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Call of Duty Black Ops 6 – Test: Neue Frische dank Omnimovement und einer starken Kampagne

Der Story-Modus schreit trotzdem danach, sich vom Multiplayer zu lösen

Die Coca-Cola unter den Shootern unterhält bestens mit spritziger neuer Bewegung, starken Maps im Multiplayer und einer durchgeknallten, aber spaßigen Kampagne.

Nach zwei ausgedehnten Abenden beziehungsweise insgesamt irgendwas zwischen sechs und acht Stunden war sie rum, die Kampagne von Call of Duty: Black Ops 6. Unterm Strich hat sie mir durchaus Spaß gemacht. Ich würde sie als eine der Gehaltvolleren der letzten Jahre bezeichnen. Das fühlte sich nach mehr Spiel an, als es vermutlich war und das ist auch ein Verdienst, irgendwo.

Der Story-Modus des neuen Black Ops vereinte im Grunde alles, was Call of Duty und diese Unter-Serie insbesondere ausmacht – im Guten wie im Schlechten. Hier ist alles dabei, was man an Call of Duty liebt, hinnimmt oder hasst – meist alles auf einmal. Wir haben hier ein schön globetrottendes Spionage-Feeling, himmelschreiend coole Badass-Momente, bei denen man am liebsten beide Fäuste zum Jubel hochreißen möchte, müsste man nicht gerade schießen. Sogar die Story hält bis kurz vor Schluss das Interesse, obwohl man die Schlüssel-Twists schon von Weitem herangaloppieren sieht und sich der Plot zwischendurch reichlich Mühe gibt, die Spielenden abzuschütteln.

Ein paar Dinge, die ab der Mitte passieren, reiben sich kräftig an dem Spy-Thriller, der Black Ops 6 in erster Linie sein möchte. Allzu abgehobene Sequenzen gehen so weit ins Übernatürliche, dass man jeden Ernst abwirft, den die erste Hälfte der Geschichte mit Gastauftritten von Bill Clinton und einem Sturm auf einen Palast Saddam Husseins aufgebaut hat. Kurzum: Dabei kommt am Ende ganz schöner Quatsch mitsamt eines hirnrissigen Superbösewicht-Plans heraus, auch wenn das Spiel das für einige durchaus gelungene Horror-Momente einsetzt, deren Inklusion vermutlich einen Gewinn für den Spielgenuss darstellen.

Ermutigende neue Freiheiten zeigen, wie viel mehr hier drin wäre

Spielerisch ist die Substanz überschaubar, wenngleich Treyarch, Raven und Co. sich viel Mühe gegeben haben, das zu kaschieren. Zwischen vielen der Missionen kehrt ihr in euren Unterschlupf zurück, wo ihr gefundenes Bargeld – in Safes versteckt – in permanente Upgrades investiert. Dazwischen gefällt immer wieder vor allem der Variantenreichtum der Missionen. Im ersten Drittel gibt es einen gar nicht so kleinen Open-World-Einsatz, bei dem man die Reihenfolge der Ziele selbst festlegen kann und wo es einem freisteht, auch Nebenziele anzugehen. Das hat in seinen Grundlagen so gut funktioniert, dass ich mir gewünscht hätte, Treyarch hätte noch ein wenig mehr Arbeit investiert, um es noch mit etwas mehr Tiefe, KI-Routinen und Variablen auszustatten. Aber ein Highlight war es dennoch.

In einer anderen Mission ist man Undercover in einer feindlichen Anlage unterwegs, die es vor dem Angriff an drei Stellen zu sabotieren gilt. Hier besprechen die Beteiligten vor dem Start mehrere Ansatzpunkte und Lösungsmöglichkeiten, von denen ihr diejenigen wählt, die euch am coolsten vorkommen. Ebenso ein extrem cooler Level. Ein weiterer spielte in einem Casino, in dem das komplette Team in verteilten Rollen zum Einsatz kam, und auch der war sehr spannend inszeniert. Spielerisch ist das alles süßes Popcorn, aber der Unterhaltungswert war nicht von schlechten Eltern.

