Call of Duty Black Ops 4: "Wir sind nicht hier, um etwas zu kopieren oder zu klauen!"
Im Gespräch mit Game Designer Matt Scronce und Senior Multiplayer Producer Yale Miller.
Treyarch hat anlässlich der Weltpremiere von Call of Duty: Black Ops 4 die Bombe platzen lassen: Das Spiel wird komplett ohne Einzelspielerkampagne auskommen. Dafür setzt der US-Entwickler auf den Battle-Royale-Spielmodus namens Blackout. Aber warum eigentlich? Folgt man hier einfach nur einem aktuellen Trend und seit wann war das geplant?
Dass Fortnite und PUBG derzeit zweifelsohne das Maß der Dinge sind, muss man wohl nicht näher erläutern - die massiven Spielerzahlen sprechen für sich. Daher scheint es für Beobachter offensichtlich, dass die die Black-Ops-Entwickler zumindest einen starken Seitenblick auf die Konkurrenz geworfen haben, der sie beim Spieldesign für den Blackout-Modus inspiriert hat, womöglich aber auch maßgeblich war für die Entscheidung, diesen Schritt überhaupt zu gehen.
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"Das ist ein Spiel ... und das ist noch ein Spiel", sagen die beiden Treyarch-Entwickler lachend, als ich ihnen zu Beginn des Interviews Bilder von Fortnite und PUBG zeige, um zu sehen, wie sie darauf reagieren. Sie bleiben cool und leiten gleich auf ihr eigenes Spiel weiter, können sich aber einen kleinen Seitenhieb nicht verkneifen: "Das ist nicht Black Ops", sagt Matt. "Sie können nicht das aufbieten, was ein Black-Ops-Battle-Royale kann". Sie verweisen darauf, dass Blackout auf die Handlung von Black Ops 1 bis 3 zurückgreifen könne, mit all den bekannten Charakteren und dem etablierten Gunplay.
"Wir haben natürlich die anderen Spiele auch gezockt", fährt Matt fort, "und wir mögen sie auch". Aber man hätte gar nicht erst darüber nachgedacht, derartiges auch in Black Ops zu integrieren, wenn man nicht der Meinung gewesen wäre, etwas eigenes daraus machen zu können. Es sei auch wichtig gewesen, ergänzt Yale, das spezielle Black-Ops-Feeling mit dem besonderen Art-Design der Reihe genau zu treffen. Man trage den Gedanke schon seit einiger Zeit mit sich herum und habe überlegt, wie es sich technisch umsetzen lasse. Man habe im letzten Jahr mit verschiedenen Ideen herumgespielt, richtig herauskristallisiert habe sich Blackout aber erst Anfang 2018. "Erst Anfang des Jahres haben wir das Ganze technisch und inhaltlich festgeklopft", erklärt Matt.
So lange liegt die Entscheidung, der Schritt zu einem Battle-Royale-Modus, also gar nicht zurück - maximal ein Jahr, so berichten zumindest die Treyarch-Mitarbeiter. Das ist bei der Spiele-Entwicklung ein relativ kurzer Zeitraum. Da liegt die Vermutung nahe, dass zu diesem Zeitpunkt vielleicht doch noch an einer Einzelspieler-Kampagne gearbeitet wurde. Ein Gerücht, das Yale und Matt dementieren. "Wir hatten zu keinem Zeitpunkt eine traditionelle Kampagne in Arbeit", verneinen sie die Frage, bestätigen aber gleichzeitig, dass man an einer Art Koop-Erfahrung gearbeitet hat. Letztlich sei man aber zu dem Schluss gekommen, dass es nicht dem eigenen Qualitätsanspruch genügte. Um was genau es sich bei diesem Teil-Projekt gehandelt hatte, will Yale nicht verraten. Er sagt nur sehr vage, dass es eine sehr soziale Erfahrung hätte sein sollen. Etwas, das auf alle Elemente von Black Ops 4 zutreffe, betont er.
