Call of Duty: Modern Warfare - Test (Teil 2, Multiplayer und Fazit)
Spaß im Zeltlager.
Dies ist der zweite Teil unseres Tests, in dem wir euch unsere eingehenderen Gedanken zum Multiplayer von Call of Duty: Modern Warfare schildern. Sucht ihr unser Fazit zur Kampagne, werdet ihr im ersten Teil unseres Call of Duty: Modern Warfare Tests fündig.
So viel ist klar: Auch das neue Call of Duty ist mal wieder ein gigantisches Paket, das viele, viele Stunden auf unterschiedlichste Arten unterhält. Die Wenigsten werden komplett und durchgängig mit ihm zufrieden sein, aber das ist hier auch nicht das Ziel. Es soll für jeden etwas dabei sein, nicht alles jedem gefallen. Sicher, einige Dinge kann und sollte man in den kommenden Wochen und Monaten verbessern. Aber unterm Strich muss ich sagen, der Ansatz einer bunten Tüte an Süßigkeiten geht auch diesmal wieder auf.
Das liegt daran, dass Modern Warfare abseits seiner inhaltlich nicht zu knapp polarisierenden Kampagne wunderbar skaliert - von kleinen, intimen "Gunfights" hin zu überschaubaren Free-for-Alls über eher zielgerichtete und an Rainbow Six erinnernde Search-and-Destroy-Matches ohne Respawns bis hoch zum 32-gegen-32-Spieler Ground War, der in Größe und Spielfluss mehr denn je an Battlefield erinnert, sich mit Killstreaks und dem typischen Call-of-Duty-Feeling aber noch gut genug abgrenzt.
Gleichzeitig muss ich sagen, dass dieses Spiel definitiv ein Camping-Problem hat. Die meist sehr großen und oft sehr verschachtelten Maps bieten unzählige freche Verstecke, noch mehr Fenster und viele, viele unmögliche Sichtwinkel auf taktisch wichtige Routen (Euphrates Bridge - wtf?!), was bei der niedrigen Time-to-kill und der allgemein hohen Präzision aller Waffen immer wieder in frustrierenden Toden aus dem Nichts resultiert. Schon die M4 schießt immerhin wie ein Laser, ohne Scope fast besser als mit, weil das Visier so weniger "springt". Gleichzeitig alarmieren die lauten Fußstapfen Camper schon früh über Gegner, die ihnen auf die Schliche kommen könnten. Dann noch die Claymore, die einem den Rücken freihält - es ist schon reizvoll für die eigene k/d, sich auf die Lauer zu legen. Die Karte Picadilly weist außerdem in Team-Modi einen nicht zu leugnenden Vorteil für die Mannschaft auf, die im Westen startet, weil von hier aus ein großer Teil der Karte gut zu kontrollieren ist. Aber das ist nichts, was man mit ein paar zusätzlichen Bussen auf dem zentralen Platz nicht lösen könnte.
Dann wiederum kann ich auch nicht sagen, dass Camping in den Modi, die ich bevorzuge, eine große Rolle spielte. Die Leute, die es sich vorwiegend an kleinen Gucklöchern gemütlich machen, haben in Modi wie Gunfight (zwei gegen zwei auf kleinen Maps ohne Respawns), Search and Destroy (gewissermaßen Rainbow Six Siege, sodass durch gute Team-Kommunikation und -Bewegung Campern der Zahn gezogen wird) und in Deathmatches (ob im Team oder jeder gegen jeden) weniger gut lachen. Gewinnen wird man in diesen Spielvarianten auf diese Weise jedenfalls nicht dauerhaft, seine Gegenspieler höchstens hier und da ärgern.
Aber es passt auch zur intimer ausgelegten Kampagne, dass sich dieses Spiel in eher kleiner angelegten Kämpfen wohler fühlt. Ich meine, ich bin weit entfernt davon, den Ground War aus meiner persönlichen Rotation zu werfen, klicke im Zweifelsfall aber doch auf den lobenswert konfigurierbaren Quickplay-Filter, der mir TDM, Search and Destroy oder Cyber Attack vorsortiert. Aber ja, in Sachen Balance und Kartendesign muss Infinity Ward noch eine Weile daran arbeiten, einige dieser Karten ein wenig ausgewogener zu gestalten, wenngleich mit Hackney Yard, Azhir Cave und Gun Runner auch ein paar Faves der jüngeren Seriengeschichte dabei sind. Also: Nagelt ein paar Fenster zu, schafft mehr Deckung, leuchtet ein paar Ecken besser aus und nehmt ein paar Tweaks am Audio vor, um zum Beispiel Camper-Bewegungen (hinlegen, aufstehen, Wechsel und Nachladen von Scharfschützengewehren) stärker hervorzuheben, und das Spiel ist, wo es hinmöchte.
