Call of Duty: Black Ops 4 - Activision geht mit seinem Paradepferd All In
Ohne Kampagne, dafür mit Battle Royale. Geht das gut?
Sie haben es also tatsächlich gemacht. Was ich persönlich trotz anderslautender Gerüchte nicht für möglich gehalten habe, ist wahr geworden: Call of Duty: Black Ops 4 wird keinen Einzelspielermodus anbieten. Erstmals in der Geschichte von Call of Duty wird es keine Kampagne geben, und den Machern ist es nur einen Nebensatz wert - das ist schon bemerkenswert. Treyarchs Chef Mark Lamia sagt zwar ein bisschen verklausuliert "keine klassische Kampagne". Die paar Storyschnipsel im Mehrspielermodus sollten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Activision hier wohl ein womöglich großes, vermutlich aber eher ein kalkuliertes Risiko eingeht.
Denn bei dem Ankündigungs-Event in Los Angeles ging es zwar nicht nur extrem laut zu, wer zwischen den Zeilen las und sich mit den Entwicklern unterhielt, merkte gleich, dass die Entscheidung dazu wohl relativ kurzfristig gefallen sein musste - etwa vor einem Jahr. Bei etwa drei Jahren Entwicklungszeit kann man das schon als fast überhasteten Umschwung bezeichnen. Ein Umdenken, das dazu führt, das es jetzt keine bombastische Kampagne mehr geben wird. Sondern einen Battle-Royale-Modus namens Blackout.
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Ausgerechnet zu dem wollten Treyarch und Activision aber gar nicht so viel sagen und spielen durfte ich ihn leider auch noch nicht. Aber es ist unverkennbar, dass man unbedingt die aktuelle Entwicklung auf dem Markt - siehe Fortnite und PUBG - sofort mitnehmen wollte und dafür den Einzelspielermodus opferte oder opfern musste. Es ist gut möglich, dass bei dieser kurzfristigen Entscheidung für einen Battle-Royale-Modus unterm Strich die Ressourcen für einen Singleplayer-Abschnitt nicht ausgereicht hätten. Kein untypischer Vorgang in der Spieleindustrie, wo immer mal Features der Zeit oder dem Geld zum Opfer fallen. Ob die Kampagne tatsächlich so unbeliebt und wenig gespielt wird, wie Konsolen-Trophäen und Achievements der letzten CoDs zumindest stichprobenartig vermuten lassen, hat Treyarch nicht beantwortet. Die Indizien legen es jedoch nahe und das dürfte den Cut der Kampagne zumindest intern leichter gemacht haben.
Wie der Battle-Royale-Modus am Ende aussehen wird, bleibt eine spannende Frage. Klar ist, dass Activision verspricht, dass er mit einer 1.500 Mal so großen Karte daherkommt wie Nuketown. eine der kleineren CoD-Maps, aber immerhin. Wie viele Spieler werden sich dort austoben? Wird das Spielareal auch bei Blackout immer kleiner? Diese und andere Fragen lässt Treyarch noch überwiegend unbeantwortet. Für meinen Geschmack gab es angesichts der Wichtigkeit dieser Nachricht für Call of Duty deutlich zu wenig Infos. Andererseits ist es gut möglich, so wird es im Gespräch mit den Entwicklern deutlich, dass Treyarch selbst oft noch keine finalen Antworten darauf zu haben scheint. So viel ist aber schon sicher: Ungewöhnlich für CoD-Multiplayer-Gefechte wird sein, dass Spieler nicht nur mit der Wumme im Anschlag über die Map hetzen, sondern auch auf Vehikel (See, Luft, Wasser) zurückgreifen dürfen. Und das könnte angesichts des Spielmodus ziemlich spannend werden.
Beim Rest vom Fest hatte ich ein wenig das Gefühl, dass angedickt werden sollte. Sprich: Es wurde viel Trara um Inhalte gemacht, die die Informationslücke bei Blackout füllen sollten. So stellte man gleich drei neue Zombie-Abenteuer vor, die von Beginn an spielbar sein werden. Am spannendsten für mich dabei sicherlich "IX". Das Coole: Die Helden gehen nicht mit Schießeisen auf die Hirnfresser los, vielmehr werden sie in eine mystische Fantasywelt verfrachtet, die irgendwie an das antike Rom erinnert. Und schnetzeln sich dort in einer Art Gladiatoren-Arena mit Schwertern, Knüppeln und Nahkampfattacken sowie einem Schild durch die Zombiehorden. Wenn es in der Halle nicht so ohrenbetäubend laut gewesen wäre, wäre meine Vorfreude darauf wohl noch etwas größer gewesen - so habe ich mit blutenden Ohren noch die beiden anderen Zombie-Modi (Voyage of Despair und Blood of the Dead) gedanklich abgehakt - so richtig vom Hocker gehauen haben die mich jetzt auf den ersten Blick nicht. Das klingt eher nach "more of the same".
