzer, die sich keinen zweiten „zweiten Teil“ erhoffen, erwartet aber trotzdem eine Überdosis Adrenalin.

Doch auch ohne vollkommen aus dem Schatten meines persönlichen Lieblings-Burnouts herauszutreten, zeichnet sich mit Dominator ein würdiger Serienvertreter ab, der selbst ohne Online- und Crash-Modus Rasanz, fahrerischen Anspruch und Drastik insgesamt stimmiger vereint als die letzte Episode.

Burnout Dominator erscheint am 22. März für Playstation 2 und PSP

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