Ich bin nicht sicher, ob ich es auf lange oder gar mittlere Sicht weiterhin für die größer angelegten Schlachten spielen werde, einfach auch angesichts der Tatsache, dass ich lange nicht so großen Spaß mit einem simplen Deathmatch hatte, so gut fühlen sich die Bewegung und Waffen von Modern Warfare an. Aber es ist da für die Leute, die genau das mögen und die Basics sind abseits der Camper-Thematik gut implementiert und gelöst. Darauf kann man aufbauen, auch wenn auf Reddit wohl noch eine Weile nicht zu Unrecht Memes wie das hier grassieren werden:
Ebenfalls noch verbesserungswürdig ist der Koop-Modus. Der wird im Hauptmenü als dritte Säule des Spiels präsentiert, trägt aber mit Abstand am wenigsten zum Paket bei. Kann man spielen, muss man aber nicht. Prinzipiell sind das nette Missionen, die man hier zusammen angeht, allerdings sorgt zum Beispiel noch ein Glitch dafür, dass man oft Spezialfertigkeiten nicht einsetzen kann, die Spawns der Gegner wirken bisweilen lieblos und allgemein ist das hier nicht unbedingt zwingendes und ein wenig richtungslos wirkendes von A-nach-B, das gefühlt ein wenig zu lange dauert und längst nicht an die besten Spec-Ops-Einsätze früherer Modern Warfares heranreicht.
Aber wie gesagt: ich könnte den ganzen Tag nur Gunfight und Free-for-All spielen, gerade Ersterer bringt derart frischen Wind in einen sich so dynamisch und brachial anfühlenden Shooter, dass er aktuell und wohl noch eine ganze Weile meine erste Anlaufstation sein wird. Die kurzen Runden und kleinen Arenen sorgen dafür, dass ich regelmäßig den Punkt verpasse, an dem ich eigentlich schon längst ausmachen oder einen anderen Modus starten wollte - und in den letzten Sekunden einer Runde zieht die Spannung regelmäßig unermesslich an. Der Modus ist einfach, aber gut. Was nicht heißen soll, das Ground War schlecht wäre, aber in Sachen Riesenschlachten unter Einsatz schweren Geräts zehre ich aktuell noch gut von meiner Zeit mit Battlefield V.
Technisch gibt es wenig zu meckern. Ich hatte am PC nach Alt+Tab das eine oder andere Mal einen Freeze, der sich nur durch einen Restart beheben ließ, was glücklicherweise immer nur während des Matchmakings passierte, nie in einer laufenden Partie. Manches Mal dauert das Matchmaking länger, als man bei einem der größten Multiplayer-Spiele überhaupt und dank Crossplay über drei Plattformen hinweg meinen sollte, aber von Schlimmerem bin ich zum Glück verschont geblieben.
Modern Warfare also: Nicht ganz der erhoffte Überflieger, sicherlich. Aber ich würde lügen, wenn ich behauptete, dass mir die Kampagne nicht noch ein wenig nachhinge und ich nicht in jeder freien Minute am liebsten Gunfight spielen würde, weil sich das Spiel einfach so fantastisch anfühlt. Und wenn ich das mal gerade nicht tue, imponiert mir durchaus, wie Infinity Ward zwei so grundlegend unterschiedliche Spiele wie Rainbow Six Siege und Battlefield gleichermaßen kompetent emuliert. Keines davon so gut wie das Original, sicherlich, aber das ist nun mal das Schicksal eines Alleinunterhalters mit Komplettprogramm. Als Gesamtpaket ist das eine mehr als ordentliche Leistung, die ich für den Moment gerne mit einer Empfehlung würdige. Nun sollten die Entwickler nur noch in Sachen Kartendesign und Spielbalance nachbessern, um dem verbreiteten Camping entgegenzuwirken, dann brauchen Multiplayer-Fans den Rest des Jahres hindurch wenig anderes. Bis dahin: Spielt mehr Gunfight!
Entwickler/Publisher: Infinity Ward/Activision - Erscheint für: PC, PS4, Xbox One - Preis: ca. 60 Euro - Erscheint am: erhältlich - Sprache: Deutsch - Mikrotransaktionen: Ja, Kosmetisches, Progressionsbeschleuniger - Getestete Version: PC
PC-Spiele testen wir auf Lenovo Legion PCs und Laptops, die uns von Lenovo zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt wurden. Hier erfahrt ihr mehr über Gaming-Laptops 2019 im Allgemeinen und hier geht es zur Website von Lenovo Legion Gaming.