Und dann gibt's natürlich noch den herkömmlichen Mehrspielermodus. Hier knüpft Treyarch spielerisch ganz klar an Black Ops 3 an - minus Wallruns und Jetpack. Inhaltlich liegt das Spiel zwischen Teil zwei und drei, so die Entwickler. Der klassische Mehrspielermodus war das einzige Spielelement, das ich in LA tatsächlich ausprobieren durfte. Den großen spielerischen Unterschied zu BO3 habe ich allerdings nur im Detail ausmachen können. Es spielt sich vielleicht ein wenig träger und langsamer, basiert aber wieder auf dem Pick-10-System und nutzt Spezialisten als Klassen-Spezialisierung. Da gibt es bekannte Gesichter und ein paar Neulinge zu bestaunen. Waffen-Erweiterungen, Skills und Killstreak-Belohnungen erscheinen aber überwiegend übernommen worden zu sein.
Die wohl wichtigste spielerische Änderung: Figuren heilen nicht mehr automatisch, das muss man jetzt per Knopfdruck selbst erledigen. Damit will Treyarch eine taktische Note ins Spiel bringen: Heilt man sich jetzt hinter der Tonne hockend oder geht man weiter aggressiv vor? Im direkten 1vs1 habe ich noch keinen großen Unterschied zu früheren Zeiten ausmachen können, da gewinnt meist immer noch derjenige, der als erstes draufhält. Gefühlt sterbe ich nicht weniger schnell den Bildschirmtod, als in anderen CoDs.
Ein wenig anders sieht das aus, wenn die Scharmützel zu Stellungskriegen ausarten und man den Heilimpuls etwas sicherer nutzen kann als bei direkten Konfrontationen. Mit etwas mehr Gewöhnung denke ich aber, dass das neue Heilsystem das wichtigste neue Feature des Mehrspielermodus werden könnte, zumal einer der neuen Spezialisten - Trommelwirbel - ein Heiler ist. Zwar hätte ich mir von "Crash" ein wenig mehr versprochen, weil er seine Spezialfertigkeit, das Heilen von Teamkameraden, nur alle Jubeljahre einsetzen kann und dann eine gehörige Downtime einsetzt, die auch über den Respawn hinaus von Bestand ist. Aber auch hier ist nicht auszuschließen, dass er sich noch als nützlicher erweist, als es sich aktuell absehen lässt.
Darüber hinaus soll Black Ops 4 einen noch flüssigeren Gebrauch der Schusswaffen in der Bewegung erlauben - ganz ehrlich: In der guten Stunde, die ich gespielt habe, ließ sich das nicht wirklich nachvollziehen. Das ist aber wohl auch eher ein Feature, von dem Profi-Spieler profitieren und weniger Otto-Normal-Gamer wie ich. Versteht mich nicht falsch: Das spielt sich alles flüssig und versprüht definitiv den bekannten Call-of-Duty-Stallgeruch - zumindest bislang ist da aber auch noch nichts Umwerfendes dabei.
Call of Duty habe ich seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr am PC gespielt - ob sich das wegen Blackout ändern wird? Schon möglich! Gefühlt spielt niemand, den ich kenne, CoD am PC und die Steam-Zahlen waren zuletzt auch nicht wirklich berauschend. Vielleicht pumpt Activision deshalb nach eigenen Angaben massig Ressourcen in die PC-Fassung von Black Ops 4, das erstmals exklusiv via Battle.net veröffentlicht wird. Vielleicht hilft es dieser von Beenox kommenden Fassung auch auf die Sprünge, dass sie nicht nur 4K und HDR unterstützt, sondern auch extrem anpassbar ist und keine FPS-Begrenzung besitzt. Alles sehr gute Argumente, diese Version mal anzutesten und ihr eine Chance zu geben - zumindest Blackout könnte bei einer größeren Spielerzahl von mehr Power eines PCs im Vergleich zur Konsolenversion deutlich profitieren.
Ich bin mir ehrlich gesagt noch nicht so sicher, ob ich Treyarch für ihren Mut loben soll, oder ob ich das Gefühl habe, dass sie ein vielleicht zu hohes Risiko eingehen. Die ersten Reaktionen in meiner Social-Media-Blase sprechen für Letzteres: Viele bejammern das Aus für den Einzelspielermodus. Andererseits kann ich mir einfach nicht vorstellen, dass Activision bei diesem Milliardengeschäft, das CoD nun mal ist, blind ins Verderben rennt. Es wird Zahlen geben, die darauf hindeuten oder gar belegen, dass der Einzelspielermodus ausgedient hat und deshalb das Heil im Battle-Royale-Modus gesucht wird. Um diesen herum wird genug klassischer Content gestrickt, dass es noch als Call of Duty durchgeht. Ob die Shooter-Fans diesen Paradigmenwechsel mitmachen, steht dabei auf einem ganz anderen Blatt.