Call of Duty Black Ops 6 Bilder

Auch im Kleinen überlässt man euch erstaunlich häufig die Wahl zwischen leisem und lautem Vorgehen. Mancher Stealth-Abschnitt ist auch verpflichtend, aber immer gilt, dass selbst die atmosphärischste Stealth-Passage nur deshalb funktioniert, weil die Wachen nicht besonders an ihrem Job interessiert sind und ihr über magische Schalldämpfer verfügt. Ich habe trotzdem meist so gespielt, allein der Stimmung wegen. Natürlich kommt es auch regelmäßig zu unfassbar spektakulären Ansturmsequenzen in Angriff und Verteidigung gleichermaßen, in denen man zu dritt komplette Armeen ausradiert. Ein bisschen Tontaubenschschießen ist das dann häufig schon, wenn sich die mächtigen und sehr einfach zu bedienenden Waffen mal wieder anfühlen, als klickte man einfach in einem Editor einen Feind aus der Map.

Zwischendurch gibt es auch immer wieder Türknacker- und Hacking-Minispiele und während erstere mir nach Wordle-Spielregeln Spaß machten, sind letztere einfach ermüdend trivial und gegen Schluss vielleicht zu häufig eingesetzt. Auch das ist ein Anzeichen, dass die beteiligten Teams die meiste Arbeit in den Multiplayer investieren mussten. Mehr Substanz im Solo-Part eines Call of Duty war selten so zum Greifen nah wie hier. Vielleicht erleben wir das ja noch irgendwann mal?

Im Multiplayer gibt sich Black Ops 6 keine Blöße

Die Überschrift sagt eigentlich schon das meiste, was ihr wissen müsst. Insbesondere, wenn ihr den Titel jedes Jahr spielt, pustet Black Ops 6 ordentlich frische Luft durchs Haus, was zuallererst am Omnimovement liegt. Ich muss zwar zugeben, dass das Sprinten und Hechten in jede erdenkliche Himmelsrichtung nicht jeden Schusswechsel bereichert. Insbesondere das Max-Payne-artige Hinwerfen lohnte sich für mich eher selten, wenn aber, dann richtig. Aber alles in allem machen mir das hohe Tempo und der wilde Irrsinn, zu dem solche Aktionen regelmäßig führen, eine Menge Spaß. Auf dem Hosenboden schlitternd um die Ecke einen Haltepunkt zu schießen und dabei aus allen Rohren zu feuern, das bringt mich zuverlässig zum Grinsen. Ein schönes Tool für meinen CoD-Werkzeugkoffer und ein Gewinn fürs Spielgefühl allemal.

Der Content kann sich auch vom Fleck weg sehen lassen. Zwölf 6v6 Maps und vier im Mini-2v2-Format, die das Spiel im klaustrophobisch-chaotischen Konfrontationsmodus trotzdem mit zwölf Spielenden füllt, sind schon mal eine Ansage. Die Karten mag ich tatsächlich mit zwei Ausnahmen sogar sehr, fließen hier doch elegant beengte Räume und offene Gebiete ineinander über. Insbesondere im “neuen” Abschussbefehl-Modus, in dem man einen Spieler seines Teams am Leben halten muss, um zu punkten, kristallisierten sich je nach Ausrüstung, Wildcards und Killstreaks immer wieder dynamisch strategisch besser haltbare Punkte heraus und überhaupt dürfte das mein liebster Modus aktuell sein.

Call of Duty: Multiplayer-Bilder

Dazu kommt natürlich noch der Koop-Zombie-Modus, der dieses Jahr wieder rundenweise gespielt wird und sich dieses Mal um den Ausbruch aus einem miesesten Gefängnis seit Menschengedenken dreht. Ich habe das Gefühl, die Zombies sind immer noch so weit weg von dem, was ich von einem Call of Duty will, dass sie ich so gut wie gar nicht beurteilen kann. Insofern: Ob der diesjährige Untotenmodus gut ist, oder nicht – ich habe keine Ahnung. Leuten, die CoD-Zombies mögen, scheint er zu gefallen. Ist sicherlich kompetentes Geballer, wenn man die richtigen Leute an der Hand hat. Aber selbst mit denen würde ich lieber im Team in die Versus-Modi gehen, muss ich sagen.

Was noch? Ach ja, Matchmaking ist einmal mehr Skill-based, was einige Leute mehr auf die Palme bringen wird, als ich je verstehen werde. Aber meist sind das auch deutlich bessere Spieler als ich, die es nicht leiden können, wenn sie ihre eigene Medizin zu schmecken bekommen, habe ich das Gefühl. Dann wiederum, wenn man zu XDefiant drüberschaut, sieht man, dass es auch ohne geht, zumindest wenn es Casual sein soll. Ich bin da tatsächlich leidenschaftslos. Im Gunsmith geht das Ausstatten und Umrüsten von Waffen nach meiner Auffassung nun entschieden geschmeidiger und vor allem übersichtlicher von der Hand, wenn man nicht mehr so sehr Vor und Nachteile abwägen muss.