Als es um konkrete Details zu Blackout geht, werden die zwei Sprecher jedoch schmallippig - weder zur Anzahl der Spieler noch über einzelne Spielelemente gibt es konkrete Informationen. So bleibt Matt etwa mit der Aussage sehr diffus, man könne bei Blackout mit der Spielerzahl "sehr hoch gehen, auf 99 oder mehr". Fasst man alle Erkenntnisse dazu zusammen, darf man wohl davon ausgehen dass es mehr Spieler in einem Match geben wird, als es bislang in CoD üblich war.
Ob es jetzt 20 werden oder 100 - Treyarch wird sich zweifelsohne dem Vorwurf ausgesetzt sehen, nur abgekupfert zu haben. Ich habe bereits Hashtags à la #blackops4nite gesehen, die diesen Kritikpunkt aufgreifen. Damit konfrontiert, versuchen Miller und Scronce lachend und locker damit umzugehen, wiederholen aber nur, dass sie "dieses Rennen" nicht eingegangen wären, wenn sie nicht von der Qualität ihres eigenen Ansatzes überzeugt gewesen wären. "Wir sind nicht hier, um zu kopieren oder etwas zu klauen", sagt Matt lakonisch. "Wir sind hier, um einen Black-Ops-Battle-Royale-Modus rauszubringen."
So richtig überzeugend ist das Ganze natürlich ohne Gameplay-Belege oder detaillierte Infos nicht. Aber welchen Grund hat Treyarch wirklich gehabt, auf eine Kampagne zu verzichten? Der Elefant im Raum und die Frage nach dem "Warum?" Schaut man sich die verfügbaren Zahlen (Trophäen, Achievements, Steam) an, haben zuletzt höchstens 20 bis 40 Prozent der Spieler die Kampagne überhaupt gezockt und noch weniger durchgespielt. Tendenz fallend. Waren die sinkenden Spielerzahlen also maßgeblich für diese Entscheidung, gibt es schlicht zu wenig Interesse an einer Kampagne? Diese Frage will Treyarch nicht direkt beantworten. Es sei eine Entscheidung gewesen, Inhalte zu erschaffen, die länger unterhalten und sozialer sind als ein linearer Einzelspielermodus, sagt Matt. "Treyarch hat keine Angst, neue Dinge auszuprobieren", sekundiert Yale. Trotzdem haben wir uns mit der Entscheidung nicht leicht getan - es kann beängstigend sein, darüber nachzudenken."
Es wäre vielleicht sogar eine leichtere Entscheidung gewesen, wenn Black Ops eine vollkommen eigenständige Serie darstellte - sie gehört aber zu Call of Duty. Und der aktuelle Paradigmenwechsel muss sich eigentlich, ob man will oder nicht, auch auf die kommenden Games der beiden anderen CoD-Studios Infinity Ward und Sledgehammer auswirken. Es ist aktuell kaum vorstellbar, dass es nächstes Jahr ein Call of Duty ohne Battle-Royale-Modus gibt - erst recht nicht, wenn sich Blackout als neuer Fan-Liebling erweist. Wie soll es also in Zukunft weitergehen? "Ich weiß nicht genau, wie die anderen Studios damit umgehen werden", sagt Matt. "Black Ops gehört zu uns, daran werden sie nicht direkt anknüpfen können. Aber ich habe das Gefühl, dass es in Zukunft auch wieder traditionelle Erzählungen in Call of Duty geben wird."
Gut möglich, dass wir also in Zukunft von anderen Studios wieder Einzelspieler-Kampagnen in Call of Duty erleben werden. Battle Royale ist aber derzeit ganz offensichtlich das Maß der Dinge - mal sehen, was DICE und Electronic Arts demnächst aus dem Köcher zaubern. Das nächste Battlefield wird nächste Woche vorgestellt...