Alles in allem ist Call of Duty im Multiplayer nach wie vor einfach extrem kurzweilig und dank Omnimovement in diesem Jahr ein gutes Stück spektakulärer und dramatischer. Es ist die Coca-Cola unter den Multiplayer-Shootern und wird damit nie mein liebster Drink, aber es gibt auch wenige, die so zuverlässig genau das liefern, was man von ihnen will und erwartet. Das einzige, was mir nicht zusagt, am Multiplayer, sind einige der kosmetischen Anpassungen, die ich tatsächlich ziemlich albern finde. Eine Zombie-Version von Woods oder mit lila Blitzen versehene SMGs brauche ich nicht. Aber diese Sünden leisten sich andere MP-Titel auch.

Die Technik

Technisch gefiel mir das Spiel auf dem PC sehr gut. Gerade die Charaktergesichter, die man oft aus der Nähe zu sehen bekommt, waren überzeugend, und die Missionen haben immer wieder gestalterische oder architektonische Glanzpunkte gesetzt. Seltsam fand ich einige verpixelte Transparenzen über flirrender Luft oder bei einigen Rauch- oder Dunsteffekten. Verunstalten konnten sie die detaillierten Umgebungen und die hohe Dichte an Dingen, die auf dem Bildschirm zu jeder Zeit zugleich passierten, aber nicht.

Gleichzeitig gab es im Testzeitraum gerade Online ein paar Bugs: Schwarze Bildschirme, Abstürze oder Games, in die ich nicht richtig hineinladen konnte. Nichts Tragisches, aber wenn man bedenkt, dass das Spiel beim Start durch mehrere verschachtelte Startbildschirme muss und dabei anscheinend zwischen verschiedenen Clients wechselt (WARUM!?), alles andere als optimal.

Call of Duty Black Ops 6 – Fazit

Zeit für ein Fazit: Ich bin sicher, das meiste von der Kampagne habe ich in nicht allzu ferner Zukunft schon wieder vergessen. Das bedeutet nicht, dass ich nicht großen Spaß gehabt hätte und beim nächsten Mal nicht wieder mit dabei wäre. Unterm Strich bleibt der Story-Modus von Black Ops 6 eine prototypische Power-Fantasy und die Darreichungsform war selten so breit gefächert und der Effekt so potent wie in diesem Teil. Auch wenn der Plot und seine Inszenierung gegen Ende meine Geduld strapazierten, bin ich froh, mir die Zeit für die Kampagne genommen zu haben. Schon ein cooles Ding, auch wenn ich bisweilen wünschte, eine so talentierte Studio-Kombination wie Treyarch und Raven könnten mal mit einem Solo-Call-of-Duty so richtig in die Vollen gehen und die hier eingeführten Systeme noch weiter zur Reife führen!

Der Multiplayer auf der anderen Seite begeht als einziges Verbrechen, keinen herausragenden neuen Modus oder keine originellen Eigenheiten abseits des coolen Omnimovement mitzubringen. Davon abgesehen ist er aber ein randvolles Paket guter Unterhaltung, das mich mit solide ausgewählten Spielvarianten und vielen exzellenten Karten in Gänze zufriedenstellte.

Alles in allem ist Call of Duty Black Ops 6 Sowohl allein als auch online eines der stärkeren Spiele der langen, wechselwarmen Serienhistorie - und eines, das mich wohl noch tief in den Winter hinein begleiten wird.

Call of Duty Black Ops 6
PROCONTRA
  • Große Varianz im Aufbau und Fluss einzelner Missionen
  • Omnimovement ist eine Bereicherung
  • Butterweiche Bewegung und Gunplay
  • Verhältnismäßig viele Freiheiten in der Story…
  • ... die sich länger anfühlt, als es ist
  • Schöne Spektakelmomente
  • Sehr gut designte Maps
  • Abwechslung und Offenheit deuten an, wie viel besser ein Solo-CoD sein könnte
  • Nervig-verschachteltes Startmenü
  • Abseits von Abschussbefehl kein großer neuer Modus
  • Story gegen Schluss eher zum Augenrollen
  • Schusswechsel und Stealth in der Story mit wenig Anspruch

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